Hodenschmerzen – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Kleines Blutbild – Basisdiagnostik; Leukozytose (erhöhte weiße Blutkörperchen) [↑] bei bakterieller Epididymitis (Nebenhodenentzündung)/Orchitis (Hodenentzündung) typisch, Thrombozytose/Thrombozytopenie (erhöhte/erniedrigte Blutplättchen) nicht primär relevant.
  • Differentialblutbild – Neutrophilie (erhöhte neutrophile Granulozyten) [↑] stützt bakterielle Genese; Lymphozytose (erhöhte Lymphozyten) möglich bei viral verursachter Orchitis (Hodenentzündung) (z. B. Mumps (Ziegenpeter)).
  • CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) – CRP [↑] bei akuter bakterieller Infektion (Epididymitis (Nebenhodenentzündung)/Orchitis (Hodenentzündung)); BSG bei subakuten/chronischen Verläufen erhöht.
  • Urinstatus (Schnelltest auf: Nitrit, Eiweiß, Hämoglobin, Erythrozyten, Leukozyten) inkl. Sediment, ggf. Urinkultur (Erregernachweis und Resistogramm) – Nachweis einer begleitenden Urethritis (Harnröhrenentzündung)/Zystitis (Blasenentzündung); Nitrit positiv bei gramnegativen Bakterien; Urinkultur obligat bei Verdacht auf bakterielle Infektion.
  • Urethralabstrich auf Erreger – Goldstandard zum Nachweis sexuell übertragbarer Erreger; Chlamydia trachomatis (Chlamydien) (NAT) und Neisseria gonorrhoeae (Gonokokken) (NAT/kulturell) häufigste Auslöser der Epididymitis (Nebenhodenentzündung) bei Jüngeren.
  • Ejakulat oder eine Zweigläschenprobe – Ergänzende Diagnostik zum Nachweis einer Prostatitis (Prostataentzündung)/Urethritis (Harnröhrenentzündung); nur bei unklaren Verläufen bzw. rezidivierenden Beschwerden sinnvoll.
  • Harnstoff, Kreatinin – Evaluation der Nierenfunktion; wichtig bei Verdacht auf obere Harnwegsbeteiligung oder Obstruktion (Abflussbehinderung); Kreatinin meist normal, aber essenziell zur Basisbeurteilung.

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese (Krankengeschichte), der körperlichen Untersuchung (ärztliche Untersuchung) und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Serologische Untersuchung – Bei Verdacht auf atypische/chronische Infektionen; Chlamydien-Serologie nur bei Verdacht auf komplizierte Verläufe sinnvoll, Gonokokken-Serologie nicht indiziert; Mykoplasmen/UREAPLASMA (Mykoplasmen-Untergruppen) nur in Ausnahmefällen relevant.
  • Tumormarker (AFP, HCG, NSE) – Nur bei klinischem oder sonographischem Verdacht auf Hodentumor (Krebs des Hodens); AFP/HCG sensitiv für Keimzelltumoren (Tumoren aus Keimzellen), NSE für nichtseminomatöse Tumoren (aggressive Tumorform) (v. a. bei disseminierter Erkrankung (Ausbreitung)).
  • Zirkulierende Immunkomplexe – Unspezifischer Marker; kann bei Autoimmunorchitis (autoimmune Hodenentzündung) oder systemischer Autoimmunerkrankung (Autoimmunerkrankung des ganzen Körpers) erhöht sein; Relevanz im klinischen Alltag gering, nur bei besonderen Konstellationen sinnvoll.
  • HBs-Antigen – Bei Verdacht auf Hepatitis-B-assoziierte systemische Beteiligung; Hodenschmerzen als Primärmanifestation selten, aber bei unklar ausgeprägter Systemdynamik zu erwägen.
  • Komplement C3 und C4 – Niedrig bei Immunkomplex-vermittelten Erkrankungen; Indikation nur bei klinischem Verdacht auf systemische Erkrankung (z. B. Vaskulitiden (Gefäßentzündungen)).
  • c-ANCA (zytoplasmatische antineutrophile zytoplasmatische Antikörper) – Erhöht bei Granulomatose mit Polyangiitis (Autoimmun-Gefäßentzündung); Hodenschmerzen extrem seltenes Manifest, jedoch bei systemischem Beschwerdebild (z. B. pulmonale (Lunge)/renale (Niere) Beteiligung) relevant.

Red Flags (Warnzeichen) bei Hodenschmerzen

Klinik

  • Plötzlich einsetzender, starker, einseitiger Hodenschmerz – Verdacht auf Hodentorsion (Verdrehung des Hodens) (urologischer Notfall)
  • Hochstand des Hodens oder horizontale Lage – klinischer Hinweis auf Torsion (Verdrehung)
  • Ausgeprägte Berührungsempfindlichkeit des Hodens – spricht für akuten ischämischen Prozess (Minderdurchblutung)
  • Fehlender Cremasterreflex – hochverdächtig auf Hodentorsion (Verdrehung des Hodens)
  • Schnell zunehmende Schwellung oder Rötung des Skrotums (Hodensack) – Hinweis auf akuten entzündlichen oder ischämischen Prozess
  • Fieber, Schüttelfrost, reduzierter Allgemeinzustand – Verdacht auf schwere Infektion (z. B. fortgeschrittene Epididymitis (Nebenhodenentzündung)/Orchitis (Hodenentzündung))
  • Unerklärliche Gewichtsabnahme, tastbare derbe Raumforderung – Verdacht auf Hodentumor (bösartige Geschwulst des Hodens)
  • Unerträgliche Schmerzen bei Palpation – Hinweis auf Abszess (Eiteransammlung) oder fortgeschrittene Entzündung
  • Trauma mit anhaltenden starken Schmerzen oder Hämatom (Bluterguss) – Verdacht auf Hodenruptur (Einriss des Hodens)

Labor

  • CRP (C-reaktives Protein) deutlich erhöht – Hinweis auf schwere bakterielle Infektion
  • Leukozytose (erhöhte weiße Blutkörperchen) im kleinen Blutbild – spricht für akute bakterielle Entzündung
  • Positiver Urinstatus mit Nitrit oder Leukozyten – Hinweis auf relevante urogenitale Infektion
  • Nachweis von Gonokokken (Gonorrhoe-Erreger) oder Chlamydien (Chlamydia trachomatis) im Urethralabstrich – medizinischer Notfall bei begleitender Epididymitis (Nebenhodenentzündung) mit Abszess- oder Sepsisrisiko
  • Erhöhtes HCG oder AFP im Tumormarkerprofil – dringender Verdacht auf Hodentumor (Hodenkrebs)
  • Kreatinin erhöht – Hinweis auf mögliche Obstruktion (Abflussbehinderung) oder systemisch schweren Verlauf