Störungen der peripheren Band- und Muskelansätze – untere Extremität exkl. Fuß (Enthesopathien) – Einleitung

Bei Enthesopathien der unteren Extremität mit Ausnahme des Fußes handelt es sich um eine Gruppe von Erkrankungen, die die peripheren Band- und Muskelansätze am Bein betreffen, jedoch den Fuß ausschließen. Diese Erkrankungen umfassen primär Störungen wie Kapsulitis (Gelenkkapselentzündung) und Tendinitis (Sehnenentzündung). Diese pathologischen Zustände sind durch entzündliche Prozesse gekennzeichnet, die häufig infolge von Überbeanspruchung, mechanischer Belastung oder traumatischer Schädigung der betroffenen Strukturen auftreten. Eine Bursitis (Schleimbeutelentzündung) kann als Begleiterkrankung auftreten oder als eigenständige Entität differenzialdiagnostisch abgegrenzt werden.

Synonyme und ICD-10: Achillobursitis; Achillodynie; Bursitis achillea; Bursitis der Achillessehne; Bursitis im Bereich des Ligamentum collaterale tibiale; Bursitis subachillea; Enthesiopathie der Hüftregion; Enthesiopathie der unteren Extremität; Enthesiopathie des Knies; Glutäale Tendinitis; Iliotibial band syndrome; Knöchelbursitis; Knochensporn des Darmbeinkamms; Mediale Kapseltendinose des Knies; Patellartendinitis; Patellaspitzensyndrom; Periarthritis coxae; Periarthritis der Hüfte; Periostitis tibiae durch Überlastung; Pes-anserinus-Syndrom; Posttraumatische parakondyläre Femurossifikation; Psoastendinitis; Repetitive strain injury [RSI] der unteren Extremität; Schienbeinkantensyndrom; Shin splits durch Überlastung; Stieda-Krankheit; Stieda-Pellegrini-Krankheit; Stieda-Pellegrini-Syndrom; Tendinitis der Achillessehne; Tendinitis der Glutäussehne; Tendinitis der Iliopsoassehne; Tendinitis der Patellarsehne; Tendinitis der Peroneussehne; Tendinitis des Musculus tibialis anterior; Tendinitis des Musculus tibialis posterior; Tendinitis tibialis anterior; Tendinitis tibialis posterior; Tendopathie des Knies; Tibiakantensyndrom; Tractus-iliotibialis-Scheuersyndrom; Tractus-iliotibialis-Syndrom; Trochantertendinose; Trochantertendopathie; ICD-10-GM M76.-: Enthesopathien der unteren Extremität mit Ausnahme des Fußes.

Anatomie und Funktionen

Enthesopathien betreffen die Ansatzstellen von Sehnen, Bändern und Gelenkkapseln am Knochen (Enthesen). Diese Strukturen sind entscheidend für die Übertragung von Muskelkräften auf den Knochen und die Stabilität der Gelenke. Im Bereich der unteren Extremität ohne Fuß gehören dazu besonders die Sehnenansätze der großen Muskelgruppen wie der Achillessehne, der Patellarsehne und der Sehnen des Musculus iliopsoas. Durch wiederholte mechanische Belastung oder Überlastung können an diesen Stellen entzündliche oder degenerative Veränderungen entstehen.

Formen der Erkrankung

Enthesopathien der unteren Extremität manifestieren sich in unterschiedlichen Formen, abhängig von der Lokalisation und dem betroffenen Gewebe:

  • Tendinitis der Glutaeus-Sehne(n) (ICD-10-GM M76.0): Entzündung der Sehnen im Bereich des Gesäßmuskels.
  • Tendinitis der Iliopsoas-Sehne (ICD-10-GM M76.1): Entzündung der Sehne des Musculus iliopsoas.
  • Knochensporn am Darmbeinkamm (ICD-10-GM M76.2): Knochenwucherung im Bereich des Darmbeinkamms, oft verbunden mit Sehnenentzündungen.
  • Tractus-iliotibialis-Scheuersyndrom (ICD-10-GM M76.3): Entzündung und Reizung des Tractus iliotibialis, einer Faszienverstärkung der Fascia lata, die vom Leistenband bis zur Patella reicht.
  • Bursitis im Bereich des Ligamentum collaterale tibiale (ICD-10-GM M76.4): Schleimbeutelentzündung im Kniegelenk.
  • Tendinitis der Patellarsehne (ICD-10-GM M76.5): Sehnenentzündung der Kniescheibensehne.
  • Tendinitis der Achillessehne (ICD-10-GM M76.6): Entzündung der Achillessehne.
  • Tendinitis der Peroneussehne(n) (ICD-10-GM M76.7): Sehnenentzündung des Musculus peroneus.
  • Sonstige Enthesopathien der unteren Extremität (ICD-10-GM M76.8): Enthält u.a. Tendinitis des Musculus tibialis anterior/posterior.
  • Enthesopathie der unteren Extremität, nicht näher bezeichnet (ICD-10-GM M76.9): Überbegriff für nicht genauer spezifizierte Enthesopathien.

Ursachen

Die Hauptursachen für Enthesopathien der unteren Extremität liegen in:

  • Mechanischer Überlastung und repetitiver Belastung: Häufig bei Sportarten wie Laufen, Fußball und intensiver körperlicher Arbeit.
  • Fehlbelastungen: Ungünstige Bewegungsabläufe und Fehlstellungen können zu Überlastungen der Sehnenansätze führen.
  • Traumata: Akute Verletzungen, die zu Schäden an den Sehnen- oder Bänderverbindungen führen.
  • Systemische Erkrankungen: Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis oder Psoriasis-Arthritis können Enthesopathien begünstigen.

Differentialdiagnosen

Wichtige Differentialdiagnosen, die bei der Diagnose von Enthesopathien in Betracht gezogen werden müssen, umfassen:

  • Arthritis: Insbesondere rheumatoide Arthritis und Psoriasis-Arthritis, die ähnliche Symptome verursachen können.
  • Bursitis: Entzündungen der Schleimbeutel, die ähnliche klinische Erscheinungen zeigen.
  • Nervenkompressionssyndrome: Wie das Piriformis-Syndrom, welches Schmerzen und Funktionsverlust in der unteren Extremität verursachen kann.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Enthesopathien der unteren Extremität betreffen sowohl Männer als auch Frauen, wobei bestimmte Formen wie die Tendinitis der Patellarsehne häufiger bei sportlich aktiven Männern auftreten.

Häufigkeit

  • Sehr häufig bei Sportlern und Menschen, die wiederholte Belastungen und Überlastungen der unteren Extremitäten ausgesetzt sind.
  • Besonders häufig bei Läufern, Fußballspielern und Personen, die intensive körperliche Arbeit verrichten.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Die Prävalenz variiert je nach spezifischer Form und betroffener Population. Beispielsweise haben Läufer eine höhere Inzidenz von Achillessehnenentzündungen und Iliotibialband-Syndrom.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akuter Verlauf
    • Beginn mit Schmerzen und Entzündung an den betroffenen Sehnenansätzen oder Schleimbeuteln.
    • Häufiges Auftreten nach intensiver Belastung oder plötzlicher Überlastung.
  • Chronischer Verlauf
    • Bei anhaltender Belastung oder unzureichender Behandlung können die Beschwerden chronisch werden.
    • Symptome wie anhaltender Schmerz, Schwellung und Bewegungseinschränkungen können auftreten.
    • Langfristige Komplikationen können degenerative Veränderungen an den betroffenen Strukturen sein.
  • Symptome
    • Schmerzen an den betroffenen Sehnenansätzen, insbesondere bei Belastung.
    • Schwellung, Überwärmung und Druckschmerzhaftigkeit im betroffenen Bereich.
    • Einschränkung der Beweglichkeit und Funktion der betroffenen Extremität.

Prognose

  • Konservative Therapie
    • In den meisten Fällen ist die Prognose bei adäquater konservativer Therapie gut.
    • Maßnahmen umfassen Schonung, Physiotherapie, entzündungshemmende Medikamente und eventuell Injektionen.
    • Die meisten Patienten erholen sich vollständig mit konservativer Behandlung.
  • Operative Therapie
    • Bei therapierefraktären Fällen oder strukturellen Schäden kann eine operative Behandlung erforderlich sein.
    • Die Prognose nach chirurgischen Eingriffen ist in der Regel gut, erfordert jedoch eine Rehabilitation und längere Erholungsphase.
  • Langzeitprognose
    • Bei frühzeitiger und angemessener Behandlung ist die Langzeitprognose günstig.
    • Rezidive können vermieden werden durch Anpassung der Belastung, geeignete Trainingsmethoden und präventive Maßnahmen wie regelmäßige Dehnungs- und Kräftigungsübungen.
  • Präventive Maßnahmen
    • Regelmäßige Kräftigungs- und Dehnungsübungen zur Verbesserung der Belastbarkeit der Sehnen und Muskeln.
    • Vermeidung von Überlastung durch angemessene Trainings- und Belastungssteuerung.
    • Tragen von geeignetem Schuhwerk und gegebenenfalls orthopädischen Einlagen zur Unterstützung der Fuß- und Beinachsen.

Insgesamt ist die Prognose bei Enthesopathien der unteren Extremität bei adäquater Behandlung gut. Eine frühzeitige Diagnose und Therapie sind entscheidend, um chronische Beschwerden und langfristige Komplikationen zu vermeiden.