Hyperhomocysteinämie – Einleitung

Eine Hyperhomocysteinämie geht mit erhöhten Konzentrationen von Homocystein (> 10 µmol/l) im Blut einher.

Synonyme und ICD-10: Homocysteinemia; Homocysteinämie; Homocystinstoffwechselstörung; Homozysteinämie; Hyperhomozysteinämie; ICD-10-GM E72.1: Störungen des Stoffwechsels schwefelhaltiger Aminosäuren

Definition und Pathophysiologie

Homocystein entsteht beim Abbau der essentiellen Aminosäure Methionin und wird beim Gesunden sofort weiter umgewandelt, sodass es nur in geringen Mengen im Körper vorhanden ist. Die verminderte Enzymaktivität der Methylen-Tetrahydrofolat-Reduktase (MTHFR)-Mangel bewirkt, dass die Umwandlung der toxischen Aminosäure Homocystein zu Methionin gebremst wird. Der Metabolismus (Stoffwechsel) des Homocysteins, das eine wichtige Rolle im Stoffwechsel der schwefelhaltigen Aminosäuren spielt, liefert ein Beispiel für positive Wechselspiele von Mikronährstoffen (Vitalstoffen) untereinander, um physiologische Funktionen und damit die Gesundheit zu erhalten bzw. zu optimieren.

Formen der Hyperhomocysteinämie

Primäre (genetische) Hyperhomocysteinämie:

  • Homozygote MTHFR-Mutation: Verursacht eine signifikant erhöhte Homocystein-Konzentration aufgrund einer stark verminderten Enzymaktivität.
  • Heterozygote MTHFR-Mutation: Führt in der Regel zu moderat erhöhten Homocysteinwerten, kann aber in Kombination mit anderen Risikofaktoren klinisch relevant werden.

Sekundäre Hyperhomocysteinämie:

  • Vitaminmangel: Insbesondere ein Mangel an Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 kann die Homocysteinspiegel erhöhen.
  • Nierenerkrankungen: Beeinträchtigte Homocystein-Ausscheidung bei chronischen Nierenerkrankungen.
  • Medikamenten-induziert: Bestimmte Medikamente wie Methotrexat, Phenytoin oder Carbamazepin können den Homocysteinspiegel erhöhen.
  • Ernährungsbedingt: Eine Ernährung, die reich an Methionin ist (z. B. durch hohen Fleischkonsum) und arm an B-Vitaminen, kann zu erhöhten Homocysteinwerten führen.

Epidermiologie

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Die Prävalenz für Träger der homozygoten MTHFR-Mutation (Methylen-Tetrahydrofolat-Reduktase (MTHFR)-Mangel) beträgt in der Normalbevölkerung 12-15 %, bei Patienten mit tiefen Venenthrombosen sogar bis zu 25 %. Der Anteil heterozygoter Träger der MTHFR-Mutation kann bis zu 47 % ausmachen.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Erhöhte Homocysteinwerte gelten als unabhängiger Risikofaktor für verschiedene thrombotische und kardiovaskuläre Erkrankungen. Bei Patienten mit vorzeitiger Atherosklerose wird in 10-42 % der Fälle eine Hyperhomocysteinämie als unabhängiger Risikofaktor angesehen. Heterozygote Träger können leicht erhöhte Homocysteinwerte aufweisen, ohne dass eine signifikante Risikosteigerung nachgewiesen werden kann.

Prognose

Die Prognose hängt stark von der Früherkennung und Behandlung der erhöhten Homocysteinspiegel ab. Durch die orale Substitution von Folsäure, Vitamin B6 und B12 können die Homocysteinspiegel effektiv gesenkt und das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse reduziert werden. Unbehandelt erhöht eine Hyperhomocysteinämie das Risiko für Atherosklerose, Myokardinfarkt (Herzinfarkt), Apoplex (Schlaganfall) und venöse Thromboembolien (VTE) signifikant.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Hyperlipidämien im Kindes- und Jugendalter, Diagnostik und Therapie. (AWMF-Registernummer: 027 - 068), Monatsschrift Kinderheilkunde; Ausgabe 9/2016