Bläschen und Blase (Vesicula und Bulla) – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Kleines Blutbild – Kontrolle von Leukozytenzahl (weiße Blutkörperchen) bei Verdacht auf infektiöse Genese (z. B. Herpesviren, Windpocken, bakterielle Zusatzinfektion) oder hämatologische Systemerkrankungen (Bluterkrankungen)
  • Differentialblutbild – Eosinophile (bestimmte Untergruppe weißer Blutkörperchen) [↑] bei bullösen Autoimmundermatosen (Autoimmunblasenkrankheiten, z. B. Bullöses Pemphigoid), Neutrophile (Untergruppe weißer Blutkörperchen) [↑] bei bakteriellen Infektionen
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) [↑] bei bakterieller Zusatzinfektion oder schwerer entzündlicher Reaktion
  • Elektrolyte – Calcium, Natrium, Kalium, Magnesium; relevant bei ausgedehnten Hautablösungen (z. B. toxische epidermale Nekrolyse, schwere Hautreaktion)
  • Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Gamma-Glutamyl-Transferase (γ-GT, GGT), Bilirubin, alkalische Phosphatase; Kontrolle bei medikamenteninduzierten bullösen Reaktionen (durch Medikamente ausgelöste Hautblasen)
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C; wichtig bei systemischer Beteiligung oder für Medikamentenwahl (Immunsuppressiva, Antibiotika)
  • Gerinnungsparameter – Quick/INR, aPTT; notwendig bei geplanter Blasenbiopsie (Gewebeentnahme)

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Serologische Virusdiagnostik – HSV-1/2 (Herpes-simplex-Virus Typ 1 und 2), VZV (Varizella-Zoster-Virus), Enteroviren bei Verdacht auf virale Genese
  • Autoantikörperdiagnostik – Nachweis blasenbildender Autoimmunerkrankungen (durch das Immunsystem verursachte Blasenkrankheiten):
    • Desmoglein-1/3-Antikörper (Pemphigus vulgaris, Pemphigus foliaceus)
    • BP180/BP230-Antikörper (Bullöses Pemphigoid)
    • Kollagen-VII-Antikörper (Epidermolysis bullosa acquisita)
  • Indirekte Immunfluoreszenz – Bestätigung einer Autoimmunbullose
  • Mikrobiologische Diagnostik – Bakterienkultur bei Zusatzinfektion, Abklatschpräparate oder PCR (Polymerase-Kettenreaktion) bei viraler Ursache
  • Hautbiopsie (Gewebeentnahme) mit Immunhistochemie – Standard bei bullösen Dermatosen (blasenbildenden Hautkrankheiten)

Allergiediagnostik

  • CAST-Test (cellular antigen stimulation test) – In-vitro-Verfahren (Labormethode außerhalb des Körpers), erfasst die Freisetzung von Leukotrienen (Botenstoffe des Immunsystems) bei Verdacht auf Medikamentenallergien oder Typ-I-Allergien, wenn Hauttests nicht möglich sind
  • Hauttests:
    • Prick-Test – Nachweis von Typ-I-Allergien; Allergenextrakt wird auf die Haut aufgetropft und mit einer Lanzette leicht eingeritzt
    • Scratch-Test – Allergenextrakt wird aufgetragen und die Haut wenige Millimeter oberflächlich angeritzt
    • Epikutantest (Patch-Test, Pflastertest) – Pflaster mit Allergenen, Ablesung nach 48–72 Stunden, Standard bei Typ-IV-Reaktionen
    • Intrakutantest – höher empfindlich als Prick-Test, aber Risiko schwerer systemischer Reaktionen; heute eingeschränkt verfügbar

Tumorassoziierte Ursachen (paraneoplastische bullöse Erkrankungen)

  • Pemphigus paraneoplasticus – kann bei malignen Lymphomen (bösartige Erkrankungen der Lymphknoten), chronischer lymphatischer Leukämie (Blutkrebs), Thymomen (Tumoren der Thymusdrüse) oder Karzinomen (Krebserkrankungen) auftreten
    • Diagnostik: Nachweis von Antikörpern gegen Desmoplakin, Envoplakin, Periplakin, BP230
    • Differenzierung durch indirekte Immunfluoreszenz an Rattenblasenepithel
  • Begleitende Basisdiagnostik: kleines Blutbild, LDH (Laktatdehydrogenase) [↑] bei Lymphomen, zusätzliche Tumormarker abhängig vom klinischen Verdacht (z. B. CEA, CA-19-9, PSA)

Red Flags (Warnzeichen) bei Vesicula (Bläschen) und Bulla (große Blasen)

  • Rasch progrediente, großflächige Blasenbildung mit Hautablösung – Verdacht auf Stevens-Johnson-Syndrom / toxische epidermale Nekrolyse (lebensbedrohliche Hautreaktionen)
  • Schleimhautbeteiligung (Mund, Augen, Genitalien) – Hinweis auf schwere bullöse Autoimmunerkrankung oder Arzneimittelreaktion
  • Fieber, Schüttelfrost, reduzierter Allgemeinzustand – Verdacht auf Sepsis (Blutvergiftung) oder schwere Infektion
  • Rasch auftretende Blasen an Handflächen/Fußsohlen mit systemischen Symptomen – mögliche virale oder bakterielle Infektion (z. B. Hand-Fuß-Mund-Krankheit, Impetigo bullosa)