Soziale Phobie – Labordiagnostik
Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen
- Kleines Blutbild – zum Ausschluss von Anämien (Blutarmut), Entzündungen (Entzündungsreaktionen) oder hämatologischen Grunderkrankungen (Bluterkrankungen); relevante Auffälligkeiten sprechen gegen eine primäre soziale Phobie (soziale Angststörung).
- Entzündungsparameter – C-reaktives Protein (CRP) bzw. Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG); erhöht bei entzündlichen oder infektiösen Ursachen, die psychische Symptome (seelische Beschwerden) wie Unruhe (innere Nervosität) und Müdigkeit (Erschöpfung) imitieren können.
- Schilddrüsenparameter – TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon); Basisdiagnostik zur Erfassung von Hypo- oder Hyperthyreose (Unter- oder Überfunktion der Schilddrüse), da beide Störungen Angst- und Unruhesymptome auslösen oder verstärken können.
- Nüchternglucose – Ausschluss diabetischer Stoffwechselstörungen (Zuckerstoffwechselstörungen); Hypoglykämien und starke Schwankungen können Symptomatik einer Angststörung (Angsterkrankung) nachahmen (Herzrasen (schneller Herzschlag), Schwitzen (Schweißausbrüche), Tremor (Zittern)).
- Elektrolyte – Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium; Störungen können vegetative Symptome (körperliche Stressreaktionen) wie Tachykardie (schneller Puls), Angst (starke Furcht), Kribbeln (Ameisenlaufen) oder innere Unruhe (Nervosität) bewirken.
- Urinstatus – Screening auf Infektionen (Ansteckungskrankheiten), metabolische Störungen (Stoffwechselstörungen) und systemische Erkrankungen (den ganzen Körper betreffende Krankheiten), die psychische Symptome auslösen können.
Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung
Bei Verdacht auf organische Ursachen (körperliche Ursachen) oder komorbide Erkrankungen (begleitende Erkrankungen) können folgende Untersuchungen sinnvoll sein:
- Vitamin B12 und Folsäure – Bestimmung bei Verdacht auf kognitive Einschränkungen (Denkschwierigkeiten), Müdigkeit (Erschöpfung) oder depressive Symptomatik (depressive Beschwerden); Mangelzustände können neuropsychiatrische Symptome (Nerven- und Seelenbeschwerden) einschließlich Angstzuständen verstärken.
- Serumeisen, Ferritin – indiziert bei Antriebsminderung (verminderter Antrieb), Müdigkeit (Erschöpfung), Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen) oder unspezifischen somatischen Beschwerden (körperlichen Allgemeinsymptomen); Eisenmangel kann psychische Symptome aggravieren (verschlimmern).
- Drogenscreening – sinnvoll bei Verdacht auf substanzinduzierte psychiatrische Symptome (durch Substanzen ausgelöste seelische Beschwerden) (Amphetamine, Kokain, Cannabinoide, Benzodiazepine etc.); Intoxikationen (Vergiftungen) oder Entzugssituationen (Absetzerscheinungen) können Angst und Panikattacken (plötzliche Angstanfälle) auslösen.
- HIV-Serologie – indiziert bei unklarer neuropsychiatrischer Symptomatik (Nerven- und Seelenbeschwerden), Risikokonstellation oder Verdacht auf HIV-assoziierte neurokognitive Störung (durch HIV bedingte Hirnleistungsstörung).
- Cortisol – Bestimmung des morgendlichen Serumcortisols bei klinischem Verdacht auf Hyperkortisolismus (Cushing-Syndrom (Überfunktion der Nebennierenrinde)) oder Nebennierenrindeninsuffizienz (Unterfunktion der Nebennierenrinde); Hyper- oder Hypokortisolismus kann ausgeprägte Angst-, Panik- und Stresssymptome (Stressreaktionen) imitieren.
- 1-mg-Dexamethason-Hemmtest – indiziert bei Verdacht auf Hyperkortisolismus (Cushing-Syndrom (Überfunktion der Nebennierenrinde)); Hyperkortisolismus verursacht Angst (starke Furcht), Reizbarkeit (Gereiztheit), depressive Symptome (depressive Beschwerden) und Schlafstörungen (Schlafprobleme).
- Prolaktin – sinnvoll bei SSRI-/SNRI-induzierter Hyperprolaktinämie (erhöhter Prolaktinspiegel) oder bei klinischen Hinweisen auf endokrine Dysregulation (Hormonstörung); Hyperprolaktinämie kann depressive Symptome (depressive Beschwerden), Schlafstörungen (Schlafprobleme) und emotionale Instabilität (Gefühlsschwankungen) verstärken.
- Testosteron (bei Männern) – zur Abklärung eines Hypogonadismus (Unterfunktion der Hoden); Testosteronmangel kann Müdigkeit (Erschöpfung), Reizbarkeit (Gereiztheit), Unruhe (Nervosität), verminderte Stresstoleranz (geringere Belastbarkeit) und depressive Verstimmungen (niedergeschlagene Stimmung) verursachen.
- Östradiol (bei Frauen) – indiziert bei Zyklusstörungen (unregelmäßige Monatsblutungen) oder perimenopausalen hormonellen Schwankungen (Hormonveränderungen in den Wechseljahren); diese können Angst (starke Furcht), Nervosität und vegetative Symptome (körperliche Stressreaktionen) auslösen.
- HbA1c – zur Erfassung chronischer Dysglykämien (langfristiger Blutzuckerentgleisungen); starke Blutzuckerschwankungen können vegetative Angst-Symptome (körperliche Angstsymptome) imitieren.
- Vitamin D (25-OH-Vitamin D) – sinnvoll bei unklarer Fatigue (chronischer Erschöpfung) oder depressiver Symptomatik (depressiven Beschwerden); Vitamin-D-Mangel ist häufig mit Angst- und Depressionssymptomen (Angst- und Depressionsbeschwerden) assoziiert.
- Phosphat – ergänzend bei Verdacht auf Störungen des Calcium-Phosphat-Haushaltes (Störungen des Mineralstoffgleichgewichts).
- PTH (Parathormon) – indiziert bei Hypercalcämie (erhöhtem Calciumspiegel im Blut); primärer Hyperparathyreoidismus (Überfunktion der Nebenschilddrüsen) kann Angst (starke Furcht), vegetative Unruhe (körperliche Unruhe) und kognitive Einschränkungen (Denkschwierigkeiten) verursachen.
- Laktatdehydrogenase (LDH) – unspezifischer, sensitiver Marker bei Verdacht auf hämatologische Neoplasien (Blutkrebserkrankungen) oder tumorassoziierte Prozesse (Tumorerkrankungen), die mit Unruhe (Nervosität), Gewichtsverlust (ungewolltem Gewichtsverlust) und Fatigue (chronischer Erschöpfung) einhergehen können.
- Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT) – Screening auf chronischen Alkoholabusus (langjährigen Alkoholmissbrauch); Intoxikation (Vergiftung) und Entzug (Absetzen von Alkohol) können starke Angst- und Paniksymptome (Angst- und Panikanfälle) auslösen.
Laboruntersuchungen vor Beginn einer Psychopharmakotherapie
Vor Einleitung einer Psychopharmakotherapie bei einer sozialen Phobie (sozialen Angststörung) sind folgende Laborparameter obligat zu erheben:
- Differentialblutbild – zur Erfassung hämatologischer Risiken (Risiken für Bluterkrankungen), insbesondere vor Einsatz von Trizyklika (trizyklischen Antidepressiva) (z. B. Imipramin) oder Antipsychotika (Neuroleptika) (Augmentation); relevant für Agranulozytose-/Leukopenierisiken (starke Verminderung bestimmter weißer Blutkörperchen).
- Nüchternglucose – erforderlich zur Einschätzung des metabolischen Risikos (Stoffwechselrisikos) unter Antipsychotika (Neuroleptika) oder bestimmten Antidepressiva.
- Elektrolyte – Natrium, Kalium, Magnesium; essenziell bei SSRI/SNRI-Therapie wegen Risiko hyponatriämischer Syndrome (Natriummangel im Blut) (SIADH) sowie QT-Verlängerung (Verlängerung der Erregungsleitung im Herzen im EKG) bei Hypokaliämie oder Hypomagnesiämie (zu wenig Kalium oder Magnesium im Blut).
- Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH), Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT), alkalische Phosphatase, Bilirubin; zur Beurteilung potenzieller Lebertoxizität (Leberschädigung durch Medikamente).
- Schwangerschaftstest (quantitatives HCG) – erforderlich bei gebärfähigen Frauen (Frauen im fruchtbaren Alter) vor Verordnung potenziell teratogener Substanzen (fruchtschädigender Medikamente).
- Lipidprofil – Gesamtcholesterin, LDL, HDL, Triglyceride; notwendig zur Abschätzung des kardiometabolischen Risikos (Risikos für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen) unter Antipsychotika (Neuroleptika).
Red Flags (Warnzeichen) bei sozialer Phobie
- Klinik
- Plötzlich einsetzende Angstsymptomatik (akut auftretende Angstbeschwerden) ohne psychosozialen Trigger (ohne erkennbare seelische Auslöser) – Hinweis auf kardiale Arrhythmien (Herzrhythmusstörungen), Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion), Intoxikation (Vergiftung) oder endokrinologische Störungen (Hormonstörungen).
- Ausgeprägte vegetative Symptome (körperliche Stressreaktionen) (Synkopen (Ohnmachtsanfälle), retrosternaler Schmerz (Brustschmerz hinter dem Brustbein), Palpitationen (Herzklopfen/Herzstolpern)) – Verdacht auf kardiale Erkrankungen (Herzerkrankungen) oder Arrhythmien (Herzrhythmusstörungen).
- Neurologische Symptome (Bewusstseinsstörungen (Störungen des Wachbewusstseins), fokale Ausfälle (neurologische Ausfälle), epileptische Anfälle (Krampfanfälle)) – Hinweis auf intrakranielle Raumforderungen (Hirntumoren oder andere Raumforderungen im Schädel), Epilepsie (Fallsucht/Epilepsie), entzündliche ZNS-Prozesse (Entzündungen des zentralen Nervensystems) oder metabolische Entgleisungen (schwere Stoffwechselentgleisungen).
- Rapider unbeabsichtigter Gewichtsverlust (schnelle, ungewollte Gewichtsabnahme), Nachtschweiß, Fieber – Warnzeichen für hämatologische Neoplasien (Blutkrebserkrankungen), solide Tumoren (feste Tumoren) oder systemische Infektionen (den ganzen Körper betreffende Infektionen).
- Optische Halluzinationen (Sinnestäuschungen beim Sehen), Verfolgungswahn (Überzeugung, verfolgt zu werden) oder schwere Denkstörungen (massive Denk- und Realitätsstörungen) – Hinweis auf psychotische Störungen (schwere Geisteserkrankungen mit Realitätsverlust), Intoxikation (Vergiftung) oder organische Psychosyndrome (durch körperliche Erkrankungen ausgelöste geistige Veränderungen).
- Progrediente Wesensveränderung (allmähliche Veränderung der Persönlichkeit) oder kognitive Defizite (Denkschwierigkeiten) – Verdacht auf neurodegenerative (mit Nervenzelluntergang einhergehende) oder autoimmune Erkrankungen (Erkrankungen, bei denen das Immunsystem den eigenen Körper angreift).
- Ausgeprägte Tagesmüdigkeit (starke Tagesschläfrigkeit), Schnarchen, Atemaussetzer – Hinweis auf Schlafapnoe (nächtliche Atemaussetzer) als Ursache von Unruhe (Nervosität), Angst (starke Furcht) und Konzentrationsstörungen (Aufmerksamkeitsstörungen).
- Verlaufverschlechterung unter SSRI/SNRI oder atypischen Antipsychotika – Verdacht auf manische Induktion (Auslösen einer Manie), Hyponatriämie (Natriummangel im Blut) oder serotonerges Syndrom (Überladung mit Botenstoff Serotonin).
- Labor
- Schwer erhöhte oder supprimierte TSH-Werte – Hinweis auf Hyperthyreose oder Hypothyreose (Schilddrüsenüber- oder Schilddrüsenunterfunktion) mit potenzieller Angst- und Paniksymptomatik (Angst- und Panikanfällen).
- Hypercalcämie (Calcium ↑) (erhöhter Calciumspiegel im Blut) – Warnzeichen für Hyperparathyreoidismus (Überfunktion der Nebenschilddrüsen) oder tumorassoziierte Prozesse (Tumorerkrankungen).
- Cortisol pathologisch erhöht oder erniedrigt – Hinweis auf Cushing-Syndrom (Überfunktion der Nebennierenrinde) oder Nebenniereninsuffizienz (Unterfunktion der Nebennierenrinde) (beides kann Angstzustände imitieren).
- Erhöhte LDH (typischerweise ↑) – mögliches Zeichen hämatologischer Neoplasien (Blutkrebserkrankungen) oder hoher Tumorlast (ausgedehnter Tumorerkrankung).
- Deutlich erhöhte Leberwerte (ALT, AST, GGT) – Hinweis auf Intoxikation (Vergiftung) (Alkohol, Medikamente), Hepatitis (Leberentzündung) oder Leberversagen (schwere Leberfunktionsstörung).
- Hyponatriämie (Natrium ↓) (Natriummangel im Blut) unter SSRI/SNRI – dringender Verdacht auf SIADH (Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion) (kann Unruhe (Nervosität), Verwirrtheit und Krampfanfälle (Anfälle) verursachen).
- Starke Hyperglykämie oder Hypoglykämie (stark erhöhter oder stark erniedrigter Blutzucker) – Hinweis auf diabetische Entgleisung (schwere Zuckerstoffwechselstörung) oder Insulinom (insulinproduzierender Tumor der Bauchspeicheldrüse).
- Massiv erhöhte Entzündungsparameter (CRP, BSG) – Hinweis auf systemische Infektionen (den ganzen Körper betreffende Infektionen), Autoimmunerkrankungen (Erkrankungen, bei denen das Immunsystem den eigenen Körper angreift) oder Tumoren (Krebserkrankungen).
- Positiver Drogennachweis (Amphetamine, Kokain, Benzodiazepine) – Hinweis auf intoxikationsinduzierte Angstsymptomatik (durch Substanzen ausgelöste Angstbeschwerden).
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Behandlung von Angststörungen. (AWMF-Registernummer: 051-028), April 2021 Kurzfassung Langfassung