Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie Störungen der Sprachentwicklung, Lernstörungen oder auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen?
  • Bestehen in Ihrer Familie gehäuft neurologische Erkrankungen, Entwicklungsstörungen oder psychiatrische Erkrankungen (z. B. ADHS, Autismus-Spektrum-Störungen)?
  • Gibt es in Ihrer Familie Hörstörungen oder andere Erkrankungen des Hörorgans?

Sozialanamnese

  • Bestehen psychosoziale Belastungen im familiären Umfeld (z. B. Trennung der Eltern, familiäre Konflikte, finanzielle Sorgen)?
  • Wie ist die schulische und soziale Integration Ihres Kindes? Gibt es Hinweise auf Mobbing, Ausgrenzung oder Überforderung?
  • Wie ist die Wohn- und Betreuungssituation des Kindes? Wird es regelmäßig in einer fördernden Umgebung betreut?
  • Wie gestaltet sich die Mediennutzung Ihres Kindes (z. B. Dauer und Art der Bildschirmzeit)?
  • Gibt es Hinweise auf sprachlich deprivierende Umgebungen (z. B. wenig sprachlicher Austausch zu Hause)?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Sind Ihnen bei Ihrem Kind Symptome wie reduzierte Aufmerksamkeit, verminderte Merkfähigkeit oder verlangsamtes Lernen aufgefallen?
  • Verhält sich Ihr Kind in der Schule oder im Kindergarten auffällig (z. B. sozialer Rückzug, Impulsivität, auffällige Lautstärke)?
  • Hat Ihr Kind Probleme beim Schreiben, Lesen, Rechnen oder im Spracherwerb?
  • Lässt sich Ihr Kind durch Umgebungsgeräusche leicht ablenken oder scheint es gesprochene Sprache bei Störlärm schlecht zu verstehen?
  • Reagiert Ihr Kind unangemessen oder gar nicht auf akustische Reize?
  • Wirkt Ihr Kind schnell überfordert in lauteren Umgebungen?
  • Bestehen Störungen im Schlafverhalten (z. B. Ein- und Durchschlafstörungen, auffällige Tagesmüdigkeit)?
  • Gibt es Hinweise auf emotionale Auffälligkeiten wie erhöhte Reizbarkeit, Ängste oder depressive Verstimmungen?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Zeigt Ihr Kind ein regelrechtes körperliches Wachstum und eine altersentsprechende geistige und motorische Entwicklung?
  • Gibt es Auffälligkeiten im Essverhalten (z. B. Appetitlosigkeit, einseitige Ernährung, Gewichtsverlust)?
  • Trinkt Ihr Kind ausreichend? Hat sich das Trinkverhalten verändert?
  • Bestehen Magen-Darm-Beschwerden (z. B. Bauchschmerzen, Obstipation, Diarrhoe)?
  • Wie ist das Schlafverhalten Ihres Kindes (Einschlafprobleme, häufiges Erwachen, Albträume)?
  • Treibt Ihr Kind regelmäßig Sport oder gibt es Hinweise auf Bewegungsmangel?

Eigenanamnese

  • Gab es während der Schwangerschaft oder Geburt Komplikationen (z. B. Frühgeburt, Sauerstoffmangel, Infektionen)?
  • Wurde Ihr Kind gestillt, und wenn ja, wie lange?
  • Gibt es Hinweise auf frühere oder häufige Mittelohrentzündungen oder Paukenergüsse?
  • Wurde eine Hörminderung, Schwerhörigkeit oder andere Störungen des Hörorgans diagnostiziert?

Medikamentenanamnese

  • Nimmt Ihr Kind regelmäßig Medikamente ein? Wenn ja, welche und seit wann?
  • Wurden in der Vergangenheit Medikamente verabreicht, die das zentrale Nervensystem beeinflussen können (z. B. Antiepileptika, Psychostimulanzien)?
  • Reagiert Ihr Kind empfindlich auf bestimmte Arzneimittel?
  • Wurden Nahrungsergänzungsmittel gegeben, und falls ja, welche?

Interdisziplinäre Testverfahren

Neben der genauen Anamnese sollten bei auffälligen Kindern interdisziplinäre Testverfahren zur weiteren Abklärung durchgeführt werden. Dazu zählen:

  • Audiologische Diagnostik: Hörtests (z. B. Tonaudiometrie, Sprachaudiometrie, BERA) zur Abgrenzung peripherer Hörstörungen
  • Sprachdiagnostik: durch Logopäden
  • Psychologische Diagnostik: u. a. Intelligenztestung, Aufmerksamkeitstest, Tests zur auditiven Verarbeitung
  • Pädagogische Diagnostik: z. B. durch sonderpädagogische Einrichtungen
  • Neuropädiatrische und ggf. neurophysiologische Abklärung: insbesondere bei auffälliger Eigenanamnese oder Vorerkrankungen

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.