Bluthochdruck in der Schwangerschaft (hypertensive Schwangerschaftserkrankungen) – Weitere Therapie

Indikationen zur stationären Aufnahme und Entbindung

Eine hypertensive Schwangerschaftserkrankung (Bluthochdruckerkrankung in der Schwangerschaft) erfordert eine stationäre Vorstellung in der Klinik bei folgenden Konstellationen:

  • Schwere Hypertonie (Bluthochdruck) – systolischer Blutdruck ≥ 160 mmHg oder diastolischer Blutdruck ≥ 110 mmHg
  • Proteinurie (Eiweißausscheidung im Urin) und rasche Gewichtszunahme im dritten Trimenon (drittes Schwangerschaftsdrittel) (≥ 1 kg/Woche)
  • Klinischer Verdacht auf HELLP-Syndrom (Hämolyse, erhöhte Leberenzyme, niedrige Thrombozyten) – insbesondere bei persistierenden Oberbauchschmerzen
  • Drohende Präeklampsie (Vorstufe einer Eklampsie) – starke Kopf- oder Oberbauchschmerzen, neurologische oder visuelle Störungen (z. B. Sehstörungen)
  • Manifeste Präeklampsie (Vollbild der Erkrankung mit Bluthochdruck und Eiweißausscheidung im Urin)
  • Eklampsie (Krampfanfälle infolge einer Präeklampsie)
  • Kombination aus Hypertonie oder Proteinurie mit zusätzlichen Risikofaktoren:
    • Vorerkrankungen der Mutter (z. B. Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit))
    • Mehrlingsgravidität (Mehrlingsschwangerschaft)
    • frühes Gestationsalter (Schwangerschaftsalter) (< 34. Schwangerschaftswoche (SSW))
  • Hinweis auf fetale Bedrohung (Gefährdung des Kindes im Mutterleib):
    • suspektes oder pathologisches Cardiotokogramm (CTG) (Herzton-Wehen-Schreibung)
    • pathologisches Dopplersonogramm (Ultraschall der Blutflussgeschwindigkeit) (z. B. Nullfluss oder Reverse-Flow (umgekehrter Blutfluss) in der Arteria umbilicalis (Nabelschnurarterie))
    • intrauterine Wachstumsrestriktion (Wachstumsverzögerung des Kindes im Mutterleib) (< 10. Perzentile (unter der 10 %-Grenze))
    • erhöhter sFLT-1/PLGF-Quotient (Laborwert zur Beurteilung der Plazentafunktion) (siehe Labordiagnostik/Präeklampsie-Screening)

Indikationen zur Entbindung (Geburtseinleitung oder Kaiserschnitt)

Die Entbindung (Geburtseinleitung oder Kaiserschnitt) stellt bei Präeklampsie und Eklampsie die einzige kausale Therapie dar.

Abhängig vom Gestationsalter (Schwangerschaftsalter):

  • ≥ 37 + 0 SSW:
    Die Schwangerschaft sollte umgehend beendet werden (Geburtseinleitung oder Sectio caesarea (Kaiserschnitt)).
  • 34 + 0 SSW bis 36 + 6 SSW:
    Eine kurzfristige Verlängerung der Schwangerschaft kann diskutiert werden. Der Gewinn an Schwangerschaftsdauer ist jedoch gering – in der PHOENIX-Studie lag der Unterschied zwischen sofortiger Entbindung und Schwangerschaftserhalt im Median bei nur etwa fünf Tagen [1].
  • 24 + 0 SSW bis 33 + 6 SSW:
    Eine konservative Therapie (Erhalt der Schwangerschaft mit medikamentöser Behandlung und Überwachung) ist anzustreben, um die fetale Reifung (Reifung des Kindes) zu fördern (z. B. Kortikosteroide (Cortisonpräparate) zur Lungenreifung).

Unabhängig vom Gestationsalter besteht eine sofortige Entbindungsindikation (Notwendigkeit der Entbindung) bei:

  • fetaler Gefährdung (z. B. Reverse-Flow (umgekehrter Blutfluss) in der Arteria umbilicalis (Nabelschnurarterie), intrauterine Hypoxie (Sauerstoffmangel des Kindes) im CTG)
  • schwerer, therapieresistenter Hypertonie (schwer einstellbarer Bluthochdruck)
  • therapieresistenter Niereninsuffizienz (unzureichende Nierenfunktion)
  • akutem Lungenödem (Flüssigkeitsansammlung in der Lunge)
  • Hinweisen auf eine disseminierte intravasale Gerinnung (DIC) (Gerinnungsstörung) (z. B. fallende Thrombozyten (Blutplättchen), steigende D-Dimere (Gerinnungsabbauprodukte))
  • anhaltenden schweren Oberbauchbeschwerden
  • schweren neurologischen Symptomen (z. B. drohende Eklampsie (Krampfanfälle))
  • Eklampsie (Krampfanfälle infolge einer Präeklampsie)
  • maternalen oder fetalen Komplikationen (z. B. zerebrale Blutung (Hirnblutung), Abruptio placentae (vorzeitige Plazentaablösung))

Die Wahl der Entbindungsform (vaginale Geburt oder Sectio caesarea (Kaiserschnitt)) richtet sich nach dem klinischen Zustand von Mutter und Kind.

Aktualisierte Leitlinienempfehlung (AWMF 015-018, Juli 2024)

Die aktuelle S2k-Leitlinie betont:

  • Bei Gestationshypertonie (neu aufgetretener Bluthochdruck in der Schwangerschaft) kann eine Prolongation (Verlängerung der Schwangerschaft) über 37 + 0 SSW hinaus bis zum regulären Entbindungstermin in Betracht gezogen werden, sofern die Blutdruckwerte medikamentös stabil sind.
  • Bei chronischer Hypertonie (bereits vor der Schwangerschaft bestehender Bluthochdruck) ist eine Verlängerung bis über 38 + 0 SSW ebenfalls möglich.
  • Tritt im Rahmen einer Präeklampsie (Bluthochdruck mit Eiweiß im Urin) eine schwere Komplikation auf, ist die Beendigung der Schwangerschaft jederzeit indiziert.

Allgemeine Maßnahmen

  • Körperliche Schonung, häufiges Ausruhen
  • Beachtung der allgemeinen Hygienemaßnahmen!
  • Nikotinrestriktion (Verzicht auf Tabakkonsum)
  • Alkoholrestriktion (Verzicht auf Alkohol)
  • Normalgewicht anstreben! 
    Bestimmung des BMI (Body-Mass-Index, Körpermasse-Index) bzw. der Körperzusammensetzung mittels der elektrischen Impedanzanalyse und ggf. Teilnahme an einem ärztlich betreuten Abnehmprogramm nach der Schwangerschaft:
    • BMI ≥ 25 → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Abnehmprogramm
    • BMI-Rechner – ermitteln Sie unter Berücksichtigung von Geschlecht und Alter Ihren gesunden Gewichtsbereich! (Anzeige)
  • Vermeidung psychosozialer Konfliktsituationen:
    • Stress

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen

  • Regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen

Nachsorgekonzept nach hypertensiver Schwangerschaftserkrankung

Regelmäßige Kontrolle von Blutdruck, Nieren-, Cholesterin- und Leberwerten, ergänzt durch Beratung zu Gewichtsmanagement und Lebensstil. Bei pathologischen Befunden: konsequente Blutdrucksenkung und großzügige Behandlung erhöhter Cholesterinwerte. Frauen nach Präeklampsie gelten als Hochrisikogruppe für spätere kardiovaskuläre Erkrankungen.

Zur strukturierten Langzeitbetreuung wurde ein Nachsorgepass entwickelt, der Patientinnen befähigt, notwendige Untersuchungen nachzuvollziehen und die ärztliche Betreuung eigenverantwortlich zu koordinieren. Der Pass ist kostenfrei abrufbar unter AWMF-Leitlinie 015-018.

Ernährungsmedizin

  • Ernährungsberatung auf der Grundlage einer Ernährungsanalyse
  • Ernährungsempfehlungen gemäß einem Mischköstler unter Berücksichtigung der Schwangerschaft. Das bedeutet u. a.:
    • täglich insgesamt 5 Portionen frisches Gemüse und Obst (≥ 400 g; 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst)
    • ein- bis zweimal pro Woche frischen Seefisch, d. h. fette Meeresfische (Omega-3-Fettsäuren) wie Lachs, Hering, Makrele
    • ballaststoffreiche Ernährung (Vollkornprodukte, Gemüse)
  • Auswahl geeigneter Lebensmittel auf Grundlage der Ernährungsanalyse
  • Siehe auch unter "Therapie mit Mikronährstoffen (Vitalstoffe)" – ggf. Einnahme eines geeigneten Nahrungsergänzungsmittels
    Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
    Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
  • Detaillierte Informationen zur Ernährungsmedizin erhalten Sie von uns.

Organisationen und Selbsthilfegruppen

  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
    Postfach 91 01 52, D-51071 Köln
    Telefon: 0221-89920, Fax: 0221-8992300 E-Mail: poststelle@bzga.de, Internet: www.bzga.de

Literatur

  1. Chappell LC et al.: Planned early delivery or expectant management for late preterm pre-eclampsia (PHOENIX): a randomised controlled trial Lancet August 28, 2019 doi:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(19)31963-4