Einleitung
Isolierte HDL-Erniedrigung (Hypercholesterinämie)

Hyperlipoproteinämien bezeichnen Krankheiten, bei denen die Lipide in der Nüchtern-Serumuntersuchung erhöht sind.
Dyslipoproteinämien bezeichnen Krankheiten, bei denen die Lipoproteinfraktionen im Blutserum in der Nüchtern-Serumuntersuchung in einem gestörten Verhältnis (besonders das Missverhältnis von HDL zu LDL) vorliegen.

Die Lipide sind immer an Lipoproteine (Komplex aus Proteinen (Apolipoproteine) und Lipiden) gebunden, da sie im Blut nicht löslich sind. Nüchtern bedeutet in dem Zusammenhang, dass die Blutentnahme mindestens acht Stunden nach der letzten Mahlzeit durchgeführt wurde.

Zu den Hyperlipoproteinämien bzw. Dyslipoproteinämien zählen:

  • reine LDL-Erhöhung
  • Dyslipoproteinämie – isolierte HDL-Erniedrigung (Synonyme: Hyperlipoproteinämie – isolierte HDL-Erniedrigung; Lipoproteinämie – HDL-Erniedrigung; ICD-10-GM E78.8: Sonstige Störungen des Lipoproteinstoffwechsels), d. h. HDL-Konzentration < 35 mg/dl, die nachfolgend beschrieben wird
  • Hypertriglyzeridämie
  • Lipoprotein (a)

Bislang wird dem HDL-Cholesterin eine protektive kardiovaskuläre Wirkung nachgesagt. Epidemiologische Studien erbrachten hierfür zahlreiche Hinweise.
Jetzt stellt eine Mendel-Randomisierung-Studie die Grundlage für die protektive Wirkung von HDL-Cholesterin infrage. Die Forschungsgruppe [1], überprüfte ob eine Genvariante, die das HDL-Cholesterin ansteigen lässt, mit einem niedrigen Myokardinfarktrisiko (Herzinfarktrisiko) einhergeht. Das Ergebnis war negativ, die Träger mit der Genvariante erlitten nicht häufiger und nicht seltener als andere Personen einen Herzinfarkt!

Inzwischen liegen Studien vor, die die These stützen, dass funktionelle HDL-Eigenschaften wichtiger sind als die absolute Höhe der HDL-Serumspiegel (s. u. "Ursachen").

Die Lipoproteine sind für die Aufnahme von Fetten aus der Nahrung und den Transport zwischen den Geweben und der Leber verantwortlich und werden wie folgt unterteilt:

Lipoprotein-Hauptklassen Aufgabe Bestandteile
Chylomikronen Transport der Triglyceride vom Darm zum Muskel Triglyceride ↑
Cholesterin ↓
VLDL Transport der Triglyceride und Cholesterin von der Leber zu anderen Geweben Triglyceride ↑
Cholesterin ↓
IDL Abbauprodukt der VLDL, weiterer Umbau zum LDL Triglyceride ↑
Cholesterin ↓
LDL Transport von im Körper gebildetem Cholesterin zu den Geweben Triglyceride ↓
Cholesterin ↑
HDL Transport des Cholesterins von den Geweben zur Leber (reverser Cholesterintransport, RCT) mit dem Ziel der Exkretion des Cholesterins; diese geschieht entweder direkt oder nach Umbau zu Gallensäuren Triglyceride ↓
Cholesterin ↑
Lp(a) Besteht unter anderem aus einer LDL-Komponente; hat Einfluss auf mehrere Systeme wie beispielsweise die Blutgerinnung Triglyceride ↓
Cholesterin ↑

Legende

  • VLDL: very low density lipoproteins (Lipoprotein mit sehr geringer Dichte)
  • IDL: intermediate density lipoproteins (Lipoprotein mit mittlerer Dichte)
  • LDL: low density lipoproteins (Lipoprotein mit geringer Dichte) – wird im Volksmund auch "schlechtes Cholesterin" genannt
  • HDL: high density lipoproteins (Lipoprotein mit hoher Dichte) – wird im Volksmund auch "gutes Cholesterin" genannt
  • Lp(a): Lipoprotein (a)

Häufigkeitsgipfel: Erniedrigte HDL-Cholesterinwerte treten bei Frauen vermehrt nach der Menopause (weibliche Wechseljahre) auf. Verantwortlich dafür sind die Östrogene (weibliches Sexualhormon), die nach der Menopause absinken. Das Risiko für einen Myokardinfarkt (Herzinfarkt) steigt folglich an.

Verlauf und Prognose: Obwohl dem HDL-Cholesterin eine gefäßprotektive (gefäßschützende) Wirkung zugeschrieben wird, ist es allein kein verlässlicher Schutzfaktor. Bei der Mehrheit der Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK; Erkrankungen der Herzkranzgefäße) ist das HDL-Cholesterin nämlich normal bis erhöht. Entscheidend ist nicht der einzelne Parameter, sondern der Quotient aus Gesamtcholesterin und HDL-Cholesterin, der idealerweise kleiner als drei sein sollte.
Mittels einer ausgewogenen, vielseitigen und vor allem kaloriengerechten Ernährung sowie einem konsequenten körperlichen Training (Ausdauertraining wie Joggen, Radfahren, Schwimmen) lassen sich die HDL-Cholesterinwerte erhöhen. Allein eine Umstellung der Ernährung führt zu einem Anstieg des HDL-Cholesterins um bis zu 15 %. Dadurch wird das Risiko für eine koronare Herzkrankheit gemindert.
Falls diese Maßnahmen nicht ausreichen, wird eine Pharmakotherapie (medikamentöse Behandlung) erforderlich, wobei berücksichtigt werden muss, ob gleichzeitig eine LDL-Cholesterin-Erhöhung vorliegt.

Beachte: In einer prospektiven Kohortenstudie aus der dänischen Bevölkerung betrug der Nadir für HDL-Cholesterinwerte für Männer 1,9 mmol/l (73 mg/dl) und für Frauen 2,4 mmol/l (93 mg/dl) [2]. Unterhalb und oberhalb dieser Grenzwerte steigt das Risiko für Morbidität (Krankheitshäufigkeit) oder Mortalität (Anzahl der Todesfälle in einem bestimmten Zeitraum, bezogen auf die Anzahl der betreffenden Population), d. h. wenn die Konzentration von HDL‑C abnimmt bzw. steigt.
HDL-Werte von über 1,5 mmo/l (60 mg/dl) hatten in einer Studie ein um fast 50 Prozent erhöhtes Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Krankheit zu versterben oder einen Myokardinfarkt (Herzinfarkt) zu erleiden (US-amerikanische Studie) [3].
Die geringste Mortalität (Sterberate) zeigt sich bei HDL-Serumwerten von 50-70 mg/dl, darunter oder darüber steigt sie an: kardiovaskuläre Todesursachen wurden gehäuft bei niedrigen HDL-Werten, Alkohol-assoziierte bei hohen HDL-Werten beobachtet [4].

Literatur

  1. Voight BF et al.: Plasma HDL cholesterol and risk of myocardial infarction: a mendelian randomisation study. Lancet, Early Online Publication, 17 May 2012 doi:10.1016/S0140-6736(12)60312-2
  2. Madsen CM, Varbo A, Nordestgaard BG: Extreme high high-density lipoprotein cholesterol is paradoxically associated with high mortality in men and women: two prospective cohort studies. Eur Heart J 2017;38:2478-2486
  3. Allard-Ratick M et al.: Elevated HDL-C is associated with adverse cardiovascular outcomes. European Heart Journal, Volume 39, Issue suppl_1, August 2018, ehy564.50, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehy564.50
  4. Mørland JM et al.: Associations between serum high-density lipoprotein cholesterol levels and cause-specific mortality in a general population of 345 000 men and women aged 20-79 years. International Journal of Epidemiology, dyad011, 13 February 2023 https://doi.org/10.1093/ije/dyad011

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Hyperlipidämien im Kindes- und Jugendalter, Diagnostik und Therapie. (AWMF-Registernummer: 027 - 068), Monatsschrift Kinderheilkunde; Ausgabe 9/2016

     
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