Enzymtherapie

Die systemische Enzymtherapie ist ein Therapieverfahren, das auf der oralen Gabe von tierischen und pflanzlichen hydrolytischen Enzymen beruht. Bei diesen Enzymen handelt es sich um Proteasen, die als sogenannte Biokatalysatoren Proteine (Eiweiß) an definierten Stellen spalten können bzw. chemische Reaktionen entscheidend beeinflussen können.

Die systemische Enzymtherapie muss von der substituierenden Enzymtherapie, die fehlende Enzyme z. B. bei einer exokrinen Pankreasinsuffizienz (die Bauchspeicheldrüse verliert z. B. bei einer Entzündung die Fähigkeit Enzyme wie die Lipase – ein fettspaltendes Enzym – zu produzieren, sie wird insuffizient) ersetzt, unterschieden werden. Das Prinzip des Verfahrens beruht auf der Beobachtung, dass sich Tumorzellen im Serum der Patienten ungehindert vermehren konnten, während dies im Serum gesunder Menschen nicht möglich war. Auf dieser Grundlage setzte im Jahre 1935 der Wissenschaftler Max Wolf (1885-1975) die Enzymtherapie zur Behandlung von Tumorpatienten ein. Heute ist die Enzymtherapie ein wissenschaftlich anerkanntes Therapieverfahren, dessen Ziel die Beeinflussung des Immunsystems ist.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Entzündliche, degenerative Erkrankungen
  • Entzündliche Ödeme (Wassereinlagerungen im Gewebe)
  • Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises – Vielzahl an Erkrankungen, die zum Teil autoimmun bedingt sind (durch eine überschießende Reaktion des Körpers auf eigene Bestandteile); u. a.:
    • Morbus Bechterew – Spondylitis ankylosans; chronisch-entzündliche rheumatische Erkrankung, die ausschließlich die Wirbelsäule und deren Grenzgelenke betrifft
    • Rheumatoide Arthritis (Synonym: chronische Polyarthritis) – chronisch entzündliche Multisystemerkrankung, die sich meist in Form einer Synovialitis (Gelenkinnenhautentzündung) manifestiert 
  • Hämatome (Blutschwamm)
  • Operationen
  • Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) – fortschreitende Stenosierung (Verengung) bzw. Okklusion (Verschluss) der die Arme/ (häufiger) Beine versorgenden Arterien, meist aufgrund einer Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung)
  • Solide Tumoren
  • Strahlen- und Chemotherapie – zur Senkung der Nebenwirkungen
  • Virusinfekte

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Gerinnungsstörung (z. B. Hämophilie)
  • Marcumar®-Therapie
  • Bekannte Allergie gegen Enzyme
  • Eingeschränkte Leber- bzw. Nierenfunktion
  • Schwangerschaft 

Vor der Therapie

  • Medizinische Konsultation: Überprüfung von Allergien, Vorerkrankungen und aktuellen Medikationen, um Wechselwirkungen zu vermeiden.
  • Aufklärung: Patienten über die Wirkungsweise, Erwartungen und potenzielle Risiken informieren.
  • Dosierungsplanung: Individuelle Festlegung der Dosierung basierend auf der Erkrankung und dem Zustand des Patienten.
  • Ernährungsberatung: Ggf. Anpassungen in der Ernährung, um die Wirksamkeit der Enzymtherapie zu unterstützen.

Das Verfahren

Die Enzymtherapie war zu Beginn umstritten, da die enterale Resorption (Stoffaufnahme über die Schleimhaut des Verdauungstraktes) von diesen hochmolekularen Stoffen nicht erwiesen war. Heute ist dieser Prozess wissenschaftlich bestätigt. Um die aktiven Enzyme zur Resorption im Darm bereitzustellen, müssen sie die Magenpassage unbeschädigt überstehen. Deswegen werden die Tabletten oder Dragees mit einem magensaftresistenten Überzug versehen. Die intakten proteolytischen Enzyme werden über die Darmschleimhaut in das Blut bzw. die Lymphe überführt und anschließend an sogenannte Antiproteasen gebunden. Die Aktivität dieser Stoffe wird so vorübergehend blockiert und die Wirkungsprozesse werden in Gang gesetzt.

Folgende Wirkungen einer Enzymtherapie sind bekannt:

  • Verbesserung der Immunabwehr: antibakterielle und antivirale Wirkung
  • verbesserte Plasmaviskosität (verbesserte Fließeigenschaften des Blutes)
  • verminderte Thrombozyten- und Erythrozytenaggregation – die Bildung von Blutgerinnseln wird gehemmt
  • verbesserte Fibrinolyse – Fibrin ist ein Strukturprotein, das maßgeblich an der Bildung von Blutgerinnseln beteiligt ist; als Fibrinolyse wird die Auflösung des Fibringerüsts und damit des Gerinnsels bezeichnet
  • antiphlogistische Wirkung – antientzündlich
  • antiödematöse Wirkung – vermindert Wasseransammlungen im Gewebe
  • verbesserte Resorption von Hämatomen – große blaue Flecke bilden sich schneller zurück
  • teilweise analgetische Wirkung – schmerzlindernd
  • Verbesserung der Tumorabwehr – durch Demaskierung der Tumorzellen, die durch einen schützenden Fibrinmantel von den Abwehrzellen schwer zu erkennen und zu zerstören sind
  • Metastasenprophylaxe – die Ausbreitung von Tumorabkömmlingen wird durch den Abbau von Adhäsionsmolekülen verzögert (Anheftungsmoleküle mit deren Hilfe Krebszellen frei an Gefäßen haften können)

Da die Enzyme eine sehr kurze Halbwertszeit haben (d. h. sie werden sehr schnell abgebaut), müssen sie 2-3 Mal täglich auf nüchternen Magen eingenommen werden. Die Enzyme können bei akuten Prozessen kurz in hohen Dosen und bei chronischen Leiden lang (ca. 3-4 Wochen) in geringeren Konzentrationen gegeben werden. Außerdem kann die Enzymtherapie prophylaktisch als Langzeitmedikation in Kombination mit Mikronährstoffen (Vitalstoffen) verabreicht werden.

Nach der Therapie

  • Regelmäßige Überprüfung: Überwachung des Allgemeinzustands und der Symptome, um die Wirksamkeit der Therapie zu bewerten.
  • Anpassung der Dosierung: Bei Bedarf Anpassung der Enzymdosis basierend auf der Reaktion des Patienten.
  • Nachsorge: Weiterführende Empfehlungen zur Ernährung und Lebensführung, um den Gesundheitszustand zu optimieren.

Mögliche Komplikationen

  • Allergische Reaktionen: Insbesondere bei Personen mit bekannten Allergien gegen bestimmte Enzymquellen.
  • Verdauungsstörungen: Wie Übelkeit, Durchfall oder Magenbeschwerden, insbesondere bei hoher Dosierung.
  • Wechselwirkungen mit Medikamenten: Enzyme können die Wirkung bestimmter Medikamente beeinflussen.
  • Überempfindlichkeitsreaktionen: Bei einigen Personen können Hautreaktionen oder andere Überempfindlichkeitssymptome auftreten.

Ihr Nutzen

Die Enzymtherapie ist ein sehr vielseitiges therapeutisches Verfahren, das wissenschaftlich belegt ist und vor allem in der begleitenden bzw. komplementären Tumortherapie eingesetzt wird. Zudem findet diese Therapieform auch erfolgreich Anwendung auf dem Gebiet der entzündlichen und degenerativen Erkrankungen.

L
iteratur

  1. Bischoff HP: Leitfaden Naturheilkunde: Methoden, Konzepte und praktische Anwendung. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2007
  2. Pfeifer B, Preiß J, Unger C: Onkologie integrative: konventionelle und komplementäre Therapie. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2006
  3. Bierbach E: Handbuch Naturheilpraxis: Methoden und Therapiekonzepte. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2006
  4. Altmeyer P, Paech V: Enzyklopädie Dermatologie, Allergologie, Umweltmedizin. Springer Verlag 2011

     
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