Ernährungstherapie
Zöliakie (gluteninduzierte Enteropathie)

Die diätetische Therapie besteht in der konsequenten Eliminierung glutenhaltiger Nahrungsmittel. Damit müssen Lebensmittel aus beziehungsweise mit Weizen, Roggen, Gerste und Hafer gemieden werden. Des Weiteren sollte in der Behandlung die durch Schädigung der Darmzotten und Dünndarmschleimhaut verursachte reduzierte Resorption der Vitalstoffe (Mikronährstoffe) mit einbezogen werden.
Gluten ist in vielen Getreidearten, in den aus Getreide hergestellten Nahrungsmitteln sowie in etlichen Fertigprodukten als Lebensmittelzusatzstoff enthalten. Aus diesem Grund müssen Spruekranke neben ihrer glutenfreien Diät darauf achten, ihren erhöhten
Nähr- und Vitalstoffbedarf (Makro- und Mikronährstoffe) – besonders fettlösliche Vitamine, Vitamin B9, B12, Eisen, Kupfer, Selen und Zink – durch andere Lebensmittel mit hoher Nähr- und Vitalstoffdichte (Makro- und Mikronährstoffe) zu decken. Zu den glutenfreien Nahrungsmitteln gehören unter anderem reine Produkte aus Stärke, Mehl, Sojabohnen, Gemüse, Kartoffeln, Obst, Milch, Fleisch, Fisch sowie glutenfreie Getreidearten und deren Mehle.

Meiden Menschen mit gluteninduzierter Enteropathie strikt das Getreideeiweiß in ihrer Ernährung, regenerieren sich die Schleimhautzellen sowie die Zotten der Darmwand zunehmend und die typischen Symptome schwinden innerhalb von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen. Die Verbesserung der Funktion der Darmschleimhaut und -zotten gehen mit einer höheren Resorption der Nähr- und Vitalstoffe (Makro- und Mikronährstoffe) einher [1].

Weisen Spruekranke innerhalb von acht Wochen keine wesentlichen Besserungen auf, sind häufig unbewusste oder auch bewusste Diätfehler die Ursache. Betroffene sollten bedenken, dass in einigen Nahrungsmitteln, wie in Weizenstärke, auch Spuren von Gluten noch enthalten sein können. Solche geringen Mengen an Gluten reichen bei ausgeprägter Intoleranz schon aus, um die Schädigung der Darmschleimhaut und -zotten aufrecht zu erhalten und eine Regeneration zu verhindern.

Glutenhaltige Getreidearten, die bei Spruekranke streng zu meiden sind:

  • Weizen
  • Roggen
  • Hafer
  • Gerste
  • Dinkel (Weizenart)
  • Kamut (Weizenart)
  • Einkorn (Weizenart)
  • Emmer (Weizenart)
  • Triticale (Weizen-Roggen-Kreuzung)
  • Grünkern – unreif geernteter Dinkel, Einkorn oder Emmer
  • Alle aus diesen Getreidearten hergestellten Lebensmittel, wie Mehl, Brot, Gebäck, Paniermehl, Teigwaren, Müsli, Saucen und andere
  • Wildreis

Ernährungsempfehlungen bei gluteninduzierter Enteropathie:

  • Neben glutenhaltigen Getreide und aus Getreide gefertigte Nahrungsmitteln sollten auch Fertigprodukte gemieden werden, da Gluten häufig als Emulgator, Stabilisator oder Bindemittel eingesetzt wird
  • Gluten muss als Lebensmittelzusatzstoff nicht gekennzeichnet werden und kann sich daher auch in industriell hergestellten Nahrungsmitteln und Konserven befinden!
  • Reine Produkte aus Stärke, Mehl, Sojabohnen, Esskastanien, Gemüse, Kartoffeln, Obst, alle Hülsenfrüchte, Milch und Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Eier, Öle und Fette, südamerikanische Körnerfrüchte – Quinoa, Amaranth
  • Glutenfreie Getreidearten und deren Mehle, wie Buchweizen, Mais, Maismehl, Reis (nicht Wildreis), Reismehl, Hirse, Kartoffelmehl
  • Alle Lebensmittel, die speziell für eine glutenfreie Ernährung hergestellt wurden, wie glutenfreies Brot, Gebäck, Teigwaren und andere – Aufdruck „glutenfrei“
  • Reine Weizenstärke sehr empfindliche Patienten sollten diese meiden, da sie selbst noch auf die Spuren von Gluten in reiner Weizenstärke reagieren

Bis zur weitgehenden Regeneration der Darmzotten:

  • Fettzufuhr reduzieren
  • Milchzucker weitgehend meiden – lactosearme Milch und Milchprodukte konsumieren
  • Oxalsäurereiche Obst- und Gemüsesorten meiden, wie Rote Bete, Petersilie, Rhabarber, Spinat, Runkelrübe, Mangold
  • Aufgrund des Verzichts auf etliche Nahrungsmittel muss auf eine ausreichende Nähr- und Vitalstoffzufuhr (Makro- und Mikronährstoffe) geachtet werden

Oxalsäureiche Obst- und Gemüsesorten – Spinat, Rote Bete, Mangold und Rhabarber sollten besonders in der Frühphase der diätetischen Therapie gemieden werden. Zu hohe Oxalat-Konzentrationen fördern die Nieren- sowie Harnsteinbildung [4]. Außerdem hemmt Oxalsäure die Aufnahme von Calcium, indem sie zusammen mit dem Mineralstoff im Darminneren ein für das menschliche Verdauungssystem nur schwer lösliches Calciumoxalat bildet. Abgesehen davon ist bei den Betroffenen der Bedarf an Calcium aufgrund der verringerten Resorption und einer zu geringen Zufuhr über Milch und Milchprodukte bedeutend erhöht [4].

Bei verzögerter Regeneration des Resorptionsproblems sowie zur Verbesserung der Energiebilanz und Milderung der Fettdurchfälle sollte übliches, aus überwiegend langkettigen Triglyzeriden bestehendes Nahrungsfett teilweise durch mittelkettige Triglyzeride (MCT-Fette1) ersetzt werden [1].

Bedeutung der MCT-Fette1 für die diätetische Behandlung der Steatorrhoe und des enteralen Eiweißverlustsyndroms:

  • MCT werden unter dem Einfluss des Enzyms Lipase der Bauchspeicheldrüse schneller im Dünndarm gespalten als LCT-Fette2
  • Aufgrund ihrer besseren Wasserlöslichkeit kann der Dünndarm MCT-Fette leichter resorbieren
  • Für die Resorption von MCT ist die Gegenwart von Gallensalzen nicht erforderlich
  • MCT-Fette können sowohl bei einem Mangel beziehungsweise Fehlen von Lipase und Gallensalzen im Darminneren noch ausgenutzt werden
  • Der Dünndarm hat eine größere Resorptionskapazität für MCT als für LCT
  • Bindung der MCT-Fette an die Transportlipoproteine Chylomikronen ist nicht nötig, da mittelkettige Fettsäuren über das Pfortaderblut und nicht über die intestinale Lymphe abtransportiert werden
  • Durch den Abtransport mit dem Pfortaderblut steigt während der Resorption der MCT der Lymphdruck nicht an und kommt es zu einem geringeren Lymphaustritt ins Darminnere, wodurch der intestinale Eiweißverlust verringert wird Anstieg der Plasmaproteine
  • Bei der Resorption langkettiger Fettsäuren steigt hingegen der Lymphdruck und somit der Übertritt von Lymphe in das Darminnere Lymphstauungen führen zu einem hohen Verlust von Plasmaproteinen
  • MCT werden schneller im Gewebe oxidiert als LCT
  • Mittelkettige Triglyzeride vermindern den Wasserverlust mit dem Stuhl, indem sie die Gallenblasenkontraktion gering stimulieren und damit eine niedrige Gallensalzkonzentration im Darminneren bewirken Reduzierung chologener Diarrhoe
  • MCT-Fette verbessern den allgemeinen Ernährungszustand [3]

Der Ersatz von LCT durch MCT führt in der Folge zur Verringerung der Fettausscheidung über den Stuhl – Linderung der Steathorroe – und des enteralen Eiweißverlustsyndroms.

MCT-Fettsäuren sind in Form von MCT-Margarine eignet sich nicht zum Braten sowie von MCT-Speiseölen (als Kochfett verwendbar) erhältlich. Der Übergang auf die mittelkettigen Triglyzeride sollte stufenweise erfolgen, da sonst Schmerzen im Bauchbereich, Erbrechen und Kopfschmerzen auftreten können Ansteigen der Tagesmenge an MCT von Tag zu Tag um etwa 10 Gramm bis zum Erreichen der endgültigen Tagesmenge von 100-150 Gramm. MCT-Fette sind hitzelabil und sollten nicht zu lange und nie über 70 °C erhitzt werden [3].
Zusätzlich sollte auf die Deckung des Bedarfs an den fettlöslichen Vitaminen A, D, E sowie K und essentiellen Fettsäuren, wie Omega-3- und -6-Verbindungen, geachtet werden. Bei Gabe von MCT werden fettlösliche Vitamine ausreichend resorbiert [3].

Im Krankheitsverlauf beziehungsweise während der Therapie kann sich die Glutentoleranz vor allem in der Pubertät verbessern. Unter diesen Umständen muss die Diät nicht mehr streng eingehalten werden. In der Regel sollten jedoch glutenhaltige Lebensmittel nicht konsumiert werden, da Spruekranke einer hohen Gefahr ausgesetzt sind, bei Nichteinhalten der diätetischen Behandlung häufiger bösartige Tumore Mund-, Rachen- und Speiseröhrenkrebs sowie Krebserkrankungen des lymphatischen Gewebes als Gesunde zu entwickeln [1].

Bei einem Großteil der Patienten ist die Dermatitis herpetiformis Duhring (M. Duhring) mit der Zottenatrophie am Dünndarm verbunden. Diese stark juckende, mit Knötchen und Bläschen einhergehende Hauterkrankung bildet sich unter glutenfreier Diät langfristig zurück, wobei es bis zur vollständigen Heilung der Hautverletzungen bis zu zwei Jahre dauern kann. Bei dem Großteil der Patienten stellt sich nach sechs bis zwölf Monaten eine signifikante Besserung ein [2].

In seltenen Fällen weisen Spruekranke zwar die Schädigung der Darmschleimhaut und -zotten sowie die typischen Symptome auf, zeigen jedoch während der glutenfreien Diät keine Besserung auf. Solche Patienten sprechen eher auf Hormone aus der Nebennierenrinde Glucocorticoide – an. Andernfalls reagieren sie nur auf eine glutenfreie Kost, wenn weitere proteinreiche Lebensmittel Eier, Geflügel oder Milch gemieden werden [1].

Weisen Menschen mit einheimischer Sprue aufgrund Nicht-Einhaltung der glutenfreien Diät, noch bestehender Resorptionsstörungen sowie einer geringen Nähr- und Vitalstoffzufuhr (Makro- und Mikronährstoffe) über die Nahrung niedrige Konzentrationen der kritischen Vitalstoffe (Mikronährstoffe) auf, treten neben den typischen Symptomen Vitalstoff-Mangelerscheinungen hinzu [1].

1 MCT = Fette mit mittelkettigen Fettsäuren; ihre Verdauung und Resorption erfolgt schneller und unabhängig von Gallensäuren, daher werden sie bevorzugt bei Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse und des Darms eingesetzt.
2 LCT = Fette mit langkettigen Fettsäuren; sie werden ohne große Umwandlung direkt in die körpereigenen Fettdepots aufgenommen und daraus nur sehr langsam wieder abgegeben. Man kennt sie auch unter dem Begriff „versteckte Fette“.

 

Literatur

  1. Biesalski, H. K., Fürst, P., Kasper, H., Kluthe, R., Pölert, W., Puchstein, Ch., Stähelin, H., B.
    Ernährungsmedizin. Kapitel 27, 347-352
    Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1999
  2. Johansson S.G.O., Hourihane J.O.B., Bousquet J. et al.
    A revised nomenclature for allergy.
    Allergy 2001; 56: 813-824
  3. Kasper, H.
    Ernährungsmedizin und Diätetik. Kapitel 3, 165-211
    Urban & Fischer Verlag; München/Jena 2000
  4. Schmidt, Dr. med. Edmund, Schmidt, Nathalie
    Leitfaden Mikronährstoffe. Kapitel 3, 411-413
    Urban & Fischer Verlag; München, Februar 2004

     
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