Ursachen
Divertikelkrankheit

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Man kann echte und Pseudodivertikel unterscheiden.

Divertikel befinden sich häufig im Colon sigmoideum (Sigmadivertikulose). Ursächlich für die Ausbildung der Divertikel ist wahrscheinlich ein überhöhter intraluminaler Druck (erhöhter Darminnendruck) sowie eine gesteigerte Darmmotilität (→ Divertikulose/Veränderung des Dickdarms in Form von kleinen Ausstülpungen der Darmwand). Im Alter kommt eine abnehmende Darmwandelastizität (Bindegewebsschwäche) hinzu.

Bei einer Divertikulose lassen sich keine Entzündungsmarker (Zytokin TNF-alpha; Zelloberflächenmarker CD4, CD8 und CD57) in der Mukosa nachweisen [3]. Fazit: Bei der Kolondivertikulose handelt es sich nicht um eine chronische Inflammation (Entzündung).

Eine Divertikulitis ist eine Entzündung der Wand des Divertikels. Ist auch die Umgebung des Divertikels mit in die Entzündung einbezogen, so spricht man von einer Peridivertikulitis. Die Entzündung entsteht durch die Retention von Stuhl in den Divertikeln (Kotstein). Dieser kann auch zu einer Perforation (Durchbruch) führen.
Durch eine Arrosion ("Annagen", "Anfressen") der benachbarten versorgenden Gefäße kann es zu einer Blutung kommen.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung 
    • Erkrankung tritt familiär gehäuft auf; Zwillingsstudien schätzen die Heredität auf 40 bis 53 %; genomweite Assoziationsstudien (GWAS, engl. Genome-wide association study) konnten 39 weitere Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP) identifizieren [4]; eine frühere kleinere GWAS bereits 3 Risikogene gefunden
    • Genetische Erkrankungen
      • Coffin-Lowry-Syndrom – genetische Erkrankung, die X-chromosomal dominant ist; körperliche Besonderheiten, wie zum Beispiel eine verbreiterte Nase und vergrößerte Lippen, sowie Einschränkung der geistigen Entwicklung
      • Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) ‒ genetische Erkrankungen, die sowohl autosomal-dominant als auch autosomal-rezessiv sind; heterogene Gruppe, die durch eine Störung der Kollagensynthese bedingt sind; gekennzeichnet durch eine erhöhte Elastizität der Haut und ungewöhnliche Zerreißbarkeit derselbigen (Habitus des "Kautschukmenschen")
      • Marfan-Syndrom genetische Erkrankung, die sowohl autosomal-dominant vererbt werden oder vereinzelt (als Neumutation) auftreten kann; systemische Bindegewebserkrankung, die vor allem durch Hochwuchs, Spinnengliedrigkeit (Arachnomelie) und Überstreckbarkeit der Gelenke auffällt; 75 % dieser Patienten haben ein Aneurysma (pathologische (krankhafte) Ausbuchtung der Arterienwand).
      • Polyzystische Nierenerkrankungen – Nierenerkrankung aufgrund multipler Zysten (flüssigkeitsgefüllte Hohlräume) in den Nieren
        • teils mit autosomal-dominantem wie auch autosomal-rezessivem Erbgang (s. u. Zystischer Nierenkrankheit)
      • Williams-Beuren-Syndrom (WBS; Synonyme: Williams-Syndrom, Fanconi-Schlesinger-Syndrom, idiopathische Hypercalcämie oder Elfin-face-Syndrom) – genetische Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang; mit Symptomen wie kognitive Behinderung unterschiedliche Schweregrade, Wachstumsverzögerung (schon schon intrauterin), Hypercalcämie (Calciumüberschuss) in den ersten Lebensjahren, Mikroenzephalie (abnorm kleiner Kopf), Anomalien der Gesichtsform etc.
  • Lebensalter  zunehmendes Alter

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Ballaststoffarme Ernährung
    • Fettreiche Ernährung und gleichzeitig niedrige Ballaststoffaufnahme [1]
    • Konsum von rotem Fleisch, d. h. Muskelfleisch von Schwein, Rind, Lamm, Kalb, Hammel, Pferd, Schaf, Ziege (1,58-faches Risiko für eine Divertikulitis bei Männern) [2]
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol (> 30 g/Tag)
    • Tabak (Rauchen)
  • Körperliche Aktivität
    • Bewegungsmangel
    • Sitzende Tätigkeit
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas) – BMI ≥ 35 versus < 22,5 → 42 Prozent höheren Divertikulitis-Risiko einher [6]

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Dysbiose (Gleichgewichtsstörung der Darmflora)
  • Obstipation (Verstopfung)? – Wird kontrovers beurteilt [7]: 
    • Stuhlfrequenz: < 1 pro Tag versus eine Stuhlentleerung am Tag → ca. 39 % geringeres Divertikulitis-Risiko 
    • Stuhlfrequenz: > 1 pro Tag → Risiko um 30 % erhöht

Medikamente

  • Calciumantagonisten – eine phenomweite Assoziationsstudie weist darauf hin, dass bei Personen mit den Varianten in den Genen, die die Wirkung der Calciumantagonisten beeinflussen, häufiger als andere an einer Divertikulose erkranken. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit ist allerdings sehr gering, sie lag gerade einmal bei 1,02 (95-%-Konfidenzintervall 1,01 bis 1,04), was einen Anstieg um 2 % anzeigt [5].
  • Glucocorticoide*
  • Immunsuppressiva*
  • Nicht-steroidale Entzündungshemmer (NSAID)*: Acetylsalicylsäure
  • Opioide*

*Medikamente, die einen negativen Einfluss auf den Verlauf der Divertikelkrankheit haben.

Literatur

  1. Aldoori WH, Giovannucci EL, Rimm EB et al.: A prospective study of diet and the risk of symptomatic diverticular disease in men. Am J Clin Nutr 1994; 60: 757-764
  2. Cao Y et al.: Meat intake and risk of diverticulitis among men. Gut doi:10.1136/gutjnl-2016-313082 Published Online First 9 January 2017
  3. Peery AF et al.: Colonic Diverticula Are Not Associated With Mucosal Inflammation or Chronic Gastrointestinal Symptoms. Clin Gastroenterol Hepatol. 2018 Jun;16(6):884-891.e1. doi: 10.1016/j.cgh.2017.05.051.
  4. Maguire LH et al.: Genome-wide association analyses identify 39 new susceptibility loci for diverticular disease. Nature Genetics (2018) Published: 03 September 2018
  5. Gill D et al.: Use of Genetic Variants Related to Antihypertensive Drugs to Inform on Efficacy and Side Effects . Circulation July 9, 2019 https://doi.org/10.1161/CIRCULATIONAHA.118.038814
  6. Ma W et al.: Association Between Obesity and Weight Change and Risk of Diverticulitis in Women. Gastrolenterology 2018;155(1):58-66.e4 https://doi.org/10.1053/j.gastro.2018.03.057
  7. Jovani M et al.: Frequency of Bowel Movements and Risk of Diverticulitis. Clinical Gastroenterology and Hepatology Available online 5 January 2021 https://doi.org/10.1016/j.cgh.2021.01.003
     
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