Medikamentöse Therapie
Bandscheibenschaden (Diskopathie)

Therapieziele

  • Die medikamentöse Therapie des Nucleus pulposus prolaps (Bandscheibenvorfall) soll Schmerzen lindern und so die Bewegungsfähigkeit erhöhen.
  • Eine Schmerzchronifizierung ist unbedingt zu vermeiden!

Therapieempfehlungen

  • Analgesie (Schmerzlinderung) gemäß WHO-Stufenschema:
    • Nicht-Opioidanalgetikum (Paracetamol, Mittel der ersten Wahl; allerdings nicht bei akuten radikulären Symptomen/Schmerzen, die von einer oder mehreren geschädigten Nervenwurzeln im Wirbelsäulenbereich ausgehen)
    • Niederpotentes Opioidanalgetikum (z. B. Tramadol) + Nicht-Opioidanalgetikum
    • Hochpotentes Opioidanalgetikum (z. B. Morphin) + Nicht-Opioidanalgetikum
  • Ggf auch Antiphlogistika/Medikamente, die Entzündungsprozesse hemmen (d. h. nichtsteroidale Antirheumatika, NSAID), z. B. Ibuprofen
  • Ggf auch Einsatz von Muskelrelaxantien/Medikamente, die die Muskulatur entspannen, Lokalanästhetika (örtliche Betäubung)
  • auch Glucocorticoide bei akuter Radikulopathie (Reizung oder Schädigung der Nervenwurzeln) infolge einer lumbalen ("zur Lendenwirbelsäule gehörigen") Diskushernie
  • Bei chronischen Rückenschmerzen: Langzeitanwendung von Opioiden nur dann, wenn unter einer zeitlich befristeten Therapie (4 - 12 Wochen) eine klinisch relevante Reduktion von Schmerzen und/oder körperlichem Beeinträchtigungserleben bei fehlenden oder geringen Nebenwirkungen angeben wird.
  • Ggf. auch Depressiva: wirken bei Rückenschmerzen über eine Distanzierung vom Schmerz; keine eigene analgetische (schmerzlindernde) Wirkung
  • OP-Indikationen siehe unter "Operative Therapie"
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Analgetika

Analgetika sind Schmerzmittel. Es gibt mehrere verschiedene Untergruppen, wie die NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) zu denen Ibuprofen und ASS (Acetylsalicylsäure) gehören, oder aber die Gruppe um die nichtsauren Analgetika Paracetamol und Metamizol. Sie werden alle weitverbreitet eingesetzt. Bei vielen Präparaten dieser Gruppen besteht die Gefahr von Magenulzera (Magengeschwüre) bei längerer Anwendung.

Muskelrelaxantien

Muskelrelaxantien sind Medikamente, die vor allem bei Verspannungen verordnet werden. In der Klinik werden sie für die Narkose genutzt. Zu den Muskelrelaxantien zählt unter anderem Tolperison.

  • Rote-Hand-Brief: Tolperison ist nur zur Behandlung der Spastizität nach einem Schlaganfall bei Erwachsenen zugelassen. Außerhalb dieser zugelassenen Indikation besteht zum Beispiel das Risiko für Überempfindlichkeitsreaktionen (bis hin zum anaphylaktischen Schock), ohne dass ein Nutzen nachgewiesen ist [3].

Antidepressiva

Antidepressiva sind Medikamente wie Amitriptylin oder Venlafaxin, die bei Depressionen eingesetzt werden. Bei Rückenschmerzen werden sie zur Schmerzreduktion eingesetzt.
Amitriptylin zählt zu den trizyklischen Antidepressiva. Diese Medikamente wirken stimmungsaufhellend.
Venlafaxin zählt zu den "Selektiven Serotonin und Noradrenalin Wiederaufnahme Hemmern" (SSNRI) und wirkt antidepressiv ohne gleichzeitig sedierend (müde) zu wirken. Die häufigste Nebenwirkung dieses Medikaments ist Übelkeit.

Opioide

Opioide sind sehr starke Schmerzmittel, zu denen unter anderem Morphium zählt. Sie wirken analgetisch (schmerzlindernd), aber auch sedierend (ermüdend) und antiemetisch (gegen Übelkeit). Sie machen jedoch auch viele Nebenwirkungen wie Obstipation (Verstopfung), Übelkeit/Erbrechen, Atemdepression (vermindern den Atemanreiz). Opioide zählen wie andere Rauschmittel zu den Betäubungsmitteln, weshalb ihr Verkehr genauestens verfolgt und kontrolliert wird.

Lokalanästhetika

Lokalanästhetika sind Medikamente, die verabreicht werden, um in einem begrenzten Körperareal die Schmerzen auszuschalten. Sie werden meist vor kleineren operativen Eingriffen verabreicht.

Glucocorticoide

Glucocorticoide sind Medikamente gegen Entzündungen. Außerdem werden sie bei überaktivem Immunsystem – beispielsweise bei allergischen Reaktionen – eingesetzt. Sie können bei oraler Langzeittherapie (also Einnahme von Tabletten) zu Osteoporose-bedingten Frakturen (Knochenbrüchen) führen und dadurch zu Rückenschmerzen.

  • Der Einsatz von oralen Steroiden (50-100 mg Prednisolon) bei akuter Radikulopathie (Reizung oder Schädigung der Nervenwurzeln) infolge einer lumbalen Diskushernie (Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule) bessert die Funktion (nach drei Wochen), aber nicht den Schmerz [1].
  • Radikulärer Kreuzschmerz: Lumbosakrale Radikulopathien lassen sich mit oralem Gabapentin (Antikonvulsivum; Kapseln zu 300 mg, Zieldosis 1800-3600 mg/Tag, auftitriert über 15–24 Tage) ebenso gut behandeln wie mit epiduralen Steroidinjektionen [2].

Achtung!
Drei Monate oder länger systemische Glucocorticoidtherapie erhöht das Osteoporoserisiko um 30-50 Prozent. Bei einer Therapie mit Dosieraerosolen, wie beispielsweise beim Asthma bronchiale tritt diese Nebenwirkung nicht auf.

Literatur

  1. Goldberg H et al.: Oral Steroids for Acute Radiculopathy Due to a Herniated Lumbar Disk. A Randomized Clinical Trial. JAMA2015; 313(19): 1915–1923; doi:10.1001/jama.2015.4468
  2. Cohen SP et al. Epidural steroid injections compared with gabapentin for lumbosacral radicular pain: multicenter randomized double blind comparative efficacy study. BMJ 2015; 350: h1748; online 16. April; doi: 10.1136/bmj.h1748
  3. Rote-Hand-Brief: Tolperison-haltige Arzneimittel. AkdÄ Drug Safety Mail | 2020-37

     
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