Geschmacksprüfung (Gustometrie)

Bei der Gustometrie (Synonyme: Geschmacks-Test, Geschmacksprüfung, Schmeckprüfung) handelt es sich um ein diagnostisches Verfahren der Hals-Nasen-Ohren-Medizin zur Überprüfung des Geschmackssinnes, um beispielsweise Nervenläsionen (Nervenschädigungen) feststellen zu können.

Die Gustometrie wird unter Anwendung verschiedener Geschmacksstoffe an mehreren Stellen der Zunge durchgeführt, um so eine genaue Evaluation der verschiedenen sensorischen Nervenäste des Nervus facialis und des Nervus glossopharyngeus im Zungenareal gewährleisten zu können (die Geschmacksempfindung des Menschen entsteht unter anderem durch die Funktion zweier Nerven, von denen sich einige Nervenfasern in der Zunge befinden). Bei der Anwendung der Gustometrie gibt es verschiedene Varianten mit unterschiedlichen Durchführungsarten. Die Gustometrie kann in der Diagnostik als subjektives oder als objektives Verfahren eingesetzt werden. Überdies gibt es unterschiedliche Methoden, um eine Reizung der Geschmacksrezeptoren der Zunge hervorzurufen.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Bei jeder subjektiven Beeinträchtigung des Geschmackssinnes kann eine Gustometrie durchgeführt werden, um zu erkennen, ob es sich um eine Nervenläsion handelt und wo sich diese befindet.
  • Neben diesen peripheren Läsionen (sich außerhalb des Gehirns befindenden Schädigungen) kann auch eine Störung durch eine Schädigung der Gehirnstruktur bei Morbus Parkinson oder Morbus Alzheimer vorliegen, sodass die Geschmacksstörung (Dysgeusie) als Frühsymptom der Erkrankungen angesehen werden kann.
  • Ein weiteres Anwendungsgebiet der Gustometrie ist die Nebenwirkungstestung von Medikamenten, da viele Arzneimittel eine häufig spontane Verminderung der Geschmacksempfindung verursachen können.
  • Außerdem können auch viele Stoffwechselerkrankungen wie beispielsweise Diabetes mellitus Typ 1 und 2 eine verminderte Geschmacksempfindung hervorrufen, sodass eine festgestellte Hypogeusie (Verminderung der Schmeckempfindlichkeit) als Indikator (Anzeiger) für weitere diagnostische Verfahren dienen kann.

Das Verfahren

Das Prinzip der Gustometrie ist Funktionsüberprüfung des Geschmackssinnes mittels Reizungen der sensiblen Nervenendigungen, die beispielsweise durch das Auftragen von Geschmacksstoffen auf die Zungenoberfläche hervorgerufen werden.

Unterschieden werden bei der Gustometrie drei Obergruppen:

  • Klassische Gustometrie oder auch Chemogustometrie: bei dieser Methode werden auf Wattestäbchen geschmacksintensive Stoffe aufgetragen und dem Patienten auf spezielle Zungenareale gelegt. Die Überprüfung des Geschmackssinnes erfolgt unter Verwendung von Proben der vier Geschmacksqualitäten süß, sauer, bitter und salzig. Zur Testung werden eine 10-prozentige Glucose-Lösung (der Prozentanteil spiegelt die Menge der Glucose in der Testflüssigkeit wider), eine 7,5- und 15-prozentige NaCl-Lösung (Kochsalzlösung) sowie 5- und 10-prozentige Zitronensäure und 1- und 5-prozentiges Chinin (Bitterstoff) herangezogen. Allerdings gelten die Ergebnisse als wenig reproduzierbar, da eine Simulation oder Aggravation (willkürliches übertriebenes Betonen der Krankheitssymptome, welches einer verstärkten Selbstbeobachtung geschuldet ist) möglich ist. Aufgrund der möglichen Beeinflussung wird das Verfahren als subjektive Gustometrie bezeichnet.
  • Von dieser Methode abgrenzen lässt sich die Elektrogustometrie: Hierbei werden die Geschmacksrezeptoren der Zungenoberfläche durch einen konstanten Strom gereizt und die Stärke bestimmt, bei dem der Reiz über die Geschmacksrezeptoren vom Patienten wahrgenommen werden. Der so bestimmte Wert wird als Geschmacksschwelle bezeichnet und stellt die geringste Reizung der Geschmacksrezeptoren dar, die zur Empfindung eines Geschmackes führt. Obwohl dieses Verfahren ohne die Verwendung von Geschmacksproben durchgeführt wird, handelt es sich dennoch nicht um ein objektives Verfahren.
  • Die einzige objektive Geschmacksprüfung erfolgt mithilfe der Messung gustatorisch evozierter Potenziale im EEG (durch die Reizung eines sich in der Zunge befindenden Nervs kann eine Aktivitätsveränderung im Gehirn gemessen werden).

Zum Ablauf der Gustometrie:

  • Der Patient wird vor der eigentlichen Prüfung des Geschmackssinnes dazu aufgefordert, seine Zunge herauszustrecken. Im Anschluss hieran wird das Bestreichen des jeweiligen Zungenareals mit dem Wattestäbchen durchgeführt.
  • Nach jeder Überprüfung einer Geschmacksqualität muss der Mund ausgespült werden, um keine falschen Ergebnisse zu bekommen.
  • Die Durchführung der Elektrogustometrie erfolgt natürlich wie beschrieben mit der Reizung der Rezeptoren in der Zungenoberfläche über Stromstöße.
  • Die Beurteilung des Geschmackssinnes muss immer durch Seitenvergleich erfolgen. Neben der Angabe des Patienten, wann er eine Reizung der Geschmacksrezeptoren bemerkt, muss er angeben, um welche Geschmacksqualität es sich handelt.
  • Entscheidend für die Durchführung der Untersuchung ist des Weiteren, dass der Patient während der Überprüfung nicht die Zunge zurück in den Mund nimmt, da dieser bei einer einseitigen Nervenläsion die Geschmacksempfindung auch die gesunde Seite erfahren könnte.

Obwohl eine Minderung der Schmeckempfindlichkeit als ein Frühsymptom vieler Erkrankungen zu deuten ist, beruht es in der überwiegenden Zahl der Fälle auf einer altersabhängigen Veränderung. Die Verschlechterung ist ein Resultat der Veränderung der Oberflächenstruktur der Zunge, die mit dem Alter einhergeht. Auch das Rauchen oder ein übermäßiger Alkoholgenuss kann den Geschmackssinn verschlechtern.

Da eine Hypogeusie als Frühsymptom einer schwerwiegenden Grunderkrankung vorliegen kann, sollten die Ergebnisse einer Gustometrie nicht vernachlässigt werden. Entscheidend für den Patienten ist also nicht die Feststellung der Geschmacksstörung, sondern vielmehr die Erkennung der Ursache der Erkrankung.

Literatur

  1. Boenninghaus H: HNO: Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. Springer Verlag 2007
  2. Franzen A: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde: Kurzlehrbuch. Elsevier Verlag 2007
  3. Probst R: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Georg Thieme Verlag 2008
  4. Horch H: Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie: Praxis der Zahnheilkunde Band 10. Elsevier Verlag 2006
  5. Lippert H: Lehrbuch Anatomie. Elsevier Verlag 2006
     
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