Ursachen
Akutes Skrotum

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Pathogenese hängt von der Ätiologie des akuten Skrotums ab.

Ätiologie (Ursachen)

Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)

  • Purpura Schoenlein-Henoch (Purpura anaphylactoides) – spontane kleine Hauteinblutungen, insbesondere im Bereich der Unterschenkel (pathognomonisch), die vor allem nach Infektionen oder durch Medikamente oder Nahrungsmittel auftritt; dabei ist häufig der Nebenhoden bzw. Hoden vergrößert

Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)

  • Appendicitis (Blinddarmentzündung) mit Peritonitis (Bauchfellentzündung) bei Persistenz des Processus vaginalis peritonei (trichterförmige Ausstülpung des Bauchfells in den Hodensack)
  • Inkarzerierte inguino-scrotale Hernie, die (eingeklemmter Leisten-Hodenbruch), der infolge zu einer möglichen Minderperfusion (Minderdurchblutung) des Hodens führen kann; sehr akuter Verlauf

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Hodentumor, nicht näher bezeichnet (95 % aller testikulären Raumforderungen sind Keimzelltumoren; diese sind im Regelfall schmerzfrei; eine Einblutung kann jedoch ein akutes Skrotum auslösen) – s. u. Hodentumor
  • Leukämie (Blutkrebs)
  • Lymphom – bösartige Neubildung, die vom Lymphsystem ausgeht
  • Testikuläre Raumforderungen (2,7 % bei Erwachsenen; fünf Patienten wurden einer radikalen Orchiektomie (Hodenentfernung) aufgrund eines Tumors unterzogen)
  • Zysten des Nebenhodens (3,4 % bei Erwachsenen) [1]

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Epididymitis (Nebenhodenentzündung; 28,4 %) bzw. Epidydymo-Orchitis (Nebenhoden-Hodenentzündung; 28,7 %), virale oder bakterielle (Erwachsene) [1]
  • Fournier-Gangrän (Synonym: Morbus Fournier) – seltene Sonderform der nekrotisierenden Fasziitis (entzündliche Erkrankung der Faszien) im genito-perinealen Bereich und des Peritoneums (Bauchfell) mit hoher Letalität (Sterblichkeit bezogen auf die Gesamtzahl der an der Krankheit Erkrankten: 7-75 %); ursächlich ist eine bakterielle Mischinfektion; Kofaktoren sind häufig Alkoholabusus (Alkoholmissbrauch), Diabetes mellitus, Immunsuppression (Unterdrückung des körpereigenen Abwehrsystems) oder andere konsumierende Erkrankungen; Männer sind überwiegend betroffen.
  • Funiculitis – Entzündung des Samenstrangs (Funiculus spermaticus)
  • Funikulozele – Zyste (flüssigkeitsgefüllte Höhle; bohnen- bis olivengroß), die durch eine Ansammlung von Gewebsflüssigkeit im Bereich des Samenstrangs (lat. Funiculus spermaticus) entsteht.
  • Hodentorsion (Verdrehung der Hodengefäße), die dazu führt, dass die Blutzufuhr unterbrochen wird; tritt häufig im Schlaf (50 %), aber auch beim Sport/Spiel auf; in der Regel sind Kinder betroffen. Achtung! Ein höheres Alter schließt eine Hodentorsion nicht aus! (siehe dazu ggf. unter dem Krankheitsbild: Hodentorsion)
    Sonderformen sind:
    • intermittierende Hodentorsion: nach akuter Schmerzsymptomatik kommt es rasch zu einer Befundbesserung (in der Dopplersonographie zeigt sich ein hyperperfundierter Hoden)
    • neonatale Hodentorsion. Das Torsionsereignis ist im Regelfall bereits pränatal (vor der Geburt); in ca. 100 % der Fälle liegt ein stark geschädigtes Hodenparenchym (Hodengewebe) vor
    Jedes akute Skrotum ist eine Hodentorsion bis zum definitiven Ausschluss dieser Diagnose! (0,3 % bei Erwachsenen) [1]
  • Hydatidentorsion – Durchblutungsstörung von kleinen Appendices (Hodenanhängseln) des Hodens bzw. des Nebenhodens durch Torsion (Verdrehung); es handelt sich dabei um Hodenanhangsgebilde, die vom Müller-Gang, Wolffschen Gang oder dem mesonephritischen Tubulus ausgehen.
    Differentialdiagnostisch ist das Schmerzmaximum häufig direkt oberhalb des Hodens nachzuweisen; Diaphanoskopie (Durchleuchtung von Körperteilen durch eine aufgesetzte Lichtquelle; hier: Skrotum (Hodensack)):
     häufig sogenannte "blue dot sign" (bläulich schimmernde Strukturen), als Hinweis einer Durchblutungsstörung der Appendices; pathognomonisch; Vorkommen nur in ca. 20 % der Fälle); Häufigkeitsgipfel: 10 bis 12 Jahre; bei präpubertären Knaben häufiger als Hodentorsion 
  • Hydrozele (Wasserbruch; 0,3 % bei Erwachsenen) [1]
  • Inkarzerierte Skrotalhernie (Hodenbruch) – bei 60-70 % der Patienten liegt eine indirekte Hernie bei offenem Processus vaginalis vor; bei der direkten Leistenhernie, bei der die Bruchpforte medial der epigastrischen Gefäße liegt, sind Inkarzerationen mit 30-40 % eher seltener.
  • Orchitis (Hodenentzündung), virale oder bakterielle (10,3 % bei Erwachsenen) [1]
  • Nekrotisierende Fasziitis am Skrotum (Fournieŕ sches Gangrän)  foudroyant verlaufende lebensbedrohliche Infektion der Haut, der Subkutis (Unterhaut) und der Faszie mit fortschreitender Gangrän; häufig handelt es sich dabei um Patienten mit Diabetes mellitus oder anderen Erkrankungen, die zu Durchblutungsstörungen oder verminderter Immunabwehr führen
  • Skrotalödem (Ansammlung von Flüssigkeit im Hodensack), akutes; bei präpubertären Knaben; Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) im Kindes- und Erwachsenenalters: > 10 %; häufigste Ursache: lokales allergisches Phänomen (Insektenstich) oder akutes idiopathisches Skrotalödem (AISE): Häufigkeitsgipfel: 5-11 Jahre; klinisches Bild: Schwellung und Rötung des Skrotums, ein Drittel unilateral (einseitig) und zwei Drittel bilateral (beidseitig); ggf. Ausdehnung bis inguinal ("die Leistenregion betreffend"), penil ("den Penis betreffend") und/oder perineal ("den Darm betreffend"); die Schwellung ist meist schmerzlos, ggf. liegt ein geringer Druck- und Spannungschmerz vor; es ist keine spezielle Therapie erforderlich, da die AISE eine selbstlimitierende Erkrankung ist, d. h. die Erkrankung heilt von alleine wieder aus.
    Beachte: Die Diagnose eines akuten idiopathischen Skrotalödems ist eine Ausschlussdiagnose d. h. oberste Priorität hat das Ein- oder Ausschließen einer Hodentorsion!
  • Skrotalabszess (Eiteransammlung im Hodensack) / Abszesse (0,7 % bei Erwachsenen) [1]
  • Skrotalemphysem – Ansammlung von Luft im Hodensack

Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)

  • Skotaltrauma/Hodentrauma (offenes oder stumpfes Trauma)
    • Dislokation der Hoden
    • Hodenruptur – Riss des Hodens, durch eine Verletzung bedingt
    • Hämatozele – durch stumpfe Gewalt bedingte Einblutung in den Hoden
    • Penetrierendes Skrotaltrauma

Literatur

  1. Lorenzo L et al.: Evaluation of Adult Acute Scrotum in the ER: Clinical Characteristics, Diagnosis, Management and Costs. Urology 2016, online 19. Mai; DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.urology.2016.05.018
     
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