Medikamentöse Therapie
Leberkrebs (Leberzellkarzinom)

Therapieziele

  • Lebertransplantation (LTx)
  • Palliativ (ohne Heilungsansatz)

Therapieempfehlungen

  • Therapie der ersten Wahl ist die totale Hepatektomie (komplette Entfernung der Leber) und orthotope Lebertransplantation zur gleichzeitigen Therapie des hepatozellulären Karzinoms und der Grunderkrankung. 
    Indikationen: Gemäß den Leitlinien (DGVS, EASL, AASLD) auf Grundlage der Milan-Kriterien (Mailand-Kriterien): radiologische Bewertung (Herd ≤ 5 cm oder max. 3 Herde jeweils ≤3 cm, keine Gefäßbeteiligung, keine extrahepatische Manifestation)
  • Bei Auftreten von extrahepatischen ("außerhalb der Leber") Manifestationen oder erhöhten Bilirubin-Werten kann eine Therapie erfolgen mit:
    • selektiver interner Radiotherapie (SIRT, TACE) – Bestrahlung des Tumors von innen heraus (s. u. Strahlentherapie)
    • medikamentöser Therapie mit Sorafenib – Wirkstoff aus der Gruppe der Multi-Kinase-Inhibitoren. Anwendung bei fortgeschrittenem Leberzellkarzinom (nicht mehr resezierbares hepatozelluläres Karzinom, HCC), wenn eine Standardtherapie versagt hat oder ungeeignet ist). Diese Therapie kann das Tumorwachstum für eine gewisse Zeit zum Stillstand bringen, tumorbedingte Beschwerden lindern, kann aber das Leberzellkarzinom nicht heilen.
  • Erstlinientherapie:
    • Sorafenib (Proteinkinaseinhibitor aus der Gruppe der Multi-Kinase-Inhibitoren; Tyrosinkinaseinhibitoren) (OS: 10,7 Mo; TTP: 5,5 Mo)
    • Atezolizumab (gegen PD-L1) und Bevacizumab (gegen VEGF) als Kombinationstherapie sind als Erstlinie zugelassen und in der Zulassungsstudie Sorafenib überlegen
    • Lenvatinib (Tyrosinkinase-Hemmer (TKI)(OS: 13,6 Mo; TTP: 8,9 Mo)
    • Duale Immuntherapie aus dem PD-L1-Inhibitor Durvalumab und dem CTLA-4-Inhibitor Tremelimumab; Indikation: erwachsene Patienten mit fortgeschrittenem oder nicht resezierbarem hepatozellulärem Karzinom (HCC), die keine vorherige Systemtherapie erhalten hatten und bei denen eine lokale Therapie nicht angezeigt war.
    • Bei Versagen der Erstlinientherapie und deren Tumoren eine Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (FGFR2)-Fusion oder ein FGFR2-Rearrangement aufweisen, steht Pemigatinib (FGFR-Inhibitor) zur Verfügung.
  • Zweitlinientherapie
    • Regorafenib (Kinase-Inhibitor) zur Zweitlinien-Behandlung des hepatozellulären Karzinoms (HCC); OS: 10,6 Mo; TTP: 3,2 Mo [1]
    • Cabozantinib (Multikinasehemmer) hat in einer Phase 3-Studie das progressionsfreie Überleben von median 1,9 auf 5,2 Monate  und das Gesamtüberleben von 8,0 auf 10,2 Monate von Patienten mit hepatozellulärem Karzinom (HCC) verlängert, bei denen es zu einer Resistenz auf Sorafenib gekommen war [3]. (Zulassung ist inzwischen erfolgt: Monotherapie für die Behandlung des hepatozellulären Karzinoms (HCC) bei Erwachsenen, die zuvor mit Sorafenib behandelt wurden)
    • Ramucirumab (monoklonaler Antikörper (IgG1), der gegen den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor-Rezeptor 2 (VEGFR2) gerichtet ist) (OS: 8, 5 Mo; TTP: 3,02 Mo) für Patienten nach Sorafenib und bei AFP (Alpha-Fetoprotein) > 400 ng/ml
    • Pembrolizumab Immun-Checkpoint-Inhibitoren: PD-1-Inhibitor) (OS: 13,9 Mo; PFS: 3,0 Mo)
  • Eine medikamentöser Therapie mit Sorafenib kann auch in Kombination mit den lokal-ablativen Verfahren (z. B. Radiofrequenzablation, transarterielle Chemoembolisation) eingesetzt werden.
  • Supportive Therapie:
    • Aszites (Bauchwassersucht): Diuretika
    • Therapie klassischer Komplikationen wie Cholestase, Cholangitis, Thrombosen
    • Pruritus bei Patienten mit hepatogenem Ikterus [2]: 
      • Colestyramin (Resorptionshemmer für Cholesterin): 4-16 g/Tag (4 h getrennt von Einnahme anderer Medikamente)
      • Rifampicin (bakterizides Antibiotikum aus der Gruppe der Ansamycine): 150-600 mg/Tag; Cave: Hepatotoxizität (nach 4-12 Wochen)
      • Opioid-Antagonisten: Naloxon (0,2 μg/kg KG/min), Naltrexon (25-50 mg/Tag) 
      • Sertralin (Antidepressivum aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer): 75-100 mg/Tag
    • Schmerztherapie bei Knochenmetastasen
  • Im fortgeschrittenen Stadium erfolgt eine Palliativtherapie (ohne Heilungsansatz):
    • enterale Ernährung, z. B. Nahrungszufuhr über eine PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie: endoskopisch angelegter künstlicher Zugang von außen durch die Bauchdecke in den Magen)
    • Infusionstherapie über einen Portkatheter (Port; dauerhafter Zugang zum venösen oder arteriellen Blutkreislauf)
    • Schmerztherapie (gemäß WHO-Stufenschema; s. u. "Chronische Schmerzen")
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Legende: OS = Gesamüberleben; PFS = progressionsfreies Überleben; TTP = "time to progression"; ORR = objektive Ansprechrate

Weitere Hinweise

  • Patienten mit nicht resezierbarem hepatozellulären Karzinom:
    • Atezolizumab (monoklonaler Antikörper der Klasse IgG1κ gegen PD-L1) in Kombination mit Bevacizumab (monoklonaler Antikörper, der an den Gefäßwachstumsfaktor VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) bindet und dadurch dessen Wechselwirkung mit seinen Rezeptoren hemmt) als Erstbehandlung senkte das Sterberisiko verglichen mit der Standardtherapie mit Sorafenib um 42 % und verringerte das Risiko für einen sich verschlechternden Krankheitsverlauf um 41 % [4].
      Der Atezolizumab hat in Kombination mit Bevacizumab die EU-Zulassung bei erwachsenen Patienten mit fortgeschrittenem oder nicht resezierbarem hepatozellulären Karzinom (HCC) erhalten. Es ist damit die erste zugelassene Krebsimmuntherapie beim Leberzellkarzinom.
      Beachte: Unter der Therapie mit Atezolizumab können schwere kutane Nebenwirkungen (SCARs) einschließlich Fällen von Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und toxischer epidermaler Nekrolyse (TEN) auftreten (sehr selten, aber potentiell tödlich) [6].
      • Die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren führt bei ca. einem Viertel aller Fälle von Leberzellkarzinom zu einem Erfolg. Patienten, deren Leberzellkarzinom infolge einer chronisch-entzündlichen Fettlebererkrankung ausgelöst wurde, sprechen nicht auf diese Therapie an. Im Gegenteil: Im experimentellen Modell treibt eine solche Immuntherapie die Entstehung von Leberkrebs sogar zusätzlich an, wie die Forscher nun in der Zeitschrift Nature veröffentlichen [5].
    • Erstlinientherapie von Cabozantinib plus Atezolizumab senkte das Risiko für Krankheitsprogression oder Tod bei fortgeschrittenem hepatozellulären Karzinom im Vergleich zum Therapiestandard Sorafenib um 37 % [7]
  • Eine arterielle Infusions-Chemotherapie (HAIC) mit 5-Fluorouracil und Oxaliplatin (FOLFOX) hat bei mit mikrovaskulärer Invasion höhere Ansprechraten und ein längeres Gesamtüberleben als andere systemische Chemotherapie ergeben: 23,2 Monate ([95-%-Konfidenzintervall] [10,4; 30,3]) gegenüber 10,0 Monaten [6,8; 13,2] in der Kontrollgruppe. Die Gesamtüberlebensrate unter Therapie betrug nach 3 Jahren 80,4 % [71,9; 89,9]. Für die Kontrollgruppe lag die entsprechende Gesamtüberlebensrate bei 74,9 % [65,5; 85,7]. Die Rezidivraten waren 40,1 % unter HAIC und 55,7 % unter Routine-Follow-up [8].

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für das Immunsystem sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (A, C, E, D3, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
  • Spurenelemente (Chrom, Eisen, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
  • Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin, Flavonoide (Citrusfrüchte), Lycopin (Tomaten), Proanthocyanidine (Cranberrys), Polyphenole)
  • Weitere Vitalstoffe (Probiotische Kulturen: Laktobazillen, Bifidobakterien)

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Bruix J et al.: Regorafenib for patients with hepatocellular carcinoma who progressed on sorafenib treatment (RESORCE): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet. 2017 Jan 7;389(10064):56-66. doi: 10.1016/S0140-6736(16)32453-9. Epub 2016 Dec 6.
  2. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus. (AWMF-Registernummer: 013-048), Mai 2016 Kurzfassung Langfassung
  3. Abou-Alfa GK et al.: Cabozantinib in Patients with Advanced and Progressing Hepatocellular Carcinoma. N Engl J Med 2018; 379:54-63 doi: 10.1056/NEJMoa1717002
  4. Finn SR et al. Atezolizumab plus Bevacizumab in Unresectable Hepatocellular Carcinoma. N Engl J Med 2020; 382:1894-1905; doi: 10.1056/NEJMoa1915745
  5. Pfister D et al.: NASH precludes anti-tumor surveillance in immunotherapy-treated hepatocellular carcinoma. Nature 2021, doi: 10.1038/s41586-021-03362-0
  6. AkdÄ Drug Safety Mail: Rote-Hand-Brief zu Tecentriq® (Atezolizumab): Risiko für schwere kutane Nebenwirkungen (Severe Cutaneous Adverse Reactions, SCARs) 2021-23
  7. Kelley RK et al.: VP10-2021: Cabozantinib (C) plus atezolizumab (A) versus sorafenib (S) as first-line systemic treatment for advanced hepatocellular carcinoma (aHCC): Results from the randomized phase III COSMIC-312 trial. Ann Oncol 2021 https://doi.org/10.1016/j.annonc.2021.10.008
  8. Li SH, Mei J, Cheng Y, et al.: Postoperative adjuvant hepatic arterial infusion chemotherapy with FOLFOX in hepatocellular carcinoma with microvascular invasion: A multicenter, phase III, randomized study. J Clin Oncol 2023; 41: 1898-908.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus. (AWMF-Registernummer: 013-048), Mai 2016 Kurzfassung Langfassung
  2. S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karzinome. (AWMF-Registernummer: 032-053OL), August 2023 Kurzfassung Langfassung
     
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