Operative Therapie
Skoliose

Führt die konservative Therapie zu keinem Erfolg oder aber wird bei der Erstdiagnose einer adoleszenten idiopathi­schen Skoliose ein ausgeprägter Skoliose-Winkel von über 50 Grad festgestellt, wird in der Regel eine operative Vorgehensweise empfohlen [S2k-Leitlinie].

1. Ordnung

  • Die operative Therapie der Skoliose besteht in der Stabilisierung der Wirbelsäule mittels Stäben. Der betroffene Bereich wird versteift.
    • Korrektur der adoleszenten idiopathischen Skoliose in der Technik der dorsalen Spondylodese (Wirbelkörperverblockung/Operation zur Versteifung der Wirbelkörper von der Rückseite (dorsal))
  • Beachte: Magnetisch distrahierbare Implantate ("magnetically controlled growing rods", MCGR) erlauben inzwischen bei "Early-onset-Skoliosen (EOS)" eine nicht-invasive transkutane Verlängerung der Wirbelsäule während der Wachstumsphase und damit neben der Korrektur der Skoliose ein physiologisches Wirbelsäulenwachstum [2-4].

Indikationen (Skoliose im Wachstumsalter) gemäß International Scientific Society on Scoliosis Orthopaedic and Rehabilitation Treatment 2012 [1]

  • > 10° Cobb-Winkel*: klinische und radiologische Verlaufsbeobachtungen
  • 10°-20° Cobb-Winkel: zusätzlich Physiotherapie
  • 20°-50° Cobb-Winkel: zusätzlich Skolioseorthese,
  • Brustwirbelsäule > 50° Cobb-WinkelLendenwirbelsäule > 45° Cobb-Winkel: Operationsindikation
    Anmerkung: 
    Ab einem Cobb-Winkel von 40° kann/sollte eine Operation individuell abgestimmt erwogen werden.

*Wg. Cobb-Winkel siehe unter Skoliose/Medizingerätediagnostik"

Achtung!
Infantile Skoliosen korrigieren sich in 80 % der Fälle spontan und benötigen keine Therapie! Nur die verbeibenden, progredienten (fortschreitenden) Skoliosen bedürfen häufig der Therapie.

Mögliche Komplikationen

  • Allgemeine Operationsrisiken
  • Notwendigkeit von Bluttransfusion mit Fremdblut
  • Fehllage der Pedikelschrauben (mediale Lage einer oder mehrerer Pedikelschrauben) → neurologische Risiken 
  • Neurologische Ausfälle in Rahmen der Skoliosekorrektur
  • Verletzungen von Dura, Rückenmark und Nerven mit Querschnittläsion mit Inkontinenz (Unfähigkeit, den Harn zurückzuhalten), Hyp-, Dys- und Parästhesie (Empfindungsstörungen), Störung der Pallästhesie (Vibrationsempfinden) oder Hyperpathie (Überempfindlichkeit für sensible Reize)
  • Pareserisiko (Lähmungsrisiko)
  • Liquorlecks (Austreten von Hirnwasser (Liquor) aus den Liquorräumen) mit möglicher Liquorfistel
  • Pleuraverletzungen (Brustfellverletzung), die eine Thoraxdrainage (Ableitungssystem, das dazu dient, Flüssigkeiten und/oder Luft aus dem Brustkorb (Thorax) zu drainieren) erfordern
  • Gefäßverletzungen mit Nachblutungen
  • Atemwegsinfektion
  • Harnwegsverletzungen
  • Darmatonie ("Darmlähmung") mit Subileus (Vorstufe des Ileus) und Ileus (Darmverschluss) sowie Folgeoperationen
  • Lungenkomplikationen (1-18 %) – In einer Studie hatten 82 von 703 Patienten (= 11,8 %) postoperativ Lungenkomplikationen: Pleuraerguss (Flüssigkeitsansammlung in der Pleurahöhle, dem schmalen Spalt zwischen den Pleurablättern) (39 Patienten), Pneumonie (Lungenentzündung) (33), Pneumothorax (Ansammlung von Luft neben der Lunge; je nach Ausprägung lebensbedrohliches Krankheitsbild) (3), Atemversagen (3), Hämatothorax (Blutansammlung im Pleuraspalt) (2,) Lungenödem (Wasseransammlung in der Lunge) (1) und Lungenembolie (Lungenarterienembolie; Verschluss einer Lungenarterie durch einen Thrombus (Blutgerinnsel)) (1); Lungenembolie verlief tödlich [5].
  • Wundheilungsstörungen und Wundinfektionen
  • Infektionsrisiko
  • Ausbleiben einer knöchernen Fusion ("Verschmelzung") eines Wirbelsäulenabschnitts
  • Risiko der Lockerung von Implantaten
  • Eingeschränkte Beweglichkeit im stabilisierten Segment; evtl. postoperative Ruhigstellung mit einer Orthese (hier: medizinisches Hilfsmittel, das zur Stabilisierung, Entlastung, Ruhigstellung des Rumpfes/der Wirbelsäule eingesetzt wird)
  • Folgeoperationen, z, B. wg. Bruch von Schrauben- oder Stäben

Beachte: Postoperativ kann die Lungenfunktion bis 60 % reduziert sein.

Weitere Hinweise

  • Korrektur der adoleszenten idiopathischen Skoliose in der Technik der dorsalen Spondylodese (Wirbelkörperverblockung/Operation zur Versteifung der Wirbelkörper von der Rückseite (dorsal)): In der Gruppe der operierten Skoliosepatienten war nach 5 Jahren der Level der allgemeinen Aktivität höher als bei den nicht operierten Patienten und ähnlich hoch wie bei den Kontrollen [6].

Literatur

  1. Negrini S, Aneglo GA, Lorenzo A, Circo AB, de Mauroy C, Durmala J, Grivas Th, Knott P, Kotwicki T, Maruyama T, Minozzi S, O’Brien J, Papadopoulos, Rigo M, Rivard CH, Romano M, Wynne JH, Villagrasa M, Weiss HR, Zaina F (2012) 2011 SOSORT guidelines: Orthopaedic and Rehabilitation treatment of idiopathic scoliosis during growth. Scoliosis 7:3. doi: 10.1186/1748-7161-7-3
  2. Cheung KM, Cheung JP, Samartzis D et al.: Magnetically controlled growing rods for severe spinal curvature in young children: a prospective case series. Lancet 2012 May 26;379(9830):1967-74. doi: 10.1016/S0140-6736(12)60112-3.
  3. Akbarnia BA, Cheung K, Noordeen H et al.: Next generation of growth- sparing technique: preliminary clinical results of a magne tically controlled grow ing rod (MCGR) in 14 patients with early onset scoliosis. Spine 2013 Apr 15;38(8):665-70. doi: 10.1097/BRS.0b013e3182773560.
  4. Dannawi Z, Altaf F, Harshavardhana NS, Elsebaie H, Noordeen H: Early results of a remotely operated magnetic growth rod in early-onset scoliosis. Bone Joint J 2013 Jan;95-B(1):75-80. doi: 10.1302/0301-620X.95B1.29565.
  5. Wang Y et al.: Risk factors for postoperative pulmonary complications in the treatment of non‑degenerative scoliosis by posterior instrumentation and fusion. Eur Spine J 2019; https://doi.org/10.1007/s00586-019-05968-5
  6. Helenius L et al.: Back Pain and Quality of Life After Surgical Treatment for Adolescent Idiopathic Scoliosis at 5-Year Follow-up: Comparison with Healthy Controls and Patients with Untreated Idiopathic Scoliosis. J Bone Joint Surg Am 2019;101:1460-6

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Adoleszente Idiopathische Skoliose. (AWMF-Registernummer: 151-002), März 2023 Langfassung
     
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