Ursachen
Karpaltunnelsyndrom

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Ätiopathogenese des Karpaltunnelsyndroms (KTS) ist multifaktoriell und die meisten Fälle werden als idiopathisch eingestuft; 50-60% der Fälle sind bilateral (beidseitig).

Das KTS bedingt als Voraussetzung einen anatomischen Engpass im Bereich der Handwurzel. Zu den beschriebenen Symptomen kommt es durch eine Volumenzunahme des Tunnelinhalts.
Dadurch kommt es zur Kompression der Gefäße, die auch zu einer Ischämie (Minderdurchblutung) des Nervus medianus führen (= chronische Kompressionsneuropathie). Nachfolgend bildet sich ein Ödem (Schwellung), welches eine fokale Demyelinisierung (Entmarkung) begünstigt. Es kommt so zu Nervenfaserläsionen (Nervenfaserverletzungen).

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern – anatomischer Engpass; Normvarianten der Handwurzelknochenform
  • Hormonelle Faktoren – Schwangerschaft; Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) 7-43 % (auf Grundlage elektrophysiologischer Diagnostik); 34 % mit leichten bis mäßigen KTS-Symptomen; der mittlere Beschwerdegrad war nach der 32. Schwangerschaftswoche signifikant höher als davor [1]
  • Berufe – Berufe mit repetitiven (wiederholenden) manuellen Tätigkeiten mit Flexion (Beugung) und Extension (Streckung) der Handgelenke, durch kraftvolles Greifen oder durch Tätigkeiten bei denen Vibrationen auf Hände und Arme einwirken (z. B. Druckluftwerkzeuge) [Faktoren einzeln oder in Kombination]
    (z. B. Fließbandarbeiter in der Geflügelverarbeitung in der Geflügelverarbeitung, Fleischverpacker, Reinigungskräfte, Gärtner und Musiker) [Anerkennung als Berufskrankheit möglich]

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Durch Überlastung bedingt, z. B. schwere mechanische Arbeit (Berufskrankheiten-Liste; BK-Liste):
    • Einwirkung von Hand-Arm-Schwingungen (Vibrationen)
    • Erhöhter Kraftaufwand der Hände (kraftvolles Greifen)
    • Repetitive manuelle Tätigkeiten mit Flexion (Beugung) und Extension (Streckung) der Hände im Handgelenk
  • Häufige Nutzung von Smartphones: häufige Wischbewegungen, ständiger Einsatz des Daumens beim einarmigen Tippen und möglicherweise auch die Beugung des Handgelenks beim Betrachten des Bildschirms [2]
  • Fahrradfahren, insbesondere, wenn die Handposition am Lenker nicht optimal ist.
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Akromegalie endokrinologische Erkrankung, die durch eine Überproduktion des Wachstumshormons (somatotropes Hormon (STH), Somatotropin) hervorgerufen wird, mit ausgeprägter Vergrößerung der Körperendglieder oder vorspringenden Teile des Körpers (Akren), wie beispielsweise Hände, Füße, Unterkiefer, Kinn, Nase und Augenbrauenwülste
  • Amyloidose – extrazelluläre ("außerhalb der Zelle") Ablagerungen von Amyloiden (abbauresistente Proteine), die u. a. zu einer Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung; hier: Amyloid-Kardiomyopathie), Neuropathie (Erkrankung des peripheren Nervensystems) und Hepatomegalie (Lebervergrößerung) führen können.
  • Arthropathische Veränderungen an Handwurzelgelenken
  • Diabetes mellitus
  • Einblutungen, meist nach Traumata (Verletzungen) 
  • Ganglien (knotenförmige Ansammlungen von Nervenzellkörpern außerhalb des zentralen Nervensystems) an Handwurzelgelenken
  • Gicht (Arthritis urica/harnsäurebedingte Gelenkentzündung oder tophische Gicht)/Hyperurikämie (Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut)
  • Handgelenksarthrose
  • Handphlegmone ‒ diffuse Entzündung der Hand
  • Infektiöse Arthritis (Gelenkentzündung)
  • Lipofibromatose (fibröse Knochendysplasie) ‒  genetisch bedingte Erkrankung, die zu einer fortschreitenden Skelettfehlbildung führt
  • Mukopolysaccharidose (MPS) ‒ genetisch bedingte Speichererkrankung, die zur Gruppe der lysosomalen Speicherkrankheiten gerechnet werden. Sie beruhen auf Störungen des enzymatischen Abbaus der sauren Mukopolysaccharide (Glykosaminoglykane) durch lysosomale Hydrolasen, die zu Skelettveränderungen führen
  • Myxödem ‒ häufiges Symptom bei einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose); pastöse (aufgeschwemmt; gedunsen) Haut, die ein nicht eindrückbares, teigiges Ödem (Schwellung) zeigt, das nicht lageabhängig ist; im Gesichtsbereich und peripher; vor allem an den Unterschenkeln auftretend
  • Rheumatoide Arthritis – entzündliche Multisystemerkrankung, die sich meist in Form einer Synovialitis (Gelenkinnenhautentzündung) manifestiert (fast 50 % der Patienten)
  • Tenosynovitis (Synonyme: Tendosynovitis; Tendovaginitis) der Flexorensehnen (Sehnenscheidenentzündung der Beugesehnen) – führt zur Symptomatik eines Karpaltunnelsyndroms: durch das damit einhergehende Ödem (Anschwellung) kommt es zur Kompression des Nervus medianus. 
  • Traumata (Verletzungen): fehlverheilte Fraktur (Radiusfraktur/Bruch der Speiche nahe dem Handgelenk), hypertropher Kallus (verzögerte Frakturheilung)
  • Tumoren wie Lipome (Fettgeschwulst), Ganglien, synoviale Zyste oder Osteophyten (Knochenanbauten)

Labordiagnosen – Laborparameter, die als unabhängige Risikofaktoren gelten

  • Hyperurikämie (Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut)

Weitere Ursachen

  • Carpusfehlstellungen bei handgelenksnahen Frakturen
  • Dialysepatienten (30 % der Fälle am Shuntarm)
  • Hämatom (Bluterguss) unter Antikoagulantientherapie
  • Schwangerschaft

Literatur

  1. Meems M et al.: Prevalence, course and determinants of carpal tunnel syndrome symptoms during pregnancy: a prospective study. BJOG 2015, online 17. März; doi: 10.1111/1471-0528.13360
  2. Hoi Chi Woo E und White P: Effects of electronic device overuse by university students in relation to clinical status and anatomical variations of the median nerve and transverse carpal ligament. Muscle & Nerve (2017) doi: 10.1002/mus.25697 
     
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