Beinschmerzen – Differentialdiagnosen

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Hypocalcämie (Calciummangel)
  • Hypomagnesiämie (Magnesiummangel)

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Arteriell
    • Arterielle Embolie – Verschluss eines Blutgefäßes; der Embolus stammt aus dem Herzen oder großen Arterien und löst die Beinschwellung durch Verschluss einer Beinarterie aus
    • Arterielle Thrombose 
    • Ischämie (Minderdurchblutung) in den Arterien (chronische oder akute)
      • Schmerzen (falls akut: schlagartig auftretend)
      • hypoxisch toxisches Ödem
      • Zehen und der vordere Bereich des Fußes sind teigig und geschwollen
    • Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK; Synonym: Claudicatio intermittens arteriosa) – fortschreitende Stenosierung (Verengung) bzw. Okklusion (Verschluss) der die Arme/(häufiger) Beine versorgenden Arterien, meist aufgrund einer Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung); klinisches Bild: Schmerzen in den Muskeln (reproduzierbar), die sich in Ruhe nach wenigen Minuten rasch bessern: insb. Schmerzen im Fuß, Unterschenkel oder Oberschenkel
  • Venös
    • Beckenvenenthrombose (Verschluss der Beckenvenen, über die ein großer Teil des Blutes aus den Beinen wieder Richtung Herz fließt)
      • Schwellung und Schmerzen bis Oberschenkel
      • Haut überwärmt, rötlich-livide, Glanzhaut
    • Chronisch venöse Insuffizienz (CVI) – Störung des venösen Rücktransports; klinisches Bild:
      • Ödeme (Wassereinlagerungen) der Beine (68 %)
      • Gefühl der schweren Beine (müde Beine), vor allem nach langem Sitzen und Stehen [keine sichere Beziehung zum Schweregrad der Erkrankung]
      • schmerzende Beine, vor allem nach langem Sitzen und Stehen
      • atrophische Hautveränderungen
    • Claudicatio venosa
      • Zunehmendes Druckgefühl und Schwellung bei Belastung
      • Besserung der Beschwerden durch Hochlagerung
    • Phlegmasia coerulea dolens – akuter thrombotischer Verschluss aller Venen einen Beines, der zum Verlust der Extremität führen kann
    • Postthrombotisches Syndrom – chronische Stauung des Blutrückflusses zum Herzen als Folge einer Thrombose (Gefäßerkrankung, bei der sich ein Blutgerinnsel (Thrombus) in einer Vene bildet):
      • Gefühl der schweren Beine, vor allem nach langem Sitzen und Stehen
      • schmerzende Beine, vor allem nach langem Sitzen und Stehen
      • Wadenkrämpfe, Verhärtungen
    • Thrombophlebitis – Entzündung oberflächlich gelegener Venen mit sekundärer Ausbildung von Thrombosen
      • heftig geröteter Strang
      • sehr schmerzhaft
      • druckempfindlicher Strang im Venenverlauf
    • Tiefe Beinvenenthrombose (TBVT)
      • akutes Auftreten
      • Der Grad der Schwellung weist auf die Lokalisation der Thrombose hin.
      • schmerzhaft; der entzündungsbedingte Schmerz kann bereits einige Tage vor der Beinschwellung auftreten
      • Glanzhaut
      • Überwärmung (Calor)
    • Varizen 
      • dumpfer Schmerz in den Beinen nach längerem Stehen
      • Druckgefühl in den Beinen nach längerem Stehen
      • Schweregefühl in den Beinen
      • Spannungsgefühl in den Beinen
      • leichte Unterschenkelödeme
      • durch Hochlagerung wird Besserung erzielt
  • Lymphatisch
    • Lymphödem (Stauung der Lymphflüssigkeit)
      • Teigige Schwellung der Haut/Unterhaut (teigiges Ödem)
      • Positives Kaposi-Stemmer-Zeichen (klinisches Zeichen für das Vorliegen eines Lymphödems) – es ist positiv bei fehlender Abhebbarkeit der interdigitalen Haut an den Vorfüßen (ein negatives Kaposi-Stemmer-Zeichen schließt ein Lymphödem nicht aus)
      • Häufig trockene, juckende Haut

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)

  • Arthritis (Gelenkentzündung) 
    • gerötet, überwärmt, stark geschwollen
    • starke Schmerzen – zumeist abrupt auftretend
  • Arthrose – typische Symptome bzw. Beschwerden:
    • Anfangsschmerz (Anlauf- und Einlaufschmerzen häufig bei der Arthrose des Kniegelenks) [typisch für eine Arthrose ist: keine Beschwerden in Ruhe]
    • Gelenksteifigkeit
    • Belastungsschmerz
  • Aktivierte Arthrose (entzündlicher Schub einer degenerativen Gelenkerkrankung)
    • akutes Auftreten
  • Bakerzyste (Poplitealzyste (popliteal: zur Kniekehle gehörig); Kniekehlenzyste) – Zysten werden meistens erst zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr symptomatisch; können aber auch schon im 1. Lebensjahrzehnt beobachtet werden; Symptomatik: Druckgefühl im Bereich der Kniekehle mit gelegentlicher Ausstrahlung in die Wade
    • akutes Auftreten durch rupturierte Synonvialzyste (Gelenkzyste)
  • Claudicatio intermittens spinalis (Claudicatio spinalis) – Symptom des engen Spinalkanals; kann durch Kompression des Rückenmarks oder der Nervenwurzeln bedingt sein; führt zu unterschiedlichen Beschwerden im Bereich der unteren Extremität (sog. neurogene Claudicatio spinalis): Schmerzen beider Beine, einhergehend mit Krämpfen oder Schwächegefühl, oder Schmerzen des lumbalen Rückens, die belastungsabhängig (vor allem beim Abwärtsgehen) sind.
  • Ischialgie – Schmerzzustände im Versorgungsbereich des Nervus ischiadicus
  • Lumboischialgie – Kreuzschmerzen in der Lendenwirbelsäule, welche von dort in den Ober- und Unterschenkel ausstrahlen
  • Muskelverletzungen
    • Muskelfaserriss mit Einblutung/Hämatom (Bluterguss)
    • Muskelkontusion (Muskelprellung)
    • Muskelquetschung
    • Muskelriss
    • Muskelzerrung
  • Myalgie (Muskelschmerzen)
  • Rheumatoide Arthritis – chronisch entzündliche Multisystemerkrankung, die sich meist in Form einer Synovialitis (Gelenkinnenhautentzündung) manifestiert. Sie wird auch als primär-chronische Polyarthritis (PcP) bezeichnet.

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Neuralgie – Schmerzen im Ausbreitungsgebiet eines sensiblen Nerven ohne nachweisbare Ursache auftreten können
  • Nervenwurzelreizsyndrom
  • Neuropathien (Erkrankungen des peripheren Nervensystems) – diabetisch, alkoholisch
  • Polyneuropathien – Oberbegriff für Erkrankungen des peripheren Nervensystems, die mit chronischen Störungen der peripheren Nerven oder Anteilen von Nerven einhergehen; ca. 50 % aller Polyneuropathien gehen mit Schmerzen einher
  • Radikulitis (Nervenwurzelentzündung)

Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99) 

  •  Ödeme (beidseitig aufgrund von Herz-, Leber- und Niereninsuffizienz (Herz-, Leber- und Nierenschwäche)

Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)

  • Verletzungen im Knie- und Sprunggelenk
  • Verletzungen von Bändern oder der Gelenkkapsel

Weiteres

  • Zu feste Verbände

Medikamente, die zu einem Ödem (Schwellung) der Beine führen können:

  • ACE-Hemmer (angioneurotisches Ödem; Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): ca. 1 %; Mortalität (Sterberate): 1 %) – Benazepril, Captopril, Cilazapril, Enalapril, Fosinopril, Lisinopril, Moexipril, Peridopril, Quinapril, Ramipril, Spirapril
  • Analgetika
    • nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAR, nicht-steroidale (Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac, Indometacin, Ibuprofen, Meloxicam, Piroxicam) – führen u. a. zu verstärkten Flüssigkeitseinlagerungen im Bereich der Füße und der Knöchel
    • Selektive COX-2-Hemmer (Coxibe) – Celecoxib, Etoricoxib
  • Antidepressiva (Amitriptylin*/bei Patienten > 70. Lebensjahr)
  • Antihypertensiva – besonders Calciumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ/Nifedipin-Typ; zweite und dritte Generation wie Lercanidipin sind besser verträglich
    • typisch: Knöchelödem – nimmt im Laufe des Tages zu und bildet sich über Nacht wieder zurück
  • Antipsychotika (Neuroleptika)
    • Chlorpromazin*, Clozapin*, Haloperidol*, Thioridazin*
  • Diuretika* – vor allem Schleifendiuretika wie Furosemid und Torasemid, die Beinödeme auslösen können [Exsikkose]
  • Glitazone
    • typisch: periphere Ödeme
  • Hormone (führen u. a. zu verstärkten Flüssigkeitseinlagerungen im Bereich der Füße und der Knöchel)
    • Androgene (Testosteron, Testosteronenantat, Testosteronundecaonat)
    • Gestagene* (Etonogestrel, Desogestrel, Dienogest, Levonorgestrel, Medroxyprogesteronacetat, Medrogeston, Norelgestromin, Norethisteron)
    • Glucocorticoide* (Budenosid, Cortison, Fluticason, Prednisolon)
    • Östrogene* (Ethinylestradiol, Estradiol) – Östrogentherapie als Hormonersatztherapie (HT): Erhöhung des thromboembolischen Risikos um: + 6 Ereignisse pro 10.000 Frauen pro Anwendungsjahr
    • Östrogen-Gestagen-Kombinationen* (orale Kontrazeptiva: Ethinylestradiol + Norethisteron-/Norgestrel-Derivat – insbesondere in Kombination mit Rauchen; Hormonersatztherapie, HET; engl.: hormone replacement therapy / HRT) in der Menopause: Erhöhung des thromboembolischen Risikos um: + 17 Ereignisse pro 10.000 Frauen pro Anwendungsjahr
    • Wachstumshormon (Somatotropes Hormon (STH), Human Growth Hormone (hGH), Growth Hormone (GH), Wachstumshormon (WH), Somatropin (INN))
  • Laxantien – bei längerer und unkontrollierter Einnahme stören sie den Wasser- und Elektrolythaushalt sowie die Protein- und Mineralstoffkonzentration, wodurch der Abtransport von Flüssigkeit aus den Geweben beeinträchtigt wird
  • Psychopharmaka – atypische Neuroleptika, Lithium, MAO-Hemmer, trizyklische Antidepressiva
  • siehe auch Medikamente, die zu einer Myalgie (Muskelschmerzen) und Thrombose führen können

* Thrombosen/Embolien durch Medikamente