Hyaluronsäuretherapie

Hyaluronan, das Natriumsalz der Hyaluronsäure (engl. Hyaluronic acid, HA), ist ein Polysaccharid, genauer gesagt ein Glykosaminoglykan (GAG), das bei fast allen Wirbeltieren ein wesentlicher Bestandteil der extrazellulären Matrix (Extrazellularmatrix, Interzellularsubstanz, EZM, ECM) ist.

Die Hyaluronsäure ist fast ubiquitär ("überall vorkommend"). Sie tritt in höheren Konzentrationen vor allem in der Haut, im Knorpel, in den Bandscheiben und in der Synovialflüssigkeit ("Gelenkschmiere") der Gelenke auf. Des Weiteren ist sie Bestandteil im Glaskörper des Auges.

Die Synovialflüssigkeit wird von speziellen Membranproteinen in enger räumlicher Beziehung zur Zellmembran synthetisiert (gebildet) und in die Gelenkhöhle abgegeben. Sie dient der Lubrikation (Austritt von schleimiger Gleitflüssigkeit) und der Protektion (Schutz) aller inneren Oberflächen von Gelenken. Hyaluronan hat zudem eine antiphlogistische Wirkung, d. h. antientzündlicher Wirkung.

Eine Hyaluronsäuretherapie ist in der Regel sinnvoll, wenn einfachere Maßnahmen nicht zum Ziel führen und für eine Operation noch kein Anlass besteht.  

Exogen zugeführte Hyaluronsäure hat einen günstigen Einfluss auf den Gelenkknorpelstoffwechsel:

  • führt zu einer verbesserten Viskoelastizität
  • schützt die Kollagen-Proteoglykan-Matrix sowie Chondrozyten (Knorpelzellen) und Schmerzrezeptoren
  • verbessert den transsynovialen Fluss von Stoffwechselprodukten zu den Zellen und von Abbauprodukten aus dem Gelenk heraus
  • verbessert das Milieu für die Zellen und das sensorische System

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Die Hyaluronsäure-Präparate werden eingesetzt zur Behandlung von:

  • Gonarthrose (Kniegelenksarthrose) [5]
  • Großzehen-Grundgelenks (bei Hallux limitus und rigidus der Zeh ist in seiner Beweglichkeit limitiert; es handelt sich um ein Vorstadium des Hallux rigidus).
  • Coxarthrose (Hüftgelenksarthrose)
  • Omarthrose (Sprunggelenksarthrose) [6]
  • Rhizarthrose (Daumensattelgelenksarthrose) (zur symptomatischen Therapie)

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Entzündliche Gelenkerkrankungen wie beispielsweise Morbus Bechterew oder chronische Polyarthritis
  • Venöse oder lymphatische Stauungen im Bein

Wenn das Präparat Hühnerprotein enthält, stellt die Hühnerprotein-Unverträglichkeit eine Kontraindikation dar.

Das Verfahren

Die Hyaluronsäure wird direkt in das krankhaft veränderte Gelenk hinein gespritzt. 

Die Therapie wird kurmäßig durchgeführt. Therapieeffekte zeigen sich meistens erst einige Wochen später und halten oft über Monate an.

Herkunft der Hyaluronsäure 

Die Herkunft der Hyaluronsäure-Präparate ist unterschiedlich: Zum einen wird Hyaluronsäure aus Hahnenkämmen gewonnen und enthält somit Fremdeiweiß, zum anderen gibt es fermentativ gewonnene Hyaluronsäure, die frei von Hühnereiweiß ist. Neuerdings gibt es auch gentechnisch hergestellte Hyaluronsäure.

Hyaluronsäuretherapien können in Präparate mit niedrigem Molekulargewicht (LMW) (500-730 kDa)10 und Präparate mit hohem Molekulargewicht (HMW) (620-3200 kDa) eingeteilt werden, wohingegen natürliches menschliches HA ein einkettiges Produkt ist mit einem Molekulargewicht von 5000 kDa.

Wissenschaftliche Studien

Die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen wurden an Patienten mit Gonarthrose durchgeführt. Über die Symptomreduzierung durch die Hyaluronsäuretherapie gibt es bis heute keine einheitlichen Aussagen.

Eine Metaanalyse in der Zeitschrift "Journal of Bone and Joint Surgery" bestätigte den therapeutischen Effekt und die Sicherheit intraartikulärer Injektionen von Hyaluronsäure zur Behandlung der Kniegelenksarthrose [1]. Nach anderen Studien bringt die Anwendung von Hyaluron, wenn überhaupt, nur eine geringe Verbesserung der Symptomatik [2]. Ebenso kann eine strukturmodifizierender Effekt nicht bewiesen werden [3].

Die Evidenz (empirisch erbrachter Nachweis) der Hyaluronsäuretherapie wird in der EULAR-Leitlinie mit dem Level 1a bzw. 1b angegeben. Andere Leitlinien (OARSI, AAOS) stufen die Wirksamkeit als gering ein.

Mögliche Komplikationen

  • Gelenkinfektionen (Risiko ist sehr gering)
  • Schmerzen an der Einstichstelle oder Blutungen (ca. 8 %)

Weitere Hinweise

  • Nach arthroskopischer Meniskektomie (operative Entfernung der Menisken durch Kniegelenkspiegelung) beschleunigt eine Hyaluronsäuretherapie im Sinne einer Viskosupplementation weder die Beweglichkeit nach der Operation, noch reduziert sie den Schmerz [4].
  • In einer Metaanalyse, basierend auf 169 Studien mit 21.153 Teilnehmer konnte gezeigt werden, dass eine Hyaluronsäureinjektion bei Gonarthrose-Patienten zwar eine geringe, aber statistisch signifikante schmerzlindernde Wirkung hat, aber die Verbesserung der Gelenkfunktion unterhalb der Grenze für einen klinisch relevanten Unterschied war. Zu beachten ist auch, dass es laut Metaanalyse bei 3,7 % der Patienten zu schweren Nebenwirkungen gegenüber 2,5 % in der Placebogruppe kam [5].
  • Omarthrose (Schultergelenksarthrose): Injektionen von Hyaluronsäure ins arthrotische Schultergelenk lindern Schmerzen stärker als die alleinige Physiotherapie oder Corticoidinjektionen [6].

Literatur

  1. Wang CT, Lin J, Chang CJ, Lin YT, Hou SM: Therapeutic effects of hyaluronic acid on osteoarthritis of the knee. A meta-analysis of randomized controlle d trials. J Bone Joint Surgery Am 2004; 86-A(3) : 538-45
  2. Arnold I: Die intraartikuläre Therapie mit Hyaluronsäure – Stellenwert 2007. Arthritis + Rheuma 2007; 27 (4): 225-231
  3. Dinser R, Langer U, Müller-Ladner U: Chondroprotektiva. Arzneimitteltherapie 2007; 25: 258-62
  4. Filardo G et al.: No Effects of Early Viscosupplementation After Arthroscopic Partial Meniscectomy: A Randomized Controlled Trial. Am J Sports Med 2016; online 15. August; doi: 10.1177/0363546516660070
  5. Pereira TV et al.: Viscosupplementation for knee osteoarthritis: systematic review and meta-analysis BMJ 2022;378:e069722
  6. Familiari F et al.: Efficacy of intra‐articular injections of hyaluronic acid in patients with glenohumeral joint osteoarthritis: A systematic review and meta‐analysis. J Orthop Res 2023; https://doi.org/10.1002/jor.25648

Leitlinien

  1. Kathmann W: EULAR-Leitlinie zur intraartikulären Therapie. Orthopädie & Rheuma 2020;23:16-1

     
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