HPV-Infektion – Einleitung

Humane Papillomaviren (HPV) sind eine große Gruppe von Viren mit über 200 vollständig klassifizierten Typen und zahlreichen partiellen Sequenzen, die vermutlich neue, bisher nicht klassifizierte Typen darstellen [2]. HPV ist hauptsächlich für Haut- und Schleimhautwarzen verantwortlich. Etwa 40 dieser HPV-Typen befallen den Genitaltrakt.

Synonyme und ICD-10: Condylomata; Condylomata acuminata; Condylomata ani; Condylomata vulvae; HPV Infektion; HPV-Infektion (human papilloma virus); HPV-Viren; human papilloma virus; humane Papillomviren; Kondylom; Papillom; Papilloma; Papilloma acuminatum sive venereum; spitzes Kondylom; venerische Verruca; venerische Warze; venerische Warze der Anogenitalregion; venerische Warze der äußeren Geschlechtsorgane; Verruca acuminata; Vulvakondylom; weibliches Papillom; ICD-10-GM A63.0: Anogenitale (venerische) Warzen; ICD-10ICD-10-GM B97.7!: Papillomaviren als Ursache von Krankheiten, die in anderen Kapiteln klassifiziert sind

Formen der HPV-Infektionen

HPV-Typen werden in fünf große Genera eingeteilt (α, β, γ, µ und ν). Die α-HPV werden hinsichtlich ihres onkogenen Potenzials in Hochrisiko- ("high-risk", HR) und Niedrigrisiko- ("low-risk", LR) Typen unterteilt [3].

  • Harmlos: Einige HPV-Typen (z. B. HPV 1, 2, 3, 4, 10) verursachen harmlose Hautwarzen.
  • Hochrisiko: HPV 16 und 18 sind an der Entstehung von malignen Neoplasien wie dem Cervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs), Kopf-Hals-Tumoren, Penis-, Vaginal-, Vulva- und Analkarzinomen beteiligt.
  • Niedrigrisiko: HPV 6 und 11 verursachen in 90 % der Fälle anogenitale Warzen (Condylomata acuminata).

Die Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) der Genitalien und der Analregion gehört weltweit zu den häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen (engl. STD (sexually transmitted diseases) oder STI (sexually transmitted infections)).

Übertragung des Erregers

Die Übertragung des Humanen Papillomavirus (HPV) erfolgt hauptsächlich durch Geschlechtsverkehr. Weitere Infektionswege umfassen Schmierinfektionen, sonstigen Körperkontakt und möglicherweise auch das Berühren kontaminierter Gegenstände.

  • Perinatale Übertragung: Eine Rolle spielt auch die horizontale Übertragung während der Geburt von der Mutter auf das Kind. In einer Studie mit HPV-positiven Müttern waren knapp 11 % der Plazenten (Mutterkuchen) und rund 7 % der Neugeborenen HPV-positiv [7].
  • Sexuelle Übertragung: Die Transmissionsrate genitoanaler Warzen zwischen Sexualpartnern ist sehr hoch und liegt bei etwa 65 %. Der Gebrauch von Kondomen reduziert das Infektionsrisiko um etwa 60-70 %.
  • Lebenszeitprävalenz: Über 80-90 % der sexuell aktiven Personen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit α-HPV [4, 5].

Epidemiologie

Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Auftreten von Krankheitssymptomen) variiert je nach klinischer Manifestation:

  • Allgemeine HPV-Infektion: Mindestens 4 Wochen.
  • Condylomata acuminata (Feigwarzen): Durchschnittlich 3 Monate (Spanne: 3 Wochen bis 18 Monate).
  • Cervixkarzinome (Gebärmutterhalskrebs): In der Regel 10-15 Jahre.
  • HPV-assoziierte Kopf-Hals-Tumoren: Insbesondere die Inkubationszeit für oropharyngeale Tumoren ist unbekannt.

Beachte: In den Industrienationen sterben inzwischen mehr Menschen an HPV-assoziierten oropharyngealen Tumoren als an Cervixkarzinomen (5-Jahres-Überlebensrate: ca. 51 %).

Geschlechterverhältnis: Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend zwischen 20 und 25 Jahren auf (nachweisbare HPV-Infektionen). Mit zunehmendem Alter sinkt die Häufigkeit.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)

  • Frauen: In Europa liegt die Prävalenz der HPV-Infektion bei 8-15 %. Weltweit variiert sie zwischen 2-44 %.
  • Männer: Die Prävalenz liegt bei bis zu 12,4 %. HPV 16, der Virustyp, der im Zusammenhang mit Karzinomen im Mund- und Rachen sowie Penis- und Analkarzinom steht, ist am weitesten verbreitet (0,6-3,9 %) [1].

Verlauf und Prognose

Verlauf

Humane Papillomaviren (HPV) sind weitverbreitet und können sowohl harmlose Hautwarzen als auch schwerwiegende Erkrankungen wie Krebs verursachen. Der Verlauf der Infektion hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich des spezifischen HPV-Typs und des Immunstatus des betroffenen Individuums.

Akute Phase

  • Asymptomatische Infektion: Bei den meisten infizierten Personen verläuft die Infektion asymptomatisch und wird oft nicht bemerkt.
  • Symptomatische Infektion: Einige Personen entwickeln sichtbare Warzen (Condylomata acuminata) oder andere Symptome.

Persistenz und Clearance

  • Spontane Clearance: Bei immunkompetenten Personen heilt die Infektion in 90 % der Fälle innerhalb von Monaten bis zu eineinhalb Jahren von selbst aus.
  • Persistierende Infektion: In einigen Fällen kann die Infektion andauern und das Risiko für maligne Transformationen (bösartige Veränderungen) erhöhen.

Chronische Infektion und Komplikationen

  • Condylomata acuminata: Genitalwarzen können sich in bis zu 30 % der Fälle spontan zurückbilden, neigen jedoch dazu, wiederzukehren. Das Risiko eines Rezidivs liegt bei mindestens 20-30 %.
  • Maligne Transformation: Bei einer persistierenden Infektion mit Hochrisiko-HPV-Typen (wie HPV 16 und 18) erhöht sich das Risiko für die Entwicklung von Krebserkrankungen wie Cervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs) erheblich.

Prognose

Die Prognose einer HPV-Infektion hängt stark vom Immunstatus des Patienten und dem HPV-Typ ab.

Immunstatus

  • Immunkompetente Personen: Bei gesunden Personen verläuft die Infektion meistens transient (vorübergehend) und asymptomatisch.
  • Immunsupprimierte Personen: Bei Personen mit geschwächtem Immunsystem kann die Infektion persistieren und ein höheres Risiko für schwere Komplikationen darstellen.

HPV-Typ

  • Niedrigrisiko-HPV-Typen (LR-HPV): Diese Typen verursachen meist gutartige Läsionen wie Genitalwarzen.
  • Hochrisiko-HPV-Typen (HR-HPV): Diese Typen sind an der Entstehung von malignen Neoplasien (bösartigen Neubildungen) wie Cervixkarzinomen beteiligt.

Impfung

  • Wirksamkeit: Die Einführung der HPV-Impfung hat die Raten impfprävalenter HPV-Infektionen kontinuierlich gesenkt, von 9,1 % in den Jahren 2008 bis 2010 auf 4,7 % im Zeitraum 2017 bis 2019. Allerdings sind gleichzeitig die Inzidenzen der nicht impfprävalenten HPV-Infektionen weiter angestiegen: Besonders auf dem Vormarsch sind HPV-56 und HPV-68, die ebenfalls mit Cervixkarzinomen assoziiert sind [6].

Zusammenfassung

Die meisten HPV-Infektionen verlaufen asymptomatisch und heilen spontan ab. Persistierende Infektionen mit Hochrisiko-HPV-Typen können jedoch zu malignen (bösartigen) Veränderungen führen. Die HPV-Impfung hat signifikant zur Reduktion impfprävalenter HPV-Infektionen beigetragen, jedoch ist weiterhin Vorsicht geboten aufgrund der Zunahme nicht impfprävalenter HPV-Infektionen. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen bleiben daher essenziell, auch für geimpfte Personen.

Literatur

  1. Hebnes J et al.: Prevalence of Genital Human Papillomavirus among Men in Europe: Systematic Review and Meta-Analysis. J Sex Med 2014, online 3. August; doi: 10.1111/jsm.12652
  2. http://www.hpvcenter.se
  3. Bernard HU (2013) Taxonomy and phylogeny of papillomaviruses: an overview and recent developments. Infect Genet Evol 18:357-361
  4. Giuliano AR, Lee JH, Fulp W et al.: Incidence and clearance of genital human papillomavirus infection in men (HIM): a cohort study. Lancet 2011;377:932-940
  5. Schiffman M, Castle PE, Jeronimo J, Rodriguez AC, Wacholder S: Human papillomavirus and cervical cancer. Lancet 2007;370:890-907
  6. Schlecht N F et al.: Incidence and Types of Human Papillomavirus Infections in Adolescent Girls and Young Women Immunized With the Human Papillomavirus Vaccine. JAMA Netw Open. 2021;4(8):e2121893. doi:10.1001/jamanetworkopen.2021.21893
  7. Khayargoli P et al.: Human Papillomavirus Transmission and Persistence in Pregnant Women and Neonates. JAMA Pediatr 2023; https://doi.org/10.1001/jamapediatrics.2023.1283

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Anale Dysplasien und Analkarzinome bei HIV-Infizierten: Prävention, Diagnostik, Therapie. (AWMF-Registernummer: 055-007), September 2013 Langfassung
  2. Workowski KA, Bolan G: Sexually transmitted diseases treatment guidelines, 2015. Jun 5; 64 (RR-03): 1-137
  3. S2k-Leitlinie: HPV-assoziierte Läsionen der äußeren Genitoanalregion und des Anus – Genitalwarzen und Krebsvorstufen der Vulva, des Penis und der peri- und intraanalen Haut . (AWMF-Registernummer: 082-008), September 2017 Kurzfassung Langfassung
  4. S2k-Leitlinie: Sexuell übertragbare Infektionen (STI) - Beratung, Diagnostik, Therapie. (AWMF-Registernummer: 059 - 006), August 2018 Langfassung
  5. S3-Leitlinie: Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien. (AWMF-Registernummer: 082 - 002), Mai 2020 Kurzfassung Langfassung
  6. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung