Einleitung
Lichen sclerosus

Lichen sclerosus (LS) (λειχήν/leichen = Flechte an Bäumen oder Körpern; σκληρός/sklēros = trocken, hart, fest, spröde) ist eine chronisch, entzündliche, vernarbende Hauterkrankung, die durch eine lymphatische Reaktion gekennzeichnet ist und beide Geschlechter bevorzugt im Genitalbereich betrifft.

Derzeit sind noch verschiedene Krankheitsbegriffe in Deutschland üblich, je nachdem ob der „alte“ ICD 10 oder der „neue“ ICD 11 Anwendung finden. Der ICD 11 ist seit Januar 2022 in Kraft und wird in Deutschland derzeit bearbeitet. In dieser Fassung sind die genitalen Dermatosen gründlich überarbeitet und auf den neuesten wissenschaftlichen Stand gebracht worden. Mit dem Code EB 60.0 ist der Lichen sclerosus der Vulva und mit dem Code EB 60.1, der Lichen sclerosus des Penis gelistet [1].

Die British Association of Dermatologists hat 2018 Guidelines für die Behandlung des Lichen sclerosus veröffentlicht [2]. Im Unterschied zum ICD 10 sind einige Begriffsbezeichnungen, weil obsolet, gestrichen. Nicht mehr verwendet werden sollten folgende Synonyma, die noch in der evidenzbasierten Leitlinie (S3) von 2015 veröffentlicht wurden [3]: Lichen sclerosus et atrophicus, Lichen albus, hypoplastische Dystrophie, Kraurosis Vulvae, Weißfleckenkrankheit und Balanitis xerotica obliterans bei Männern.

Der Lichen sclerosus et atrophicus (LSA) befällt in über > 80 % der Fälle die Genitalregion.

Die Erkrankung ist nicht ansteckend.

Geschlechterverhältnis: Männer zu Frauen beträgt 1 : 6-10 3-10 [3, 4].

Häufigkeitsgipfel: Bei Kindern tritt die Erkrankung vorwiegend zwischen dem 5. und 11. Lebensjahr auf. Frauen und Männer sind im Regelfall im 5. und 6. Lebensjahrzehnt betroffen; betroffen sind meist unbeschnittene Männer. Frauen bevorzugt nach der Menopause [2,3].

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) ist nicht genau bekannt. Sie wird wahrscheinlich unterschätzt, da ein Drittel der Fälle asymptomatisch sind [3]. Sie wird bei Kindern und Frauen auf 0,1 %-3 %, bei Männern auf 0,07 % geschätzt [2,3].

Verlauf und Prognose: Bei Lichen sclerosus handelt sich um eine chronisch entzündliche Bindegewebserkrankung mit evtl. jahrzehntelangem, schubweisen Verlauf. Durch Versuche der Selbsttherapie verzögert sich häufig die Diagnosestellung.
Bei Jungen/Männern wird im Regelfall der Penis (Glans und Präputium) befallen. Man spricht dabei von einer Balanitis xerotica obliterans (eine Form der Eichelentzündung), die zu einer operationsbedürftigen Phimose (Vorhautverengung) führt.
Bei weiblichen Kleinkindern kann die Krankheit das Hymen (Jungfernhäutchen) zerstören. Bei Frauen wird in ca. 90 % der Fälle der Genitoanalbereich befallen. Die Erkrankung zeigt im Spätstadium unterschiedliche Schweregrade einer Atrophie (Rückbildung) der Vulva (Gesamtheit der äußeren primären Geschlechtsorgane).
Beim kindlichen Lichen sclerosus besteht die Chance der Ausheilung.

Komorbiditäten (Begleiterkrankungen): Es besteht eine gehäufte Komorbidität (Begleiterkrankung) mit Autoimmunerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 1, Hashimoto-Thyreoiditis (Autoimmunerkrankung, die zu einer chronischen Entzündung der Schilddrüse führt) und Vitiligo (Weißfleckenkrankheit). Des Weiteren treten gehäuft auf entzündliche Darmerkrankungen, Alopecia areata (kreisrunde Haarausfall), perniziöse Anämie (Form der Blutarmut), rheumatoide Arthritis  (chronisch entzündliche Multisystemerkrankung, die sich meist in Form einer Synovialitis (Gelenkinnenhautentzündung) manifestiert; sie befällt überwiegend die Gelenke, seltener auch andere Organe wie z. B. Augen und Haut) und Psoriasis (Schuppenflechte).

Die Prognose ist quoad vitam ("in Bezug auf das Leben/Überleben") gut, quoad sanationem ("in Bezug auf die Heilung") zweifelhaft.

Autoren: Prof. Dr. med. G. Grospietsch, Dr. med. W. G. Gehring

Literatur

  1. ICD-11 in Deutsch-Entwurfsfassung. BfArM. http://www.bfarm.de › ICD-11 › uebersetzung › _node 2.
  2. Lewis FM, Tatnall FM, Velangi SS et al.: British Association of Dermatologists guidelines for the management of lichen sclerosus, 2018. J Dermatol. 2018 Apr;178(4):839-853. doi: 10.1111/bjd.16241.
  3. Kirtschig G, Becker K, Günthert A: Evidence-based (S3) Guideline on (anogenital) Lichen sclerosus. .J Eur Acad Dermatol Venereol. 2015 Oct;29(10):e1-43. doi: 10.1111/jdv.13136
  4. Kirtschig G: Lichen sclerosus—presentation, diagnosis and management. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 337-43. doi: 10.3238/arztebl.2016.0337

Leitlinien

  1. Kirtschig G, Becker K, Günthert A: Evidence-based (S3) Guideline on (anogenital) Lichen sclerosus. .J Eur Acad Dermatol Venereol. 2015 Oct;29(10):e1-43. doi: 10.1111/jdv.13136
  2. Lewis FM, Tatnall FM, Velangi SS et al.: British Association of Dermatologists guidelines for the management of lichen sclerosus, 2018. J Dermatol. 2018 Apr;178(4):839-853. doi: 10.1111/bjd.16241.

     
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