Juckreiz (Pruritus) – Einleitung

Beim Pruritus – umgangssprachlich Juckreiz genannt – (Synonym: Hautjucken; ICD-10-GM L29.9: Pruritus, nicht näher bezeichnet) handelt es sich um eine Missempfindung der Haut, die zum Kratzen zwingt.

Eine Einteilung des Pruritus wird vorgenommen:

Nach der Lokalisation

  • lokalisierter Pruritus: Juckreiz an einer Körperstelle, z. B. am After (Pruritus ani), Vulva (Scheidenjuckreiz; Pruritus vulvae)
  • generalisierter Pruritus: Juckreiz am ganzen Körper

Nach dem Hautbefund

  • Pruritus sine materia – Juckreiz ohne sichtbare Hautveränderungen, der auf eine endogene Erkrankung (internistische, neurologische oder psychiatrische Erkrankungen) hinweisen kann (in ca. 50 % der Fälle ohne nachweisbare auslösende Faktoren, idiopathischer Pruritus)
  • Pruritus cum materia – Juckreiz mit sichtbaren Hautveränderungen; Begleiterscheinung von Dermatosen (Hauterkrankungen) wie dem atopischen Ekzem (Neurodermitis) oder der Urtikaria (Nesselsucht)
  • Pruritus bei chronischen Kratzläsionen – Juckreiz auf dem Boden dermatologischer oder nicht dermatologischer Erkrankungen

Nach dem Verlauf

  • Akuter Pruritus versus chronischer Pruritus (CP; > 6 Wochen)
  • Abhängig von der Tageszeit
  • Abhängig von der Jahreszeit

Ein Pruritus kann Symptom vieler Erkrankungen sein (siehe unter "Differentialdiagnosen").

Beim erstmaligen Auftreten des chronischen Pruritus sind Männer älter als Frauen.

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) des chronischen Pruritus liegt bei unter 30-Jährigen bei 12,3 % und steigt bis auf 20,3 % bei 60- bis 70-Jährigen an (in Deutschland) [1]. Auch Kinder leiden häufig unter Juckreiz.

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) des chronischen Pruritus liegt bei 7 %.

Verlauf und Prognose 

Verlauf

Der Verlauf des Pruritus hängt von seiner Ursache ab und kann akut oder chronisch sein. Akuter Pruritus tritt plötzlich auf und dauert weniger als sechs Wochen, während chronischer Pruritus länger als sechs Wochen anhält und oft rezidiviert. Bei chronischem Pruritus ist die Ursache häufig schwer zu identifizieren, und der Zustand kann trotz Behandlung persistieren. Besonders der chronische Pruritus neigt dazu, die Lebensqualität erheblich zu beeinträchtigen und kann zu Schlafstörungen und psychischen Belastungen führen. Der Pruritus kann sowohl tagsüber als auch nachts auftreten und sich je nach Jahreszeit ändern.

Prognose

Die Prognose des Pruritus variiert stark je nach Ursache und individueller Reaktion auf die Behandlung. Die Behandlung erfolgt ursachenbezogen und sollte so früh wie möglich beginnen, um die Chronifizierung zu vermeiden. Mittels adäquater Pharmakotherapie, wie nicht sedierenden Antihistaminika und Gabapentinoiden, kann bei vielen Patienten eine Linderung der Symptome erreicht werden.

Allerdings bleibt chronischer Pruritus in einigen Fällen trotz Behandlung bestehen und kann zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität führen. Patienten mit Pruritus haben ein erhöhtes Risiko für Komorbiditäten, insbesondere für Malignome, was eine gründliche diagnostische Abklärung erforderlich macht.

Insgesamt ist die Prognose des chronischen Pruritus aufgrund der vielfältigen Ursachen und der oft schwierigen Therapie herausfordernd. Ein interdisziplinärer Ansatz ist empfehlenswert, um eine bestmögliche Behandlung und Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen.

Komorbiditäten (Begleiterkrankungen)

Patienten mit Pruritus erkranken fast sechsmal so häufig an einem Malignom (Tumorerkrankung) wie Patienten ohne dieses Symptom [2]. Bei 36 % der Fälle eines Malignoms lag zudem ein Exanthem (Hautausschlag) vor. Details zu Pruritus und Malignom siehe unter "Ursachen/Neubildungen".

Literatur

  1. Ständer S, Schäfer I, Phan NQ et al.: Prevalence of chronic pruritus in Germany: results of a cross-sectional study in a sample working population of 11,730. Dermatology (Basel) 2010;221(3):229-35. doi: 10.1159/000319862. Epub 2010 Oct 1
  2. Larson VA et al.: Association between itch and cancer in 16,925 pruritus patients: Experience at a tertiary care center. JAAD 2018; online 11. September 2018 doi: https://doi.org/10.1016/j.jaad.2018.08.044

Leitlinien

  1. Patientenleitlinie: Supportive Therapie – Merkblatt Exanthem-Pruritus; Ratgeber für Patientinnen und Patienten. April 2017. Leitlinienprogramm Onkologie
  2. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus. (AWMF-Registernummer: 013-048), März 2022 Langfassung