Nasenlaufen (Rhinorrhoe) – Medizingerätediagnostik

Fakultative Medizingerätediagnostik – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese (Krankengeschichte), der körperlichen Untersuchung, Labordiagnostik und der obligaten Medizingerätediagnostik – zur differentialdiagnostischen Abklärung (Abgrenzung anderer Ursachen)

Die Rhinorrhoe (Nasenausfluss, „laufende Nase“) ist ein häufiges, meist gutartiges Symptom, das zahlreiche Ursachen haben kann – von banalen Infekten (Erkältungen) der oberen Atemwege über allergische und vasomotorische Rhinitiden (nicht allergische Entzündung der Nasenschleimhaut) bis zu strukturellen oder liquorrhoeassoziierten Störungen der Nasennebenhöhlen (luftgefüllte Hohlräume im Schädel) und Schädelbasis (unterer Schädelbereich).
Während die Diagnostik in der Regel klinisch und laborchemisch erfolgt, kann bei unklarer, persistierender oder einseitiger Rhinorrhoe eine bildgebende Abklärung erforderlich werden, um entzündliche, anatomische oder traumatisch-postoperative Ursachen sowie ein mögliches Liquorleck (Austritt von Gehirnflüssigkeit) zu erkennen.

Indikationen (Anwendungsgebiete) für fakultative bildgebende Diagnostik

  • Persistierende oder wiederkehrende Rhinorrhoe trotz ausreichender Therapie und unauffälliger Basisdiagnostik
  • Einseitige, klare, wässrige Rhinorrhoe mit Zunahme bei Vorbeugung oder Pressen (Hinweis auf Liquorleck)
  • Verdacht auf anatomische Varianten, Polypen (Schleimhautwucherungen), Schleimhautverdickungen oder chronisch-entzündliche Veränderungen der Nasennebenhöhlen
  • Traumatische (verletzungsbedingte) oder postoperative Läsionen (Schädigungen) der Schädelbasis
  • Verdacht auf Tumoren (Geschwülste), Zysten (flüssigkeitsgefüllte Hohlräume) oder zerstörende Prozesse im Bereich der Nasennebenhöhlen oder der Schädelbasis

Bildgebende Verfahren (Darstellungsmethoden)

  • Röntgenaufnahme der Nasennebenhöhlen (NNH) – heute nur noch orientierend, z. B. bei begrenzter Verfügbarkeit moderner Schnittbildverfahren (CT oder MRT).
    • Geringe Genauigkeit, daher veraltet zur Abklärung einer Rhinorrhoe.
    • Kann bei unkomplizierten Rhinitiden oder Sinusitiden (Nebenhöhlenentzündungen) ergänzend zur Verlaufskontrolle eingesetzt werden.
  • Computertomographie (CT) der Nasennebenhöhlen (NNH-CT)
    • Standardverfahren zur Darstellung knöcherner Strukturen, anatomischer Varianten und chronisch-entzündlicher Veränderungen.
    • Hochauflösende Technik (Schichtdicke ≤ 1 mm), multiplanare Rekonstruktionen (koronal/sagittal) zur Beurteilung der Schädelbasis.
    • Bei Verdacht auf Liquorrhoe: Lokalisation möglicher Defekte (z. B. Siebbeinlamellen, Keilbeinhöhle, Felsenbein).
    • In Kombination mit endonasaler (durch die Nase erfolgender) Untersuchung essenziell für die Operationsplanung.
  • Magnetresonanztomographie (MRT) der Nasennebenhöhlen und Schädelbasis
    • Ergänzend zur CT bei unklaren Weichteilbefunden, Verdacht auf Tumor, Polyp, Meningozele (Hernie der Hirnhäute) oder Meningoenzephalozele (Vorwölbung von Hirngewebe).
    • MR-Cisternographie (Spezial-MRT) zur Darstellung von Liquorleckagen (Austritt von Gehirnflüssigkeit).
    • Vorteil: keine Strahlenbelastung; Nachteil: geringere Auflösung knöcherner Strukturen.
  • CT-Cisternographie (CT mit Kontrastmittelgabe in den Rückenmarkskanal)
    • Hohe Empfindlichkeit (bis 90 %) zur Lokalisation aktiver Liquorlecks.
    • Indiziert bei klinischem Verdacht und nicht eindeutigem MRT- oder CT-Befund.
    • Invasiv; erfordert Lumbalpunktion (Punktion des Rückenmarks) und Kontrastmittelgabe in den Subarachnoidalraum (Flüssigkeitsraum um das Rückenmark).
    • Strahlenexposition und Kontrastmittelrisiken müssen beachtet werden.

Diagnostische Vorgehensweise

  1. Schritt 1: Klinische Untersuchung, endoskopische Inspektion und ggf. Labor (β2-Transferrin oder β-Trace-Protein zum Nachweis eines Liquorlecks).
  2. Schritt 2: Hochauflösende NNH-CT als primäre bildgebende Methode zur anatomischen Beurteilung.
  3. Schritt 3: Ergänzende MRT bei unklaren Befunden oder Verdacht auf Weichteilpathologie bzw. intrakranielle Kommunikation (Verbindung zum Gehirn).
  4. Schritt 4: CT-Cisternographie bei nicht lokalisierbarer, persistierender Liquorrhoe.

Befundrelevanz (Bedeutung der Ergebnisse)

  • CT: Identifikation von Knochendefekten, Schleimhautschwellung, Polypen, posttraumatischen Veränderungen oder Tumorinfiltrationen.
  • MRT: Darstellung von Liquorräumen (Räumen mit Gehirnflüssigkeit), Weichteilkomponenten und Differenzierung zwischen Schleim, Sekret und Liquor.
  • CT-Cisternographie: Exakte Lokalisation des Liquorlecks mit Darstellung des Kontrastmittelaustritts in die Nasennebenhöhlen.

Einschränkungen und Risiken

  • CT: Strahlenexposition; eingeschränkter Weichteilkontrast
  • MRT: Bewegungsartefakte, längere Untersuchungsdauer, eingeschränkte Verfügbarkeit
  • CT-Cisternographie: Invasivität, Risiko für postpunktionellen Kopfschmerz und Kontrastmittelreaktionen

Zusammenfassung

Die fakultative Medizingerätediagnostik der Rhinorrhoe umfasst primär die hochauflösende Computertomographie der Nasennebenhöhlen (NNH-CT), ergänzt durch MRT oder MR-Cisternographie bei Verdacht auf Liquorrhoe oder Weichteilpathologie.
Die CT-Cisternographie bleibt ein spezialisiertes Verfahren zur exakten Lokalisierung aktiver Cerebrospinalflüssigkeitslecks (Austritt von Gehirnflüssigkeit).
Die Auswahl des Verfahrens richtet sich strikt nach klinischer Fragestellung, Befundlage und therapeutischer Konsequenz.

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