Körperliche Untersuchung
Synkope und Kollaps

Eine umfassende klinische Untersuchung ist die Grundlage für die Auswahl der weiteren diagnostischen Schritte:

  • Beurteilung des Bewusstseins mithilfe der Glasgow Coma Scale (GCS)
  • Allgemeine körperliche Untersuchung – inklusive Blutdruck, Puls, Körpergewicht, Körpergröße; des Weiteren:
    • Inspektion (Betrachtung)
      • Haut und Schleimhäute [Zeichen der Verletzung infolge eine möglichen Sturzereignisses?, Zeichen einer Dehydratation (Austrocknung)?]
      • Zeichen einer Rechtsherzinsuffizienz (Rechtsherzschwäche)?:
        • Halsvenenstauung? (50-70 % der Fälle bei einer Lungenembolie)
        • Leberstauung (tastbare druckempfindliche Leber)?
        • zentrale Zyanose (bläuliche Verfärbung von Haut und zentralen Schleimhäuten (z. B. Zunge))? (20 % der Fälle bei einer Lungenembolie)
    • Auskultation (Abhören) des Herzens und der Karotiden [z. B. Aortengeräusch wg. Aortenstenose/Einengung des Ausflusstraktes der linken Herzkammer]
    • Auskultation der Lunge 
    • Palpation (Abtasten) des Abdomens (Bauch) (Druckschmerz?, Klopfschmerz?, Hustenschmerz?, Abwehrspannung?, Bruchpforten?, Nierenlagerklopfschmerz?)
  • Neurologische Basisuntersuchung (z. B. um latente fokale Defizite/Funktionsstörung des Nervensystems aufzudecken)
  • Carotissinusmassage (Provokationstest): Durchführung bei Verdacht auf vasovagale Synkopen in Assoziation mit Stimulation am Hals sowie bei Patienten über 60 Jahren mit ätiologisch unklaren Synkopen [ESC- Leitlinie]
    Durchführung unter EKG-Ableitung und kontinuierlicher Blutdruckmessung; Massage bei La Gomera der carotis Arterien über 10 Sekunden; bei negativem Test Wiederholung des Manövers im Stehen (nach Möglichkeit auf dem Kipptisch)
    Positiver Befund, d. h. hypersensitiver Karotissinus: Asystolie ≥ 3 Sekunden und/oder systolischer Blutdruckabfall um größer 50 mmHg
    Kontraindikationen: große, unregelmäßige Plaques oder Stenosen größer 70 % der Carotisarterien (= absolute Kontraindikation); weitere absolute Kontraindikationen sind: TIAs (transitorische ischämische Attacke: plötzlich auftretende Durchblutungsstörung des Gehirns, die zu neurologische Störungen führt, die sich innerhalb von 24 Stunden zurückbilden), Schlaganfälle oder Hirninfarkte innerhalb der letzten 3 Monate.
  • Durchführung des Wells-Scores zur Bestimmung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer Lungenembolie (s. u.)
    Beachte:
    Eine von sechs schweren Synkopen ist für eine Lungenembolie verantwortlich [3].

Glasgow Coma Scale (GCS) – Skala zur Abschätzung einer Bewusstseinsstörung [1]

  Kriterium Punktzahl
Augenöffnen    spontan 4
auf Aufforderung 3
auf Schmerzreiz 2
keine Reaktion 1
 Verbale Kommunikation     konversationsfähig, orientiert 5
konversationsfähig, desorientiert (verwirrt) 4
unzusammenhängende Worte 3
unverständliche Laute 2
keine verbale Reaktion 1
 Motorische Reaktion      befolgt Aufforderungen 6
gezielte Schmerzabwehr 5
ungezielte Schmerzabwehr 4
auf Schmerzreiz Beugesynergismen  3
auf Schmerzreiz Strecksynergismen  2
keine Reaktion auf Schmerzreiz 1

Beurteilung

  • Die Punkte werden für jede Kategorie einzeln vergeben und anschließend addiert. Die maximale Punktzahl ist 15, die minimale 3 Punkte.
  • Bei 8 oder weniger Punkten ist von einer sehr schweren Gehirnfunktionsstörung auszugehen und des besteht die Gefahr von lebensbedrohlichen Atmungsstörungen.
  • Bei einem GCS ≤ 8 muss eine Sicherung der Atemwege durch endotracheale Intubation (Einführen eines Tubus (Hohlsonde) über Mund oder Nase zwischen den Stimmlippen des Kehlkopfes hindurch in die Luftröhre) erwogen werden.

Wells-Score zur Bestimmung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer Lungenembolie [2]

Symptome Punkte
Klinische Zeichen oder Symptome einer tiefen Beinvenenthrombose 3
Alternative Diagnose ist weniger wahrscheinlicher als eine Lungenembolie  3
Herzfrequenz > 100
 1,5
Immobilisierung oder chirurgischer Eingriff in den vergangen vier Wochen 1,5
Vorangegangene tiefe Beinvenenthrombose / Lungenembolie
1,5
Bluthusten (Hämoptoe) 1
Tumorerkrankung (unter Therapie, nach Therapie innerhalb der letzten 6 Monate oder Palliativtherapie) 1
Klinische Wahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie
Niedrig-Risikogruppe (Cut-off des Summenwertes)
   < 3
Mittel-Risikogruppe
 3,0-6,0
Hoch-Risikogruppe (Cut-off des Summenwertes)   > 6

Literatur

  1. Teasdale G, Jennet B: Assessment of coma and impaired consciouness: a pratical scale, Lancet 2:81-84,1974
  2. Wells PS, Ginsberg JS, Anderson DR, et al.: Use of a clinical model for safe management of patients with suspected pulmonary embolism Ann Intern Med 1998; 129: 997-1005.
  3. Prandoni P et al.: Prevalence of Pulmonary Embolism among Patients Hospitalized for Syncope. N Engl J Med 2016; 375:1524-1531 October 20, 2016 doi: 10.1056/NEJMoa1602172

Leitlinien

  1. Brignole M, Moya A, de Lange F et al.: 2018 ESC Guidelines for the diagnosis and management of syncope. European Heart Journal, ehy037, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehy037 Published: 19 March 2018
  2. S1-Leitlinie: Synkopen. (AWMF-Registernummer: 030-072), Januar 2020 Langfassung
  3. S2k-Leitlinie: Synkopen im Kindes- und Jugendalter. (AWMF-Registernummer: 023-004), Februar 2020 Langfassung
  4. Glikson M. et al.: 2021 ESC Guidelines on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy: Developed by the Task Force on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy of the European Society of Cardiology (ESC) With the special contribution of the European Heart Rhythm Association (EHRA). European Heart Journal August 2021. doi.org/10.1093/eurheartj/ehab364
     
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