Weitere Therapie
Demenz

Allgemeine Maßnahmen

Bei der Betreuung von an Demenz erkrankten Personen sollte berücksichtigt werden:

  • Vorstellung des Patienten bei einem Psychiater oder Nervenarzt zur Klärung der Differentialdiagnosen (z. B. Pseudodemenz bei schwerer Depression)
  • Erhalt des Normalgewichts anstreben!*
    Bestimmung des BMI (Body-Mass-Index, Körpermasse-Index) bzw. der Körperzusammensetzung mittels der elektrischen Impedanzanalyse
    • Unterschreitung der BMI-Untergrenze (ab dem 45. Lebensjahr: 22; ab dem 55. Lebensjahr: 23; ab dem 65. Lebensjahr: 24) → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Programm für Untergewichtige (Zufuhr einer voll bilanzierten Diät zur diätetischen Behandlung von Personen mit kataboler Stoffwechsellage – Untergewicht/Mangelernährung)
    • BMI-Rechner – ermitteln Sie Ihren gesunden Gewichtsbereich! (Anzeige)
  • Nikotinrestriktion (Verzicht auf Tabakkonsum) – Raucherentwöhnung reduziert das Risiko für Demenz auf das neue Niveau von Nichtrauchern [1]
  • Alkoholkarenz (Verzicht auf Alkoholkonsum)
  • Einsatz von Gedächtnishilfen
  • Gedächtnisspiele oder Rätsel fördern die Konzentration – kurze einfache Aufgaben (nicht überfordern/frustrieren! Vergessenes bleibt vergessen, wird nicht neu gelernt!)
  • Einhalten eines Tagesrhythmus und der Alltagsstrukturen; Veränderung des gewohnten bereitet oft Unsicherheit und Angst
  • Körperliche Übungen nicht vernachlässigen.
  • Sturzprävention: s. u. Sturzneigung/Prävention
  • Überprüfung der Dauermedikation wg. möglicher Auswirkung auf die vorhandene Krankheit
  • Ein- und Durchschlafstörungen beeinträchtigen die Regeneration von Gehirn und Nerven. Die Einschlafphase sollte nicht länger als 30 Minuten betragen und die Durchschlafphase mindestens viereinhalb Stunden.
    • Achtung: Computer- oder Handynutzung vor dem Schlafen verlängert aufgrund des Blaulichtanteils die Einschlafdauer.
  • Für Sicherheit sorgen
  • Überforderung der Pflegenden beachten und reagieren (Weiterbildung für Pflegende)
  • Psychische Beratung, wie auch in Selbsthilfegruppen; besonders für die Angehörigen von betroffenen Patienten
  • Vermeidung von Umweltbelastungen:
    • Luftverschmutzung beeinträchtigt die Denkleistung
  • Wg. Beurteilung der Einwilligungsfähigkeit: Dazu ist es erforderlich, dass die Kriterien Informationsverständnis, Krankheits- und Behandlungseinsicht, Urteilsvermögen sowie Kommunizieren einer Entscheidung beurteilt und in ein Gesamturteil einbezogen werden [S2k-Leitlinie].
  • Wg. Fahreignung: Ausmaß der Beeinträchtigung und die Frage der Progredienz ist entscheidend; falls Zweifel einer Fahreignung bestehen, ist eine Fahrverhaltensprobe mit einem/r Neuropsychologen/in sinnvoll und angeraten.
  • Reiseempfehlungen:
    • Vor Antritt einer Reise Teilnahme an einer reisemedizinischen Beratung!
    • Grundsätzlich besteht für Patienten mit Demenz eine Reisefähigkeit, soweit eine ständige Begleitung gewährleistet ist.

*Demenzkranke verlieren jährlich etwa vier Mal so viel Körpergewicht wie gleichaltrige Patienten ohne Demenz durch chronische Inflammation (Entzündungsprozesse), Sekundärerkrankungen und den teilweise vermehrten Bewegungsdrang.

Impfungen

Die nachfolgenden Impfungen sind angeraten, da schwere systemische Infektionen im Alter bereits laufende Neuroinflammation (Entzündung der Nervenzellen) und Neurodegeneration verstärken können [3]:

  • COVID-19-Impfung
  • Grippe-Impfung
  • Herpes zoster-Impfung wg. Personen ≥ 50 Jahre bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grundkrankheit (hier: Demenz)
  • Pneumokokken-Impfung
    Beachte: Immunsupprimierte sollten sequentiell mit dem 13-valenten Konjugatimpfstoff PCV13 und sechs bis zwölf Monate später mit dem 23-valenten Polysaccharidimpfstoff PPSV23 gegen Pneumokokken geimpft werden.

Ernährungsmedizin

  • Ernährungsberatung mit den Angehörigen auf der Grundlage einer Ernährungsanalyse
  • Regelmäßiges Screenings auf Mangelernährung und eine frühe Intervention beim Auftreten von Problemen!
  • Auch bei fortgeschrittener Demenz keine Sondenernährung über eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG; endoskopisch angelegter künstlicher Zugang von außen durch die Bauchdecke in den Magen). Stattdessen den Patienten beim Essen helfen und mit der Hand füttern.
    Sondenernährung macht die Patienten unruhig und erhöht den Bedarf an Zwangsmaßnahmen wie körperliche Fixierung oder die Gabe entsprechender Arzneien.
    Das Füttern von Hand hat keine Nachteile hinsichtlich Aspiration (hier: Einatmung von Speise bei der Atmung), Pneumonie (Lungenentzündung) und Mortalität (Sterberate).
  • Ernährungsempfehlungen gemäß einem Mischköstler unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkrankung. Das bedeutet:
    • täglich insgesamt 5 Portionen frisches Gemüse und Obst (≥ 400 g; 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst)
    • ein- bis zweimal pro Woche frischen Seefisch, d. h. fette Meeresfische (Omega-3-Fettsäuren) wie Lachs, Hering, Makrele
    • ballaststoffreiche Ernährung (Vollkornprodukte)
  • Beachtung folgender spezieller Ernährungsempfehlungen:
    • Ernährung reich an:
      • Vitaminen (B6, 12, Folsäure, C, D)
      • Mineralstoffen (Calcium, Magnesium)
      • Spurenelementen (Selen, Zink)
      • Omega-3-Fettsäuren (Meeresfisch)
      • Sekundären Pflanzenstoffen (z. B. Beta-Carotin)
      • Acetyl-L-Carnitin; Coenzym Q10, Phosphatidyl-Serin
      • Proteinen
  • Auswahl geeigneter Lebensmittel auf Grundlage der Ernährungsanalyse
  • Siehe auch unter "Therapie mit Mikronährstoffen (Vitalstoffe)" – ggf. Einnahme eines geeigneten Nahrungsergänzungsmittels
    Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
    Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
  • Detaillierte Informationen zur Ernährungsmedizin erhalten Sie von uns. 

Sportmedizin

  • Ausdauertraining (Cardiotraining) und Krafttraining (Muskeltraining); schon mäßige körperliche Aktivität schützt vor einem Abbau der geistigen Fähigkeiten (Prävention bei leichten kognitiven Defiziten und Demenz vom Alzheimer Typ; Therapie: nur geringe Effekte bei Demenz vom Alzheimer-Typ)
  • Kraft-Balance-Training zur Sturzprophylaxe
  • Erstellung eines Fitness- bzw. Trainingsplans mit geeigneten Sportdisziplinen auf der Grundlage eines medizinischen Checks (Gesundheitscheck bzw. Sportlercheck)
  • Detaillierte Informationen zur Sportmedizin erhalten Sie von uns.

Psychotherapie

  • Psychosoziale Verfahren/Maßnahmen gemäß S3-Leitlinie: Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen
    • Selbstmanagement als Teil der Krankheitsbewältigung; in diesem Kontext auch Hinweise auf Selbsthilfekontaktstellen
    • Einzelinterventionen
      • Psychoedukative Intervention zur Erweiterung des Krankheitswissens
      • Training von Alltags- und sozialen Fertigkeiten
      • Künstlerische Therapien
      • Ergotherapie – Arbeits- bzw. Beschäftigungstherapie
      • Bewegungs- und Sporttherapien
      • Gesundheitsfördernde Interventionen
    • Ambulante psychiatrische Pflege (APP) als Hilfe in Krisenzeiten 
  • Ggf. Psychotherapie (inkl. Stressmanagement) 
  • Ergotherapie – Training bzw. Übungen zum Erhalt der Hirnleistung und motorischen Fähigkeiten (bei mittlerer bis schwerer Demenz). Die Therapie zeigt folgende medizinische Effekte:
    • Kognitive Stimulation (Training geistiger Funktionen wie Konzentrationsfähigkeit oder Gedächtnis; bei schwerer Demenz kaum wirksam):
      • verzögert den geistigen Abbau (bei leichter bis mittlerer Demenz) 
      • vermindert Verhaltensauffälligkeiten wie Aggression
    • Sensorische Stimulation (Sinnesanregung und verstärkte Reizwahrnehmung, z. B. durch Licht, Duft oder Musik):
      • Verbesserung z. B. bei täglichen Aktivitäten und bei Sozialverhalten (in allen drei Stadien der Demenz)
    • Funktions- und Fertigkeitstraining (körperlich wie geistig):
      • kann Gesundheitszustand, Stimmung und Lebensqualität verbessern (in Kombination mit anderen Verfahren)
  • Es gibt Evidenz für die Wirksamkeit von kognitiver Stimulation auf die kognitive Leistung bei Patienten mit leichter bis moderater Demenz.
  • Kognitive Stimulation sollte empfohlen werden. Empfehlungsgrad B, Evidenzebene IIb, Leitlinienadaptation NICE-SCIE 2007 74 [S3-Leitlinie]
  • Reminiszenzverfahren können in allen Krankheitsstadien aufgrund von Effekten auf die kognitive Leistung, Depression und lebensqualitätsbezogene Faktoren zur Anwendung kommen. Empfehlungsgrad B, Evidenzebene IIb [S3-Leitlinie]
  • Es gibt Evidenz, dass ergotherapeutische, individuell angepasste Maßnahmen bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Demenz unter Einbeziehung der Bezugspersonen zum Erhalt der Alltagsfunktionen beitragen. Der Einsatz sollte angeboten werden. Empfehlungsgrad B, Evidenzebene Ib, Leitlinienadaptation NICE-SCIE 2007 [S3-Leitlinie]
  • Detaillierte Informationen zur Psychosomatik (inkl. Stressmanagement) stehen exklusiv unseren Partnern zur Verfügung.

Komplementäre Behandlungsmethoden

  • Aromatherapie mit Lavendel-, Zitronenmelisse-, Orangen- und Zedernextrakte – zur Linderung von Demenzsymptomen (Cochrane-Wissenschaftler konnten dafür keine überzeugenden Belege dafür finden) [2]
  • Phototherapie – Einsatz von Lichttherapie (helles Licht, LED-Lampen, blaues oder blaugrünes Licht) kann die kognitive Funktion von Patienten mit Demenz signifikant verbessern. Die Behandlungsfrequenz reichte von zweimal täglich bis fünfmal wöchentlich [4].
    Einschränkung: Patientenstichproben relativ klein; Formen der Phototherapie waren heterogen.

Schulungsmaßnahmen

  • Weiterbildung für Pflegende

Rehabilitation

  • Bei leichter Demenz gilt "Reha vor Pflege". Das Rehabilitationsprogramm sollte dafür kognitives Training und Übungen anbieten.

Organisationen und Selbsthilfegruppen

  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
    Postfach 91 01 52, D-51071 Köln
    Telefon: 0221-89920, Fax: 0221-8992300 E-Mail: poststelle@bzga.de, Internet: www.bzga.de
  • Bundesvereinigung Lebenshilfe, Bundeszentrale
    Raiffeisenstr. 18, 35043 Marburg
  • Informationen erhalten Sie hierzu auch in Ihren Stadt- und Kreisverwaltungen. Viele Gesundheitsämter bieten kostenlose und qualifizierte Beratungsangebote an.

Literatur

  1. Zhong G et al.: Smoking is associated with an increased risk of dementia: a meta-analysis of prospective cohort studies with investigation of potential effect modifiers. PLoS One. 2015 Mar 12;10(3):e0118333. doi: 10.1371/journal.pone.0118333. eCollection 2015.
  2. Ball EL et al.: Aromatherapy for dementia. Cochrane Systematic Review – Intervention Version published: 19 August 2020 https://doi.org/10.1002/14651858.CD003150.pub3
  3. Levine KS et al.: Virus exposure and neurodegenerative disease risk across national biobanks Neuron 2023 doi:https://doi.org/10.1016/j.neuron.2022.12.029
  4. Lu X et al.: Phototherapy improves cognitive function in dementia: A systematic review and meta-analysis. Brain Behav 2023; https://doi.org/10.1002/brb3.2952

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen. (AWMF-Registernummer: 038-020), Oktober 2018 Kurzfassung Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Einwilligung von Menschen mit Demenz in medizinische Maßnahmen (AWMF-Registernummer: 108-001) Oktober 2019 Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Demenzen. (AWMF-Registernummer:038-013), November 2023 Langfassung
     
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