Labordiagnostik
Demenz

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Kleines Blutbild [MCV ↑ → möglicher Hinweis auf Alkoholabhängigkeit, Vitamin B12- und Folsäuremangel]
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
  • Elektrolyte – Natrium, Kalium, Calcium 
  • Nüchternglucose (Nüchternplasmaglucose; präprandiale Plasmaglucose; venös), ggf. oraler Glukosetoleranztest (oGTT)
  • Leberparameter – Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Gamma-Glutamyl-Transferase (γ-GT, Gamma-GT; GGT) [γ-GT ↑, möglicher Hinweis auf Alkoholabhängigkeit]
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance
  • TSH* (Thyreoidea-Stimulierendes-Hormon) – zum Ausschluss einer Hypo- bzw. Hyperthyreose (Schilddrüsenunter- bzw. überfunktion)
  • Vitamin B12 (Empfehlungsgrad B)
  • Liquordiagnostik – Erstdiagnostik, wenn sich Hinweise auf eine entzündliche Gehirnerkrankung ergeben

*Gemäß einer großen Kohortenstudie prädestiniert eine subklinische Schilddrüsendysfunktion weder für einen beschleunigten kognitiven Abbau noch für die Entwicklung einer Demenz [5].

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung etc. – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Apolipoprotein E-Genotyp 4 (ApoE4 ) als genetischer Marker (Risikofaktor für das Auftreten einer Demenz; Indikation: Präsenile Altersdemenz im circa 6. Lebensjahrzehnt ohne Hinweise auf genetische Belastung durch Eltern, Großeltern)
    HinweisEine isolierte Bestimmung des Apolipoprotein-E-Genotyps wird nicht empfohlen (Empfehlungsgrad A)
    • Prospektive Studien zeigen, dass hohe Cholesterin-Serumspiegel (Hypercholesterinämie) im mittleren Lebensalter und ApoE4 gemeinsam das Risiko einer Morbus Alzheimer-Erkrankung erhöhen.
    • Zahlreiche epidemiologische Studien zeigen, das Atherosklerose-bedingende Risikofaktoren (Arteriosklerose, Arterienverkalkung), die gleichzeitig vaskuläre Risikofaktoren sind, im mittleren Lebensalter entscheidend für die Entwicklung einer später auftretenden Alzheimer-Demenz sind.
  • Hinweise für die Pathologie der Alzheimer-Krankheit durch mindestens eines der folgenden Kriterien [1]:
    • Positiver Amyloid-Nachweis mit Positronenemissionstomographie (PET) 
    • Gentest (DNA-Analyse): Mutation, die zu einer monogen vermittelten Alzheimer-Krankheit führt (Mutation auf den Genen Presenilin 1 oder Presenilin 2 oder auf dem Gen des Amyloid-Precursor-Proteins, APP) [s. u. Morbus Alzheimer/Ursachen]
    • Liquordiagnostik (anerkannte Demenzbiomarker sind Amlyoid-β1-42 (Aβ1-42), Amlyoid-β1-40 (Aβ1-40), Gesamt-Tau und Phospho-Tau-181 (pTau) sowie 14-3-3-Protein) 
      Die Liquordiagnostik dient zur Bestätigung oder zum Ausschluss einer Alzheimer-Pathologie:
      • Verhältnis Aβ42/40 bevorzugt gegenüber Aβ42 allein
      • Verhältnis Aβ42/pTau* oder Aβ42/tTau
    • Die Liquordiagnostik (s. u.) schließt zudem entzündliche ZNS-Erkrankungen aus.
  • Tau-Proteine (Bestimmung mittels "Single Molecule Array"; Nachweisgrenze von Tau-Proteinen wurde auf 0,019 pg/ml gesenkt) –
    • Nachweis drohender Demenzen und verwandter Störungen bereits 4 Jahre vor den ersten Symptomen [3]
    • Phosphoryliertes Tau-Protein (pTau); hier pTau-Formen 217 wie 181 – kann Alzheimer von anderen Demenzformen mit einer Genauigkeit von über 90 % (bezogen auf den AUC-Wert; Area under the curve) unterscheiden [4].
  • Differentialblutbild
  • Blutgase  (BGA), arteriell
  • Drogenscreening inkl. Suchtstoffe (Alkohol, Barbiturate, Benzodiazepine, Bromide)
  • Lues-Serologie: VDRL-Test (bei V. a. Neurolues)
  • HIV-Serologie
  • Borrelien-Serologie
  • Phosphat
  • HbA1c
  • Homocystein
  • Erweiterte Schilddrüsendiagnostik – fT 3, fT4, SD-Antikörper
  • Cortisol
  • Parathormon – zum Ausschluss eines Hypo- bzw. Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenunter- bzw. -überfunktion)
  • Coeruloplasmin – bei Verdacht auf Morbus Wilson
  • Serumalbumin
  • Ammoniakspiegel 
  • Folsäure, Vitamin B1, B6
  • Kupfer
  • Schwermetalle (Arsen, Blei, Quecksilber, Thallium)
  • CO-Hämoglobin
  • Carbodefizientes Transferrin (CDT) ↑ (bei chronischem Alkoholismus)*
  • Liquordiagnostik – zum Ausschluss infektiologischer und autoimmunologischer  Erkrankungen (z. B. Sarkoidose, Vaskulitis, Autoimmunenzephalitiden)

*Bei Abstinenz normalisieren sich die Werte innerhalb von 10-14 Tagen.

Apolipoprotein E-Genotypisierung

Apo E Allelkombination Häufigkeit Klinische Auswirkungen
Genotyp E2
E2/E2 ca. 0,5 %
  • Assoziation mit Typ III der Hyperlipoproteinämie nach Fredrickson (familiäre Dysbetalipoproteinämie; Häufigkeit ca. 1:2.000)
  • Erniedrigtes Risiko für LDL-Cholesterinerhöhung
  • Hetero- oder homozygote ApoE2-Träger mit den Kombinationen 2/3 und 2/2 (zusammen ca. 5 % der Bevölkerung) haben ein ca. 40,0 % geringeres Erkrankungsrisiko für Demenz [1, 2].
E2/E3 ca 10,0 %
  • Erniedrigtes Risiko für LDL-Cholesterinerhöhung
  • Hetero- oder homozygote ApoE2-Träger mit den Kombinationen 2/3 und 2/2 (ca. 11,0 % der Bevölkerung) haben ein ca. 40,0 % geringeres Erkrankungsrisiko für Demenz.
Genotyp E3 E3/E3
 ca. 60,0 % 
  • Intermediäres Risiko für LDL-Cholesterinerhöhung
Genotyp E4 E2/E4
 
ca. 2,5 %
  • Prädisposition für die familiäre Spätform sowie die sporadische Form der Demenz vom Alzheimer-Typ; haben ein ca. 2,6 erhöhtes Lebenszeitrisiko (Europäer/Kaukasier)
E3/E4
  
ca. 24,0 %
  • Risiko für LDL-Cholesterinerhöhung
  • Prädisposition für die familiäre Spätform sowie die sporadische Form der Demenz vom Alzheimer-Typ; haben ein ca. 3-fach erhöhtes Lebenszeitrisiko im Vergleich zu 3/3-Trägern (ca. 60 % der Bevölkerung)
E4/E4 ca. 3 %
  • Risiko für LDL-Cholesterinerhöhung
  • Prädisposition für die familiäre Spätform sowie die sporadische Form der Demenz vom Alzheimer-Typ; haben ein bis zu 10-fach erhöhtes Risiko, an einer Alzheimer-Demenz zu erkranken. 

Von den Demenzkranken mit Alzheimer-Demenz sind ca. 45 % heterozygote und 10-12 % homozygote Träger des Epsilon-4-Allels [1, 2]

Eine isolierte Bestimmung des Apolipoprotein-E-Genotyps als genetischer Risikofaktor wird aufgrund mangelnder diagnostischer Trennschärfe und prädiktiver Wertigkeit im Rahmen der Diagnostik nicht empfohlen [1].

Literatur

  1. S3-Leitlinie: Demenzen. (AWMF-Registernummer:038-013), November 2023 Langfassung
  2. Bertram L, Tanzi RE: Thirty years of Alzheimer's disease genetics: the implications of systematic metaanalyses. Nat Rev Neurosci 2008; 9: 768-778.
  3. Pase MP et al.: Assessment of Plasma Total Tau Level as a Predictive Biomarker for Dementia and Related Endophenotypes. JAMA Neurol. Published online March 4, 2019. doi:10.1001/jamaneurol.2018.4666
  4. Thijssen EH et al.: Plasma phosphorylated tau 217 and phosphorylated tau 181 as biomarkers in Alzheimer's disease and frontotemporal lobar degeneration: a retrospective diagnostic performance study. Lancet Neurology 2021; https://doi.org/10.1016/S1474-4422(21)00214-3
  5. van Vliet NA et al.: Association of Thyroid Dysfunction With Cognitive Function An Individual Participant Data Analysis JAMA Intern Med. Published online September 7, 2021. doi:10.1001/jamainternmed.2021.5078

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Demenzen. (AWMF-Registernummer:038-013), November 2023 Langfassung

     
Wir helfen Ihnen in jeder Lebenslage
Die auf unserer Homepage für Sie bereitgestellten Gesundheits- und Medizininformationen ersetzen nicht die professionelle Beratung oder Behandlung durch einen approbierten Arzt.
DocMedicus Suche

 
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
ArztOnline.jpg
 
DocMedicus                          
Gesundheitsportal

Unsere Partner DocMedicus Verlag