Einleitung
Demenz

Unter dem Begriff Demenz (Synonyme: Altersdemenz; arteriosklerotische Demenz; Dementia; Dementia senilis; Demenz bei Hirnatrophie; Kognitionsstörung; Presbyophrenie; senile Demenz; ICD-10-GM F00 - ICD-10-GM F03 (s. u.); ICD-10-GM G31.82: Lewy-Körper-Krankheit) versteht man den Verlust ehemals erworbener intellektueller Fertigkeiten, der verschiedene Ursachen haben kann.

Da die Mehrheit, der an Demenz erkrankten Personen, über 65 Jahre ist, spricht man umgangssprachlich auch von Altersdemenz.

Zu den beeinträchtigten Funktionen zählen neben dem Gedächtnis vor allem auch die Sprache, das Rechnen und das Urteilsvermögen.

Der Demenz geht im Regelfall eine leichte "kognitive Störung" ("mild cognitive impairment", MCI) voraus.

Hauptgruppen der Demenz unter Berücksichtigung des ICD-10-GM:

  • Demenz vom Alzheimer-Typ (DAT) (50-70-(80) %; ICD-10-GM F00.-) – häufigste Ursache einer Demenz in der westlichen Welt; siehe dazu Morbus Alzheimer
  • Vaskuläre Demenz (VD; 15-25-(35) %; ICD-10-GM F01.-) – Ergebnis einer Infarzierung (lat: infarcere, "verstopfen") des Gehirns als Folge einer vaskulären Krankheit (Gefäßkrankheit), einschließlich der zerebrovaskulären Hypertonie (hirngefäßbedingter Bluthochdruck); wird wiederum unterteilt in:
    • Multiinfarkt-Demenz (ICD-10-GM F01.1): beginnt allmählich, nach mehreren vorübergehenden ischämischen Episoden (TIA; plötzlich auftretende Durchblutungsstörung des Gehirns, die zu neurologische Störungen führt, die sich innerhalb von 24 Stunden zurückbilden), die eine Anhäufung von Infarkten im Hirngewebe verursachen
    • subkortikale Vaskuläre Demenz (ICD-10-GM F01.2): arteriosklerotische Enzephalopathie/Arterienverkalkung-bedingte Gehirnerkrankung (SAE; Morbus Binswanger; F01.2): Fälle mit Hypertonie (Bluthochdruck) in der Anamnese und ischämischen Herden (Gewebeabschnitte des Gehirns, die infolge einer Minderdurchblutung (Ischämie) auftreten) im Marklager der Hemisphären
  • Demenz bei andernorts klassifizierten Erkrankungen (ICD-10-GM F02.-)
  • Nicht näher bezeichnete Demenz (ICD-10-GM F03)
  • Weitere Demenzformen:
    • Demenz bei primärem Parkinson-Syndrom  (engl. "Parkinson disease dementia", PDD) (< 10 %; ICD-10-GM G20.-): Eine Demenz, die sich im Verlauf einer Parkinson-Krankheit entwickelt
    • Umschriebene Hirnatrophie, Frontotemporale Demenz (ICD-10-GM G31.0, FTD; Synonyme: Morbus Pick; Pick-Krankheit; ca. 10 %; ICD-10-GM F02.0.- ) – progrediente Demenz mit Beginn im mittleren Lebensalter (40.-60. Lebensjahr), charakterisiert durch frühe, langsam fortschreitende Persönlichkeitsänderung und Verlust sozialer Fähigkeiten (Verlust der Sozialkontrolle). Die Krankheit ist gefolgt von Beeinträchtigungen von Intellekt, Gedächtnis und Sprachfunktionen mit Apathie, Euphorie und gelegentlich auch extrapyramidalen Phänomenen. Die Demenz schreitet bei FTD in der Regel weit schneller voran als bei der Demenz vom Alzheimer-Typ.
    • Demenz vom Lewy-Krankheit (Lewy-Body-Demenz, LBD) (0,5-15-(30) %; ICD-10-GM G31.82) – mit Halluzinationen einhergehend; zentrale Merkmal der LKD ist eine Demenz, die mit Funktionseinschränkungen im Alltag einhergeht. Die Gedächtnisfunktion ist beim Erkrankungsbeginn relativ gut erhalten. Aufmerksamkeitsstörungen, Beeinträchtigungen der exekutiven und visuoperzeptiven Funktionen sind häufig [1]; diese Form tritt häufig mit dem Morbus Parkinson auf
  • Gemischten Demenz  – Kombination aus dem Vorliegen einer Alzheimer-Pathologie und weiterer pathologischer Veränderungen, die gemeinsam eine Demenz bedingen

Des Weiteren kann man unterscheiden nach:

  • primärer Demenz – die Demenz ist eine eigenständige Erkrankung
  • sekundäre Demenz – die Demenz ist Folge einer anderen (neurologischen) Erkrankung

Daneben kann es bei einer Vielzahl von Erkrankungen zu einem dementiellen Syndrom kommen.

Geschlechterverhältnis:
Demenz vom Alzheimer-Typ: Männer zu Frauen beträgt 1 : 3 (in der Gruppe der über 85-Jährigen).
Vaskuläre Demenz: Männer zu Frauen beträgt 2 : 1.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend im im höheren Lebensalter auf (> 75 Jahre). 
Von einer früh beginnenden (präsenilen) Demenz spricht man, wenn der Erkrankungsbeginn vor dem 65. Lebensjahr liegt (Zahl der jüngeren Demenz-Patienten ist ansteigend).

Ca. 20 % der Personen mit einer Demenz vor dem 65. Lebensjahr haben eine frontotemporale Demenz.
Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) für die Demenz vom Alzheimer-Typ liegt bei 5 % in der Gruppe der über 70-Jährigen (in der westlichen Welt).
In der Altersgruppe der über 85-Jährigen liegt die Prävalenz bei 20-40 %.
Die Prävalenz für die v
askuläre Demenz
liegt bei 1,5 % der Bevölkerung (in Deutschland). In der Altersgruppe der über 85-Jährigen liegt die Prävalenz bei ca. 14 %.
Die Prävalenz für die Lewy-Körperchen-Demenz wird sehr sehr variabel mit 0-5 % in der Allgemeinbevölkerung und 0-30,5 % innerhalb der Demenzkranken angegeben.
Das Auftreten von Demenzen nimmt aufgrund der Altersentwicklung immer weiter zu.

Im Krankenhaus sind die Fachbereiche mit der höchsten Demenzprävalenz die Innere Medizin und die Unfallchirurgie.

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) für die vaskuläre Demenz beträgt ca. 6-28 Erkrankungen pro 1.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland).

Verlauf und Prognose: Sämtliche neurodegenerative Demenzerkrankungen (Alzheimer-Demenz, frontotemporale Demenz, Levy-Körperchen-Demenz, Parkinson-Demenz) sind progrediente (fortschreitende) Erkrankungen mit Verläufen über mehrere Jahre. Sie gehen mit einer Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit, einem Verlust der Alltagskompetenz sowie einem Zerfall der Persönlichkeit einher und enden in einer Pflegebedürftigkeit sowie einer reduzierten Lebenserwartung. Keine der Erkrankungen ist heilbar.
Im Rahmen der vaskulären Demenz sind auch stufenförmige Verläufe mit langen Phasen ohne Progredienz und sogar Phasen leichter Besserung möglich.

Komorbiditäten (Begleiterkrankungen): Mangelernährung ist die wichtigste Komorbidität der Demenz. Des Weiteren ist Demenz vermehrt mit Hypertonie (Bluthochdruck) (36 %), Depression (21 %), muskuloskeletalen Erkrankungen (18 %), Karzinomen (17 %), Herzinsuffizienz (Herzschwäche) (15 %), Diabetes mellitus (14 %), koronarer Herzerkrankung (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung) (12 %), Apoplex (Schlaganfall) (5 %) und chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) (4 %) assoziiert [2]. Eine weitere Komorbidität ist eine depressive Störung.

Beachte

  • Bei einer früh beginnenden (präsenilen) Demenz beträgt die Diagnoselatenz etwa viereinhalb Jahren!
  • Je jünger das Erkrankungsalter, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine sekundäre Demenz handelt. Bei den sekundären Demenzen liegen neurokognitive Störungen vor, die z. B. infolge metabolischer, genetischer oder inflammatorischer (entzündlicher) Erkrankungen auftreten.

Literatur

  1. McKeith IG et al.: Diagnosis and management of dementia with Lewy bodies: third report of the DLB Consortium. Neurology 2005; 65: 1863-1872.
  2. Sivananthan S, Mc Grail KM: Diagnosis and disruption: population-level analysis identifying points of care at which transitions are highest for people with dementia and factors that contribute to them. J Am Geriatr Soc 2016 Mar;64(3):569-77. doi: 10.1111/jgs.14033.

Leitlinien

  1. Schmidt R et al.: EFNS-ENS/EAN Guideline on concomitant use of cholinesterase inhibitors and memantine in moderate to severe Alzheimer's disease. Eur J Neurol. 2015 Mar 25. doi: 10.1111/ene.12707
  2. Skrobot OA et al.: Vascular cognitive impairment neuropathology guidelines (VCING): the contribution of cerebrovascular pathology to cognitive impairment. Brain, Volume 139, Issue 11, 1 November 2016, Pages 2957–2969. doi.org/10.1093/brain/aww214
  3. S1-Leitlinie: Vaskuläre Demenzen. (AWMF-Registernummer: 030-038), November 2016 Langfassung
  4. WHO guidelines: Risk reduction of cognitive decline and dementia. World Health Organization 2019
  5. S3-Leitlinie: Demenzen. (AWMF-Registernummer:038-013), November 2023 Langfassung

     
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