Chorea Huntington – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Molekulargenetische Untersuchung – Analyse der Häufigkeit der Basentriplettwiederholung (Cytosin-Adenin-Guanin, CAG) im HTT-Gen (Huntingtin-Gen) mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR, Verfahren zur Vervielfältigung der Erbsubstanz); erforderlich zur Sicherung der Diagnose bei symptomatischen Patienten mit typischem klinischem Bild der Huntington-Erkrankung (Erbkrankheit mit Bewegungsstörungen, Demenz und psychischen Veränderungen)
  • Kleines Blutbild
  • Differentialblutbild
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)

Hinweis aus der S2k-Leitlinie: Die molekulargenetische Diagnostik darf nur nach umfassender genetischer Beratung (Beratung zur Erbkrankheit), ausreichender Bedenkzeit sowie ggf. psychologischer Evaluation der persönlichen Ressourcen und Coping-Strategien (psychische Bewältigungsstrategien) und ausschließlich mit dem schriftlichen Einverständnis des Betroffenen erfolgen.

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Liquordiagnostik (Untersuchung des Nervenwassers) – bei unklarer Symptomatik oder atypischen klinischen Befunden, nicht zur Routinediagnostik empfohlen
  • Neurofilamente (Nervenfaser-Proteine, z. B. Neurofilament light chain, NfL) und Inflammationsmarker YKL-40 – präsymptomatische Biomarker (Messgrößen im Blut) mit wissenschaftlicher Relevanz, derzeit nicht Bestandteil der Standarddiagnostik
  • Schilddrüsenparameter – TSH, fT3, fT4 zur Abgrenzung einer Hyperthyreose (Überfunktion der Schilddrüse)
  • Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Gamma-Glutamyltransferase (Gamma-GT, GGT), Bilirubin (Gallenfarbstoff) zur Abgrenzung metabolischer Ursachen (z. B. Morbus Wilson, Kupferspeicherkrankheit; toxische Enzephalopathien, Gehirnschädigungen durch Giftstoffe)
  • Kupferstoffwechsel – Coeruloplasmin (Kupferbindungs-Eiweiß), Kupfer im Serum und 24-h-Urin zur Abklärung von Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit, insbesondere bei jüngeren Patienten)
  • Vitamin B12 und Folsäure – Ausschluss von Vitaminmangelzuständen mit neuropsychiatrischen Manifestationen (Nerven- und psychischen Beschwerden)
  • Autoimmunmarker – ANA (antinukleäre Antikörper), ANCA (antineutrophile zytoplasmatische Antikörper), ggf. Anti-Neuronen-Antikörper bei Verdacht auf autoimmune Enzephalitiden (Entzündungen des Gehirns durch fehlgeleitete Abwehrreaktionen)
  • HIV- und Syphilis-Serologie – bei unklarer neuropsychiatrischer Symptomatik (Ausschluss von Infektionen mit dem HI-Virus oder der Geschlechtskrankheit Syphilis)

Red Flags (Warnzeichen) mit Bezug zur Labordiagnostik bei Chorea Huntington

  • Kein pathologischer Nachweis einer CAG-Expansion im HTT-Gen (Huntingtin-Gen) trotz klinisch typischer Symptomatik – erfordert differentialdiagnostische Abklärung anhand der Parameter der 2. Ordnung
  • Erniedrigtes Coeruloplasmin (Kupferbindungs-Eiweiß) oder erhöhtes Kupfer im 24-h-Urin – Hinweis auf Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit) als alternative Ursache der Bewegungsstörung
  • Positiver Autoimmunmarker (z. B. ANA, ANCA, Anti-Neuronen-Antikörper) – spricht für autoimmune Enzephalitiden (Gehirnentzündung durch fehlgeleitete Abwehrreaktion)
  • Positive HIV- oder Syphilis-Serologie – Hinweis auf infektiöse Ursachen neuropsychiatrischer Symptomatik
  • Deutlich erhöhte Entzündungsparameter (CRP, BSG) – untypisch für Huntington, Hinweis auf entzündliche oder infektiöse Genese
  • Auffällige Liquordiagnostik (Untersuchung des Nervenwassers mit z. B. Pleozytose, erhöhter Zellzahl, oder oligoklonalen Banden, spezielle Eiweißmuster) – spricht für entzündliche oder autoimmune Prozesse

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Chorea/Morbus Huntington. (AWMF-Registriernummer: 030-028), November 2022 Langfassung