Medikamentöse Therapie
Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom)

Therapieziele

  • Verbesserung der Symptomatik
  • Verlängerung der Überlebenszeit

Therapieempfehlungen

Die Therapieempfehlungen beinhalten folgende Gruppen:

  • Epitheliale Ovarialkarzinomen
  • Borderleintumoren
  • Maligne Keimstrangstrumatumoren
  • Maligne Keimzelltumoren

Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Wirkstoffe (Hauptindikation)

Chemotherapeutika

Epitheliales Ovarialkarzinom [S3-Leitlinie]

Frühes "Epitheliales Ovarialkarzinom"

  • Adjuvante Therapie (Therapie, die im Anschluss an die operative Sanierung einer Tumorerkrankung erfolgt):
    • Patientinnen mit einseitigen, histologisch gut differenzierten Tumor (FIGO IA, Grad 1): kann auf eine adjuvante Chemotherapie verzichtet werden; Voraussetzung ist ein adäquates operatives Staging
    • Patientinnen mit Ovarialkarzinom im Stadium IA G2, IB G1/2 kann eine platinhaltige Chemotherapie angeboten werden.
    • Die FIGO-Stadien IA/B und Grad 3 oder IC sollen eine Chemotherapie mit Carboplatin über 6 Zyklen erhalten.

Fortgeschrittenes "Epitheliales Ovarialkarzinom" 

  • Beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom (FIGO-Stadium III-IV) erfolgt unabhängig vom Stadium primär eine komplette, zytoreduktive chirurgische Resektion (PCS).
  • Bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom (IIb-IV) sollte Carboplatin AUC 5 und Paclitaxel 175 mg/m² über 3 h i.v. für insgesamt 6 Zyklen alle 3 Wochen eingesetzt werden.
  • Ab dem FIGO-Stadium IIIB ist zudem eine antiangiogenetische Antikörpertherapie mit Bevacizumab 15 mg/kgKG i.v. an Tag 1 alle 3 Wochen indiziert.
    • Primäranalysen aus PAOLA-1/ENGOT-ov25: Die Zugabe von Olaparib (s. u.) in der Erhaltungstherapie mit Bevacizumab zeigt einen signifikanten Vorteil im progressionsfreien Überleben (PFS) [9].
  • Bei Patientinnen mit high grade-Ovarialkarzinom im Stadium III/IV und nachgewiesener BRCA-Mutation sollte nach Ansprechen auf eine platinhaltige First-Line-Therapie eine Erhaltungstherapie mit einem PARP(„poly ADP ribose polymerase“)-Inhibitor (Olaparib) erfolgen [Empfehlungsgrad 3].
    • Die Behandlung mit Olaparib bei Patienten mit neu diagnostiziertem fortgeschrittenem Ovarialkarzinom zeigte einen beispiellosen Überlebensvorteil zugunsten des PARP-Inhibitors versus Placebo: nach einem medianen Follow-up von 40,7 Monaten war die mediane Zeit bis zur Krankheitsprogression oder zum Tod in Olaparib-Gruppe noch nicht erreicht, verglichen mit 13,8 Monaten unter Placebo [4].
      Auch nach 5 Jahren Nachbeobachtungszeit zeigt Olaparib, dass das progressionsfreie Überleben von Patientinnen, die eine rund zweijährige Therapie mit Olaparib erhielten, um 3,5 Jahre länger war als unter Placebo [6].
  • Nach der primären Therapie sollen keine Erhaltungs-/Konsolidierungstherapien durchgeführt werden.

Rezidive (Wiederauftreten) "Epithelialer Ovarialkarzinome" 

  • Refraktäres Ovarialkarzinomrezidiv (Platin-resistentes Rezidiv)* – Monotherapie mit Gemcitabin, Paclitaxel, pegyliertes liposomales Doxorubicin, Topotecan (keine Kombinationstherapie, keine endokrine Therapie)
  • Platinsensibles Ovarialkarzinomrezidiv** – platinhaltige Kombinationstherapie mit
    • Carboplatin / Gemcitabin /Bevacizumab (monoklonaler Antikörper, welcher an VEGF bindet und somit die Bindung an den VEGF-Oberflächenrezeptor verhindert)***
    • Carboplatin/pegyliertes liposomales Doxorubicin,
    • Carboplatin / Paclitaxel
    • Carboplatin / Gemcitabin. 
  • Falls eine erneute Platintherapie keine Option ist, kommen platinfreie Monochemotherapien zum Einsatz. Wirksame Substanzen sind neben Pegyliertes liposomales Doxorubicin (PLD) und Gemcitabin auch Treosulfan und Topotecan. 
    Soweit noch keine Therapie mit Bevacizumab erfolgt ist, ist auch eine Kombination mit dem Vascular-endothelial-growth-factor(VEGF)-Hemmer möglich.

* Kein Ansprechen auf die Therapie, Progress (Fortschreiten) innerhalb 4 Wochen nach Ende der Therapie, Rezidiv innerhalb 6 Monate nach Abschluss der Therapie
** Rezidiv frühestens 6 Monate nach Ende der Primärtherapie
****bei Patientinnen mit erstem Rezidiv und ohne vorherige VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) gerichtete Therapie

Weitere Hinweise

  • Für Patientinnen mit einem rezidivierenden platinsensiblen Ovarialkarzi­nom und einer nachgewiesenen Mutation im BRCA1- (Chromosom 17q21) oder BRCA2-Gen (Chromosom 13q12) steht seit Dezember 2014 das erste Medikament (Olaparib) aus der Reihe der sogenannten PARP-Inhibitoren (Poly-ADP-Ribose-Polymerase). Die PARP-Inhibitoren blockieren ein Enzym, das an der DNA-Reparatur beteiligt ist und verbessern so das progressionsfreie Überleben [4].
  • Ein weiterer PARP-Inhibitor ist im März 2017 von der FDA zugelassen worden: Niraparib hat bei 203 BRCA-positiven Patientinnen zu einer Verlängerung von 5,5 auf 21,0 Monate (Hazard Ratio 0,27; 95-Prozent-Konfidenzintervall 0,17 bis 0,41) beigetragen. Auch bei 350 Patientinnen ohne BRCA-Mutation verbesserte Niraparib das progressionsfreie Überleben von 3,9 auf 9,3 Monate [2]. In 2020 wurde Niraparib als Erstlinien-Erhaltungstherapie beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom (epithelialem (FIGO-Stadien III und IV) high-grade Karzinom der Ovarien) zugelassen. 
    Ein weiterer PARP-Inhibitor ist Rucaparib, der ebenfalls beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom zugelassen ist.
  • Zulassungstatus der PARP-Inhibitoren:
    • Olaparib: Erhaltungsmonotherapie bei fortgeschrittenem (FIGO Stadium III und IV) BRCA 1/2-mutierten (Keimbahn und/oder somatisch) high-grade epithelialem Ovarial-, Eileiter- oder Peritoneal-Ca nach Ansprechen auf eine Platin-basierte Chemo in Erstlinie
    • Niraparib: Erhaltungsmonotherapie bei Rezidiv eines platinsensiblen gering differenzierten Ovarialkarzinoms, die sich unter Platin-Chemotherapie in Remission befinden; als Monotherapie bei fortgeschrittenem Platin-sensitivem Ovarial-Ca zugelassen, und zwar unabhängig vom Biomarkerstatus.
      Beachte: Schwere Hypertonie (Bluthochdruck) und posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom (PRES), vor allem bei Beginn der Therapie [5].
    • Rucaparib: Monotherapie eines rezidivierten oder progredienten platinsensiblen high-grade Ovarialkarzinoms mit BRCA-Mutation, die vorher zwei oder mehr platinbasierte Chemotherapien erhalten haben, und nun nicht mehr für eine weitere solche Therapie in Frage kommen.
      • In einer geplanten Zwischenanalyse von Daten der klinischen Studie CO-338-043 (ARIEL4) wurde unter Rucaparib gegenüber dem Kontrollarm ein nachteiliger Effekt auf das Gesamtüberleben beobachtet [7].
      • Rucaparib sollte nicht mehr als Monotherapie bei erwachsenen Patientinnen mit platinsensitivem, rezidiviertem oder progressivem high-grade epithelialem Ovarial-, Eileiter- oder primärem Peritonealkarzinom mit BRCA-Mutationen (Keimbahn und/oder somatisch) angewendet werden, die mit zwei oder mehr vorherigen platinbasierten Chemotherapielinien behandelt wurden und keine weitere platinhaltige Chemotherapie tolerieren [8].
  • Die Wirksamkeit von PARP-Inhibitoren in der Erstlinien-Erhaltungstherapie bei fortgeschrittenem Ovarialkarzinom gilt inzwischen als bestätigt. Die Behandlung ist auch für Frauen ohne BRCA-Mutation eine Option.

Borderlinetumore [S3-Leitlinie]

  • Keine adjuvante Therapie

Maligne Keimstrangstromatumoren [S3-Leitlinie]

  • Der Nutzen einer adjuvanten Strahlen-, Chemo- oder endokrinen Therapie bei kompletter Operation ist nicht belegt und wird kontrovers diskutiert.
  • Ab Stadium FIGO IC oder bei Tumorresten kann eine platinhaltige Chemotherapie diskutiert werden

Maligne Keimzelltumoren [S3-Leitlinie]

Primäre Chemotherapie (= neoadjuvante Chemotherapie, NACT)

  • Bei fortgeschrittenen Stadien ist ggf. eine primäre Chemotherapie möglich mit dem Ziel die Fertilität (Fruchtbarkeit) zu erhalten. Nach drei bis vier Zyklen kann eine Resektion des Tumorarrestes oder vorhandener Metastasen angestrebt werden
  • Substanzen: platinhaltige Therapeutika + Etoposid + Bleomycin oder Ifosfamid

Adjuvante Chemotherapie

  • Stadium FIGO IA keine adjuvante Chemotherapie
  • Stadium > FIGO IA soll eine platinhaltige Chemotherapie durchgeführt werden, die risikoadaptiert aus zwei bzw. drei Zytostatika* besteht und 2-4 Kurse umfasst.

*Die Chemotherapie soll in jedem Fall Platin und Etoposid enthalten. Als dritte Substanz kommen Bleomycin oder Ifosfamid infrage

Weitere Hinweise für Ovarialkarzinome

  • Anhaltende Aktivierung v. a. β 2-adrenerger Rezeptoren fördert das Wachstum von Ovarialkarzinomen und auch die Metastasierung des Ovarialkarzinoms. 
    In einer Studie konnte erstmals gezeigt werden, dass die Therapie mit nicht-selektiven Betablockern scheinbar mit einer deutlichen Verlängerung des Gesamtüberlebens assoziiert ist [1].
    Weitere Studien sind abzuwarten.
  • Eine einmalige hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) mit Cisplatin hat in einer randomisierten klinischen Studie die Überlebenszeit von Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom verlängert [3]:
    • medianes rezidivfreies Überleben: von 10,7 Monaten auf 14,2 Monate
    • medianes Gesamtüberleben: von 33,9 Monaten auf 45,7 Monate 

Hormontherapie nach Behandlung eines Ovarialkarzinoms S3-Leitlinie]

  • Zur Sicherheit einer Hormontherapie nach Behandlung eines Ovarialkarzinoms kann keine zuverlässige Aussage gemacht werden.
  • Eine Hormontherapie kann nach entsprechender Aufklärung durchgeführt werden.

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für das Immunsystem sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (A, C, E, D3, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
  • Spurenelemente (Chrom, Eisen, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
  • Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin, Flavonoide (Citrusfrüchte), Lycopin (Tomaten), Proanthocyanidine (Cranberrys), Polyphenole)
  • Weitere Vitalstoffe (Probiotische Kulturen: Laktobazillen, Bifidobakterien)

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Watkins JL et al.: Clinical impact of selective and nonselective beta-blockers on survival in patients with ovarian cancer. Cancer. 2015;121(19): 3444–51. Kommentar: Bunch KP, Annunziata CM. Are beta-blockers on the therapeutic horizon for ovarian cancer treatment? Cancer. 2015;121(19):3380-3.
  2. Mirza MR et al.: Niraparib Maintenance Therapy in Platinum-Sensitive, Recurrent Ovarian Cancer. N Engl J Med 2016; 375:2154-2164 December 1, 2016 doi: 10.1056/NEJMoa1611310
  3. van Driel WJ et al.: Hyperthermic Intraperitoneal Chemotherapy in Ovarian Cancer. N Engl J Med 2018; 378:230-240 January 18, 2018 doi: 10.1056/NEJMoa1708618
  4. Moore K, Colombo N, Scambia G et al.: Maintenance olaparib in patients with newly diagnosed advanced ovarian cancer. N Engl J Med 2018;379:2495-2505 doi: 10.1056/NEJMoa1810858
  5. AkdÄ Drug Safety Mail: Information der MHRA zu Niraparib (Zejula®): Schwere Hypertonie und posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom (PRES), vor allem bei Beginn der Therapie AkdÄ Drug Safety Mail 2020-67
  6. Banerjee S et al.: Maintenance olaparib for patients with newly diagnosed advanced ovarian cancer and a BRCA mutation (SOLO1/GOG 3004): 5-year follow-up of a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet Oncol 2021; https://doi.org/10.1016/S1470-2045(21)00531-3
  7. Rote-Hand-Brief zu Rubraca® (Rucaparib) AkdÄ Drug Safety Mail | 2022-21
  8. Rote-Hand-Brief zu Rubraca® (Rucaparib) AkdÄ Drug Safety Mail | 2022-32
  9. Ray-Coquard I et al.: Olaparib plus Bevacizumab as First-Line Maintenance in Ovarian Cancer N Engl J Med 2019; 381:2416-2428 doi: 10.1056/NEJMoa1911361

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren. (AWMF-Registernummer: 032 - 035OL), September 2021 Kurzfassung Langfassung

     
Wir helfen Ihnen in jeder Lebenslage
Die auf unserer Homepage für Sie bereitgestellten Gesundheits- und Medizininformationen ersetzen nicht die professionelle Beratung oder Behandlung durch einen approbierten Arzt.
DocMedicus Suche

 
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
ArztOnline.jpg
 
DocMedicus                          
Gesundheitsportal

Unsere Partner DocMedicus Verlag