Prävention
Nahrungsmittelallergie

Zur Prävention einer Nahrungsmittelallergie (NMA) muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.

Verhaltensbedingte Risikofaktoren

  • Ernährung
    • Einseitige Überernährung
    • Gewürze – resorptionsfördernde Substanz
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol – resorptionsfördernde Substanz
    • Tabak (Rauchen)
      • Passivrauchen im Mutterleib und in der frühen Kindheit → Risikoerhöhung für Sensibilisierung gegen Nahrungsmittel im Alter von 4, 8 und 16 Jahren [11]
  • Frauen, die ihre neugeborenen Kinder nicht stillen
  • Inhalation von Allergenen wie Hausstaub oder Tierhaare

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)

  • Mütterliche Ernährung in der Schwangerschaft und Stillzeit sollte ausgewogen und nährstoffreich sein.
    Zum Verzehrverhalten der Mutter und die Auswirkungen auf das Kind:
    • es gibt jedoch keine Belege dafür, dass eine diätetische Restriktion (Vermeidung von potenten Nahrungsmittelallergenen) sinnvoll ist; das Gegenteil scheint der Fall zu sein [6]:
      • Vermehrter Verzehr von Erdnüssen durch die Mutter im ersten Trimester (ersten drei Monate der Schwangerschaft) war mit einer 47 % geringeren Wahrscheinlichkeit für allergische Reaktionen auf Erdnüsse assoziiert.
      • Vermehrter Verzehr von Milch durch die Mutter im ersten Trimester war mit weniger Asthma bronchiale und weniger allergischer Rhinitis (Heuschnupfen; allergischer Schnupfen) assoziiert.
      • Vermehrter Verzehr von Weizen durch die Mutter im zweiten Trimester war mit weniger atopischem Ekzem (Neurodermitis) assoziiert.
    • LEAP-Studie: Hochrisikokinder erkrankten seltener an einer Erdnussallergie, wenn sie vom ersten Lebensjahr an wöchentlich mindestens sechs Gramm Erdnüsse gegessen hatten [12]; gleiches gilt für Cashewkerne [13].
    • Es gibt Hinweise dafür, dass Fisch (Omega-3-Fettsäuren; EPA und DHA) in der Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft bzw. Stillzeit ein Schutzfaktor für die Entwicklung atopischer Erkrankungen beim Kind ist.
    • Das Risiko einer Eiallergie von Kindern im Alter von zwölf Monaten lässt sich nicht verhindern, wenn ihre stillenden Mütter in den Tagen nach der Entbindung täglich ein Ei verzehren. Die Gesamtprävalenz von Eiallergien war mit gut 8 % allerdings geringer als die ursprünglich erwarteten 15 % [15].
  • Stillen (voll stillen) 4-6 Monate
  • Muttermilchersatz bei Risikokindern: falls die Mutter nicht oder nicht ausreichend stillen kann, ist die Gabe von hydrolysierter Säuglingsnahrung bei Risikokindern bis zum 4. Lebensmonat  zu empfehlen.
    Beachte: Soja- Hafer- und andere Getreide“milchen“ sind aufgrund ihrer Zusammensetzung kein Ersatz für Muttermilch.
  • Beikosteinführung ab Beginn des 5. Lebensmonats soll mit einer geförderten Toleranzentwicklung assoziiert sein; frühzeitiger Fischkonsum soll einen protektiven Wert haben.
    Beachte: Späte Einführung von bestimmten Lebensmitteln nicht sinnvoll: Bei Kindern mit einem erhöhten Risiko für Allergien soll die Beikosteinführung nicht verzögert erfolgen.
  • Ernährung nach dem 1. Lebensjahr: es gibt keine Empfehlungen zur Allergieprävention im Sinne einer speziellen Diät
    • Beachte: Hypoallergene Ernährung des Kindes bei Muttermilchersatz auch bei „Risikokindern“ nicht empfohlen.
  • Empfehlungen für Kinder mit Risiko für eine Erdnussallergie [10]:
    • hohes Risiko (ausgeprägte Neurodermitis und/oder eine Hühnereier-Allergie):
      • sIgE-Messung und/oder Pricktest und falls notwendig, eine Nahrungs­mittelprovokation (Orale food challenge, OFC) → ggf. erdnuss­haltige Ernährung einführen; frühestmöglich (nach vier bis sechs Monaten), ggf. erste Portion erdnusshaltige Säuglingsernährung unter Aufsicht eines Arztes 
    • mittleres Risiko (mittelschwere Neurodermitis):
      • erdnusshaltige Ernährung einführen 
    • niedriges Risiko (keine Neurodermitis, keine Eiallergie):
      • erdnusshaltige Ernährung einführen 
    Modellierungsstudie aus England: Wenn Erdnussprodukte in die Ernährung von allen Säuglingen eingeführt – mit vier Monaten bei Ekzem und mit sechs Monaten ohne Ekzem –, könnten Erdnussallergien um 77 % reduziert werden [14].
  • Nahrungsmittelverzehr in der Kindheit [8]
    • Erhöhter Verzehr von Nahrungsmitteln mit Kuhmilch, Brustmilch und Hafer stand in inversem (ungekehrtem) Zusammenhang mit dem Risiko von allergischem Asthma.
    • Ein früher Fischverzehr war mit einem niedrigeren Risiko von allergischem und nicht allergischem Asthma assoziiert.
  • Exposition von Tabakrauch: Tabakrauch ist zu vermeiden – das gilt insbesondere während der Schwangerschaft [1, 2] 
  • Haustierhaltung [S3-Leitlinie: Allergieprävention]: 
    • Die Hundehaltung scheint in Hinblick auf Allergie und Asthma bronchiale im Schulalter bzw. in der Adoleszenz eher protektiv zu sein.
    • Die Katzenhaltung scheint das Risiko im Vorschulalter bzw. jungem Schulalter hinsichtlich einer Sensibilisierung zu erhöhen, später gleicht sich das Risiko aber gegenüber den katzenlosen Haushalten an.
  • Hinweis zu Impfungen: es gibt keine Belege dafür, dass Impfungen das Allergierisiko erhöhen; Kinder sollten gemäß den STIKO-Empfehlungen geimpft werden.
  • Zu reduzieren ist die Inhalation von Allergenen sowie der Kontakt mit Allergenen von Haustieren; des Weiteren vermeiden von Luftschadstoffen in Innen- und Außenräumen einschließlich der Tabakrauchexposition; es wird empfohlen bei Risikokindern keine Katze anzuschaffen.
  • Körpergewicht: ein erhöhter BMI (Body-Mass-Index) ist – insbesondere bei Asthma bronchiale – mit Asthma bronchiale positiv korreliert.

Literatur

  1. Zock JP, Plana E, Jarvis D, Antó JM, Kromhout H, Kennedy SM, Künzli N, Villani S, Olivieri M, Torén K, Radon K, Sunyer J, Dahlman-Hoglund A, Norbäck D, Kogevinas M: The use of household cleaning sprays and adult asthma: an international longitudinal study. Am J Respir Crit Care Med. 2007 Oct 15;176(8):735-41. Epub 2007 Jun 21
  2. Deutsches Krebsforschungszentrum. Tabakatlas Deutschland 2015. Heidelberg
  3. Secretan B, Straif K, Baan R et al.: A review of human carcinogens – Part E: tobacco, areca nut, alcohol, coal smoke, and salted fish. Lancet Oncol. 2009 Nov;10(11):1033-4.
  4. Beasley R, Clayton T, Crane J, von Mutius E, Lai CK, Montefort S, Stewart A; ISAAC Phase Three Study Group.Collaborators. Association between paracetamol use in infancy and childhood, and risk of asthma, rhinoconjunctivitis, and eczema in children aged 6-7 years: analysis from Phase Three of the ISAAC programme. Lancet. 2008 Sep 20;372(9643):1039-48
  5. Weinmayr G, Gehring U, Genuneit J, Büchele G, Kleiner A, Siebers R, Wickens K, Crane J, Brunekreef B, Strachan DP; ISAAC Phase Two Study Group. Dampness and moulds in relation to respiratory and allergic symptoms in children: results from Phase Two of the International Study of Asthma and Allergies in Childhood (ISAAC Phase Two). Clinical Experimental Allergy. 2013 Jul;43(7):762-74. doi: 10.1111/cea.12107.
  6. Bunyavanich S et al.: Peanut, milk, and wheat intake during pregnancy is associated with reduced allergy and asthma in children. J Allergy Clin Immunol. 2014 Feb 9. pii: S0091-6749(13)02989-8. doi: 10.1016/j.jaci.2013.11.040.
  7. Granell R et al.: Effects of BMI, Fat Mass, and Lean Mass on Asthma in Childhood: A Mendelian Randomization Study. PLOS Medicine 2014;11(7) e1001669
  8. Lumia M et al.: Food consumption and risk of childhood asthma. Pediatr Allergy Immunol. 2015 Feb 18. doi: 10.1111/pai.12352. 
  9. S3-Leitlinie: Allergieprävention. (AWMF-Registernummer: 061-016), November 2022 Langfassung
  10. Togias A et al.: Addendum guidelines for the prevention of peanut allergy in the United States: Report of the National Institute of Allergy and Infectious Diseases – sponsored expert panel. doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.anai.2016.10.004
  11. Thacher JD et al.: Parental smoking and development of allergic sensitization from birth to adolescene. Allergy 2016 Feb;71(2):239-48. doi: 10.1111/all.12792. Epub 2015 Nov 13.
  12. Toit GD et al.: Effect of Avoidance on Peanut Allergy after Early Peanut Consumption. N Engl J Med 2016; 374:1435-1443 doi: 10.1056/NEJMoa1514209
  13. Peters RL et al.: No cashew allergy in infants introduced to cashew by age 1 year. Journal of Allergy and Clinical Immunology 18 July 2020 https://doi.org/10.1016/j.jaci.2020.07.003
  14. Roberts G et al.: Defining the window of opportunity and target populations to prevent peanut allergy Journal of Allergy and Clinical Immunology December 12, 2022 doi:https://doi.org/10.1016/j.jaci.2022.09.042
  15. Nagakura K-I et al.: Effect of Maternal Egg Intake During the Early Neonatal Period and Risk of Infant Egg Allergy at 12 Months Among Breastfeeding Mothers. A Randomized Clinical Trial. JAMA Network Open. 2023; https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2023.22318

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Allergieprävention. (AWMF-Registernummer: 061-016), November 2022 Langfassung
  2. Santos A. F. et al.: EAACI guidelines on the diagnosis of IgE-mediated food allergy. European Journal of Allergy Oktober 2023. doi.org/10.1111/all.15902
     
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