Kurzsichtigkeit (Myopie) – Einleitung

Bei der Myopie (Synonyme: Achsenmyopie; Brechungsmyopie; Fundus myopicus; Funktionelle Myopie; Kongenitale Myopie; Myopia magna; Myopie; progressive Myopie; ICD-10-GM H52.1: Myopie) handelt es sich um die Kurzsichtigkeit des Auges.
Damit ist definitionsgemäß ein Missverhältnis zwischen der Brechkraft und der Achsenlänge des Augapfels gemeint, wodurch es dazu kommt, dass sich die einfallenden Strahlen in einem Brennpunkt vor der Netzhaut treffen. Dies führt dazu, dass auf der Netzhaut nur ein unscharfes Bild abgebildet werden. Es können also nur dem Auge nahe Gegenstände scharf gesehen werden.

Die Myopie wird unterschiedlich definiert:

  • Vorliegen von mindestens -0,75 Dioprien in beiden Hauptmeridianen der Hornhaut
  • rein sphärisches Refraktionsdefizit von -0,5 Dioptrien

Formen der Myopie

Man unterscheidet zwischen gutartiger (benigner) und bösartiger (maligner) Myopie:

  • Benigne Myopie (Myopia simplex):
    • Beginn meist im Alter von 9 bis 13 Jahren
    • Schwache bis mittelgradige Myopie, bis -6 Dioptrien
  • Benigne progressive Myopie:
    • Voranschreitende Kurzsichtigkeit bis zum 30. Lebensjahr
    • Bis -12 Dioptrien
  • Maligne Myopie (Myopia magna oder Myopia progressiva):
    • Weiter zunehmende Kurzsichtigkeit, auch im höheren Alter

Unterscheidung nach Ursache

  • Achsenmyopie:
    • Zu langer Augapfel und normale Brechkraft (80 % der Fälle)
  • Brechungsmyopie:
    • Normal langer Augapfel und zu starke Brechkraft

Besondere Formen der Brechungsmyopie

  • Myopisierende Sklerosierung des Linsenkerns im Alter
  • Keratokonus (nicht-entzündliche Degeneration der Hornhaut): Führt zu einer Verdünnung und Ektasie (sackartige Erweiterung) der Hornhaut, Myopisierung (Zunahme der Kurzsichtigkeit) und irregulärem Astigmatismus (Stabsichtigkeit: Fehler bei der Abbildung und dadurch verzerrtes Sehen); tritt meistens beidseitig auf.
  • Sphärophakie (kugelige Form der Linse)

Epidemiologie

Häufigkeitsgipfel: Das Maximum des Auftretens der Myopie liegt zwischen dem 9. und 13. Lebensjahr.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit:

  • 35-40 % in Deutschland
  • Im Alter von 0-17 Jahren betrug die Myopieprävalenz in Deutschland in den Jahren 2003-2006 11,6 % (95-%-Konfidenzintervall: [11,0; 12,2]) und in den Jahren 2014-2017 11,4 % [10,7; 12,2]. Die Myopieprävalenz bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland zeigt sich damit über ca. 10 Jahre nahezu unverändert [1].

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Zu Beginn der Kurzsichtigkeit (Myopie) bemerken die Betroffenen die ersten Anzeichen, vor allem nachts – das Sehvermögen in der Dunkelheit wird schlechter. Im Tagesverlauf fällt dann zunehmend auf, dass entfernte Objekte unscharf gesehen werden.
  • Der Verlauf der Myopie ist in der Regel progredient (fortschreitend), wobei das Fortschreiten je nach Form der Myopie unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann.
  • Bei vielen Betroffenen kommt das Fortschreiten der Myopie im Erwachsenenalter zum Erliegen.

Komplikationen

  • Kurzsichtige haben im Verlauf der Fehlsichtigkeit ein erhöhtes Risiko für eine Ablatio retinae (Netzhautablösung), insbesondere bei hohen Myopiegraden.
  • Weitere Komplikationen, die häufiger bei Myopie auftreten können, sind das Risiko für eine Glaskörperabhebung, ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Glaukoms (Grüner Star) und eine myopische Makulopathie (degenerative Veränderungen der Netzhautmitte).
  • Das Tragen von Kontaktlinsen kann bei unsachgemäßer Handhabung oder unzureichender Hygiene die Kornea (Hornhaut) schädigen. Dies kann zu Hornhautentzündungen oder -infektionen führen. Daher ist es wichtig, dass Betroffene regelmäßig ihre Augen von einem Augenarzt untersuchen lassen, um frühzeitig mögliche Komplikationen zu erkennen und zu behandeln.

Prognose

  • Die Prognose der Myopie hängt von der Form und dem Grad der Kurzsichtigkeit ab. Bei niedriger und stabiler Myopie ist die Prognose in der Regel gut und das Sehvermögen kann durch Korrekturmaßnahmen wie Brillen oder Kontaktlinsen effektiv verbessert werden.
  • Bei hoher und fortschreitender Myopie ist eine engmaschige augenärztliche Überwachung notwendig, um Komplikationen rechtzeitig zu erkennen und entsprechende therapeutische Maßnahmen einleiten zu können.
  • Moderne chirurgische Verfahren wie die refraktive Chirurgie bieten ebenfalls Möglichkeiten zur Korrektur der Myopie, sollten jedoch individuell abgewogen werden.

Literatur

  1. Schuster AK et al.: Prevalence and time trends in myopia among children and adolescents—results of the German KiGGS study Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 855-60; doi: 10.3238/arztebl.2020.0855