Einleitung
Nahrungsmittelallergie

Eine Nahrungsmittelallergie (NMA) (Synonyme: IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien; Lebensmittelallergien; NMA; Nahrungsmittelallergien – immunologische Reaktion; Nahrungsmittelunverträglichkeit; Nahrungsmittelüberempfindlichkeit; engl. food allergies; ICD-10-GM T78.1: Sonstige Nahrungsmittelunverträglichkeit, andernorts nicht klassifiziert) ist eine durch immunologische Mechanismen hervorgerufene Hypersensitivitätsreaktion nach Nahrungsaufnahme.

Bei der Nahrungsmittelallergie handelt es sich meist um eine IgE-vermittelte allergische Reaktion (Typ-1-Allergie); sie kann antikörper- oder zellvermittelt sein [3].

In Bezug auf deren Auslöser werden zwei Formen der Nahrungsmittelallergie unterschieden:

  • Primäre Nahrungsmittelallergie: durch gastrointestinale Sensibilisierung auf vorwiegend stabile Nahrungsmittelallergene (z. B. Milch- und Hühnereiweiß, Soja, Weizen, Erdnuss und Baumnüsse)
  • Sekundäre Nahrungsmittelallergie: Sensibilisierung gegenüber Aeroallergenen, z. B. Pollen, und daraus resultierender Kreuzallergie gegen häufig instabile Lebensmittelallergene (90 % der Fälle; kommen bei Erwachsenen häufiger vor als bei Kindern)

Geschlechterverhältnis: Männer zu Frauen beträgt 1 : 2. Als mögliche Ursachen werden genetische Einflüsse, eine vermehrte Exposition (z. B. beim Kochen) und hormonelle Faktoren in Betracht gezogen [2].

Häufigkeitsgipfel: Das Maximum des Auftretens der Nahrungsmittelallergien liegt im Kleinkindalter.

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei 4-8 % (in Deutschland). Die höchste Prävalenz primärer Sensibilisierungen gegen Nahrungsmittel liegt mit ca. 6,6 % im Säuglingsalter und sinkt auf ca. 3,2 % im 5. Lebensjahr ab [4].
Nahrungsmittelallergien betreffen laut EAACI Leitlinie inzwischen bis zu zehn Prozent der Kinder und Erwachsenen.
Die Häufigkeit des Vorkommens von Nahrungsmittelallergien wird auch von den Verzehrsgewohnheiten einzelner Länder bestimmt. Beispielsweise kommt es in den USA und in Großbritannien öfter zu Erdnussallergien als in Deutschland (1 % der Kinder in Deutschland leiden an einer ärztlich diagnostizierten Erdnussallergie) [1]. In Spanien und Portugal treten bevorzugt Fischallergien und in Deutschland Weizenallergien auf.

Verlauf und Prognose: Alle Nahrungsmittel können Auslöser einer allergischen Reaktion (primären Nahrungsmittelallergie) sein. Zu den häufigsten Auslösern zählen u. a. Nüsse, Milch, Eier, Gewürze, Fische und Schalentiere. Kinder reagieren besonders auf Kuhmilch- und Hühnereiweiß, Erdnuss, Weizen, Soja und Fisch allergisch, Jugendliche und Erwachsene hingegen auf rohes Gemüse und Obst, Gewürze sowie Nüsse. Ist das allergieauslösende Nahrungsmittel diagnostiziert (s. u. Labordiagnostik), sollte der Betroffene dieses möglichst nicht verzehren (Karenzkost), um beschwerdefrei zu bleiben.
Damit die Ernährung trotz Einschränkung ausgewogen bleibt, ist eine Schulung durch einen allergologisch versierten Ernährungsberater empfehlenswert. Bedacht werden müssen auch parallele oder ineinander übergehende Reaktionen ("Kreuzallergie").
In seltenen Fällen kann es im Rahmen einer Nahrungsmittelallergie zu einem anaphylaktischem Schock, der zu einem Kreislaufzusammenbruch führt, kommen.

Beachte: Fischallergiker müssen nicht alle komplett auf Fisch verzichten. Einige tolerieren bestimmte Fischarten und brauchen daher trotz ihrer Überempfindlichkeit nicht auf diese Eiweißquelle zu verzichten [5].

Eine Nahrungsmittelallergie kann in eine Toleranz übergehen: Falls die Nahrungsmittelallergie im Säuglingsalter aufgetreten ist, entwickelt sie sich meist bis zum sechsten Lebensjahr zurück. Besonders günstig ist die Prognose einer Spontanremission (komplette oder teilweise Verschwinden einer Krankheit) bei Kuhmilcheiweiß-, Hühnereiweiß-, Weizen- und Sojaallergien.
Nahrungsmittelallergien im Erwachsenenalter bleiben meistens ein Leben lang bestehen.

Komorbiditäten (Begleiterkrankungen): Zwei Drittel der Patienten leiden an atopischen Erkrankungen wie allergische Rhinitis, Asthma bronchiale und atopische Dermatitis.

Literatur

  1. Helbling A: Wichtige kreuzreaktive Allergene. Schweiz Med Wschr 127, 382-389, 1997
  2. Hofer T, Wüthrich B: Nahrungsmittelallergien. 2: Häufigkeit der Organmanifestationen und der allergieauslösenden Nahrungsmittel. Schweiz Med Wschr 115, 1437-1442, 1985
  3. Johansson SGO, Hourihane JOB, Bousquet J et al.: A revised nomenclature for allergy. Allergy 2001; 56: 813-824
  4. Ballmer-Weber, B.K. and B. Wüthrich: Die Nahrungsmittelallergie und ihre diätetische Behandlung. Aktuel Ernahrungsmed 2001; 26(5): 196-201 doi: 10.1055/s-2001-17723
  5. Sørensen M et al.: Cross-reactivity in fish allergy: A double-blind, placebo-controlled food-challenge trial. Journal of Allergy and Clinical Immunology October 2017; doi: 10.1016/j.jaci.2017.03.043

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Nahrungsmittelallergie infolge immunologischer Kreuzreaktivitäten mit Inhalationsallergenen. (AWMF-Registernummer: 061 - 019), August 2013 Allergo J Int 2014; 23: 1
  2. Renz H: In-vitro-Allergiediagnostik. Rezensierte Publikation. JLM Band 39: Heft 4. Juli 2015 doi.org/10.1515/labmed-2015-0062
  3. S2k-Leitlinie: IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien, Management. (AWMF-Registernummer: 061-031), Februar 2016 Langfassung
  4. S3-Leitlinie: Allergieprävention. (AWMF-Registernummer: 061-016), November 2022 Langfassung
  5. Santos A. F. et al.: EAACI guidelines on the diagnosis of IgE-mediated food allergy. European Journal of Allergy Oktober 2023. doi.org/10.1111/all.15902

     
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