Vorsorgeuntersuchungen für Prostata und Hoden

Die Vorsorgeuntersuchungen für Prostata und Hoden dienen der frühzeitigen Erkennung urologischer Erkrankungen – insbesondere maligner Tumoren wie Prostatakarzinom und Hodentumoren. Diese Vorsorge richtet sich an symptomfreie Männer und ist essenzieller Bestandteil der männlichen Gesundheitsprävention. Ziel ist die Reduktion der krankheitsbedingten Morbidität und Mortalität sowie der Erhalt von Lebensqualität und Reproduktionsfunktion.

Medizinische Vorsorgeuntersuchungen

Prostatavorsorge

  • Aufklärung zur Prostatakrebsfrüherkennung
    Ab dem 45. Lebensjahr (bei familiärer Belastung ab dem 40. Lebensjahr) ist eine ärztliche Aufklärung über Nutzen und Risiken der Prostatakrebsfrüherkennung vorgesehen
    • Es besteht keine Empfehlung zur systematischen Reihenuntersuchung asymptomatischer Männer
    • Der PSA-Test sollte nur nach informierter Entscheidung (shared decision making) erfolgen
  • Prostata-spezifisches Antigen (PSA)
    Laborparameter zur Früherkennung des Prostatakarzinoms
    • Aussagekräftiger bei wiederholter Messung (Verlaufskontrolle)
    • Die Interpretation muss alters- und volumenadaptiert erfolgen
    • Risiko: Überdiagnose und Übertherapie bei indolenten Karzinomen
    Empfehlung gemäß S3-Leitlinie Prostatakarzinom:
    • PSA < 1,5 ng/ml: Wiederholung des Screenings nach 5 Jahren
    • PSA 1,5–2,99 ng/ml: Wiederholung des Screenings nach 2 Jahren
    • PSA ≥ 3 ng/ml: weiterführende Diagnostik, z. B. multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRT) der Prostata
  • Multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRT) der Prostata
    Hochauflösende Bildgebung mit T2-gewichteter Morphologie, Diffusionsbildgebung (DWI) und dynamischer Kontrastmittelgabe (DCE)
    • Indikation: abklärungsbedürftiger PSA-Wert oder negative Biopsie trotz persistierendem Verdacht
    • Ziel: Erhöhung der diagnostischen Treffsicherheit und Vermeidung unnötiger Biopsien (Gewebeproben)
  • Transrektale Prostatasonographie (TRUS)
    Sonographische Darstellung der Prostata über den Enddarm
    • Beurteilung von Prostatagröße, Volumen und echogenen Auffälligkeiten
    • Eingeschränkte Sensitivität für die Tumorerkennung, jedoch nützlich zur Volumenbestimmung und für gezielte Biopsien
  • Digitale rektale Untersuchung (DRU)
    Manuelle Palpation der Prostata durch das Rektum (Enddarm)
    • Als alleiniges Screeningverfahren ungeeignet – niedrige Sensitivität, insbesondere bei kleinen Tumoren [1]
    • In symptomatischen Fällen ergänzend zur orientierenden Beurteilung der Konsistenz indiziert

Hodenvorsorge

  • Selbstuntersuchung der Hoden
    Monatliche Palpation der Hoden zur Früherkennung von Verhärtungen, Größenveränderungen oder Knoten
    • Empfohlen für Männer im Alter zwischen 15 und 35 Jahren
    • Durchführung idealerweise nach dem Duschen oder Baden (entspannte Skrotalhaut/Hodensack)
  • Klinische Hodentastuntersuchung
    Palpation durch den Arzt bei auffälligen Befunden oder erhöhtem Risiko (z. B. Maldescensus testis, positive Familienanamnese)
  • Sonographie der Hoden
    Hochauflösende Ultraschalluntersuchung zur Darstellung von Raumforderungen, Verkalkungen oder entzündlichen Veränderungen
    • Goldstandard zur Differenzierung zwischen benigner (gutartiger) und maligner (bösartiger) Raumforderung
    • Indiziert bei Beschwerden, tastbaren Veränderungen oder zur Verlaufskontrolle

Fakultative ergänzende Vorsorgemodule

  • Andropause-Check
    Diagnostik bei altersabhängigem Hypogonadismus (Testosteronmangel)
    • Hormonstatus: Gesamt- und freies Testosteron, LH, FSH, SHBG
    • Indikation: Libidoverlust, Müdigkeit, Muskelschwäche, depressive Verstimmung
  • Anti-Aging-Check für den Mann
    Ganzheitliche Untersuchung zur Einschätzung des biologischen Alters, der hormonellen Balance, Leistungsfähigkeit und kognitiven Funktion
    • Integration endokriner, metabolischer, neurologischer und kardiovaskulärer Parameter
  • Stress-Test (körperlich-psychisch)
    • Messung der Herzfrequenzvariabilität (HRV) zur Einschätzung der vegetativen Stressreaktion
    • Cortisolanalyse (z. B. im Speichel) zur Beurteilung chronischer Stressbelastung

Supplementierung im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen für Prostata und Hoden

Zielgerichtete Supplementierung kann eine sinnvolle Ergänzung der urologischen Prävention bei Männern darstellen – insbesondere zur Unterstützung der Funktionsfähigkeit der Prostata (Vorsteherdrüse), der Hoden (Keimdrüsen) und der Fruchtbarkeit. Voraussetzung ist eine ärztliche Evaluation im Rahmen der Vorsorge.

Mikronährstoffe

Vitamine

  • Vitamin A (Retinol) – Unterstützt die Differenzierung und Integrität des Prostataepithels (Deckgewebe der Vorsteherdrüse)
  • Vitamin C (Ascorbinsäure) – Antioxidativ wirksam im Prostatagewebe und in der Samenflüssigkeit
  • Vitamin D3 (Cholecalciferol) – Beteiligung an der Regulation der Zellproliferation im Prostatagewebe
  • Vitamin E (Tocopherol) – Schutz vor Lipidperoxidation, möglicherweise präventiv gegenüber Prostatakarzinomen (Prostatakrebs)
  • Vitamin B6 (Pyridoxin) – Beteiligung am Homocysteinabbau und an hormonellen Stoffwechselwegen
  • Vitamin B12 (Cobalamin) – Wichtig für Zellteilung und Spermienbildung (Spermatogenese)
  • Folsäure (Vitamin B9) – Essenziell für die DNA-Synthese in Zellen mit hoher Teilungsrate wie Keimzellen (Samenzellen)

Mineralstoffe

  • Magnesium – Unterstützt den Energiestoffwechsel und die Hormonregulation im urogenitalen Bereich

Spurenelemente

  • Chrom – Beeinflusst die Insulinsensitivität und damit hormonelle Stoffwechselprozesse
  • Kupfer – Cofaktor zahlreicher Enzyme, möglicherweise regulativ im oxidativen Stoffwechsel
  • Selen – Bestandteil antioxidativer Enzyme (z. B. Glutathionperoxidase), möglicherweise schützend gegenüber DNA-Schäden im Prostatagewebe
  • Zink – Hoch konzentriert im Prostatasekret, essentiell für die Spermatogenese und antioxidativ wirksam

Fettsäuren

  • Docosahexaensäure (DHA) (Omega-3-Fettsäure) – Fördert die Zellintegrität und wirkt entzündungshemmend im Prostatagewebe
  • Eicosapentaensäure (EPA) (Omega-3-Fettsäure) – Unterstützt die entzündungsmodulierende Immunantwort im Urogenitaltrakt
  • Gamma-Linolensäure (GLA) (Omega-6-Fettsäure) – Beeinflusst die Prostaglandinsynthese und zeigt antiinflammatorische Effekte

Sekundäre Pflanzenstoffe (Phytotherapeutika)

  • Grüntee-Polyphenole (EGCG) (Epigallocatechingallat) – Antioxidativ, antiproliferativ und entzündungshemmend im prostatischen Mikroklima
  • Isoflavone (aus Soja) – Phytoöstrogene mit potenzieller Modulation von Androgensignalwegen in der Prostata
  • Kürbiskernöl (extrahiertes Öl aus Cucurbita pepo) – Traditionell bei Reizblasen- und Prostatabeschwerden eingesetzt
  • Lycopin (ein rotes Carotinoid aus Tomaten) – Antioxidativer Zellschutz, insbesondere im Prostatagewebe

Weitere bioaktive Substanzen

  • Coenzym Q10 (Ubichinon) – Unterstützt die mitochondriale Energieproduktion in Hodenzellen und Spermien
  • L-Carnitin – Fördert den Energiestoffwechsel der Spermien und verbessert deren Motilität (Beweglichkeit)

Laborleistungen zur Vorsorge

  • PSA (Prostata-spezifisches Antigen)
    Sensitiver Tumormarker für das Prostatakarzinom
    • Bewertung altersbezogen und volumenadjustiert
    • Entscheidungshilfe für weiterführende Diagnostik und Verlaufskontrolle
  • Testosteron (gesamt und frei)
    Bewertung der Androgenversorgung
    • Freies Testosteron = berechnet aus Gesamt-Testosteron und SHBG
  • LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikelstimulierendes Hormon)
    Steuerhormone der Hypophyse zur Differenzierung zwischen primärem und sekundärem Hypogonadismus (Funktionsstörung der Keimdrüsen)
  • SHBG (Sexualhormonbindendes Globulin)
    Trägerprotein für Testosteron – beeinflusst das freie, biologisch aktive Testosteron
  • DHEA-S (Dehydroepiandrosteronsulfat)
    Marker für die Nebennierenrindenfunktion, mit Einfluss auf Vitalität, Libido und Muskelkraft

Medizingerätediagnostik zur Vorsorge

  • Multiparametrische Magnetresonanztomographie der Prostata (mpMRT der Prostata)
    • Indikation: erhöhter PSA-Wert, unauffällige DRU, negative Vorbiopsien
    • Anwendung: nichtinvasiv, hohe Sensitivität und Spezifität zur Erkennung klinisch signifikanter Karzinome
  • Ultraschall-Elastographie (Sonoelastographie)
    • Erweiterung der konventionellen Ultraschalluntersuchung zur Beurteilung der Gewebeelastizität.
    • Anwendung insbesondere bei Prostataverdacht zur Detektion von Arealen mit verminderter Elastizität, die auf maligne Veränderungen hindeuten können.
    • Durchführung meist transrektal, ergänzend zur TRUS.
    • Die diagnostische Aussagekraft steigt in Kombination mit PSA, mpMRT und ggf. Biopsie.
    • Kein Ersatz, sondern komplementäres Verfahren zur Steigerung der Gesamtsensitivität.
    • Mögliche Befunde bei Prostata:
      • Homogene Elastizität = unauffällig
      • Fokal reduzierte Elastizität = Tumorverdacht
      • Artefakte durch Kompressionsfehler müssen berücksichtigt werden.
  • Hodensonographie (Hodenultraschall)
    • Indikation: tastbare Veränderungen, Schmerzen, Trauma oder Kontrolluntersuchungen
    • Anwendung: schnelle, strahlenfreie Differenzierung gutartiger und maligner Prozesse

Literatur

  1. Naji L, Randhawa H, Sohani ZN, et al. Digital Rectal Examination for Prostate Cancer Screening in Primary Care: A Systematic Review and Meta-Analysis. Ann Fam Med. 2018;16(2):149–154. https://doi.org/10.1370/afm.2205

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Prostatakarzinom. (AWMF-Registernummer: 043 - 022OL), Mai 2024 Kurzfassung Langfassung