Vorsorge für die Ohren

Die Ohren sind nicht nur für die auditive Wahrnehmung (Hörvermögen), sondern auch für das Gleichgewicht und die Orientierung im Raum von zentraler Bedeutung. Hörminderungen und Gleichgewichtsstörungen können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – oft lange bevor sie subjektiv auffallen. Die nachfolgenden Vorsorgemaßnahmen dienen der frühzeitigen Erkennung von Funktionsstörungen des auditiven und vestibulären Systems (Hör- und Gleichgewichtssinn) – indikationsfrei und auf präventivmedizinischer Grundlage.

Medizinische Vorsorgeuntersuchungen

  • Anamnese und klinische HNO-Basisuntersuchung (Krankengeschichte/Befragung und Untersuchung von Hals, Nase und Ohren)
    • Erfassung von subjektiven Hörminderungen, Tinnitus (Ohrgeräusche), Schwindel oder familiären Risikofaktoren
    • Inspektion des Gehörgangs und Trommelfells mittels Ohrmikroskopie (Vergrößerungsuntersuchung des Ohres)
  • Reintonaudiometrie (Hörtest mit Tönen unterschiedlicher Frequenz)
    • Subjektive Erfassung der Hörschwelle über Luft- und Knochenleitung
    • Grundlage zur Früherkennung von Schallempfindungs- und Schallleitungsschwerhörigkeit (Hörverlust im Innen- oder Mittelohr)
  • Sprachaudiometrie (Hörtest mit Wörtern)
    • Testung des Sprachverständnisses bei verschiedenen Lautstärken
    • Identifikation sozial relevanter Hörverluste, z. B. bei Alters- oder Berufsschwerhörigkeit
  • Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (AVWS – zentrale Hörverarbeitungsstörung)
    • Screening-Verfahren zur Früherkennung zentral-auditiver Verarbeitungsdefizite bei Kindern mit unauffälligem Hörtest
    • Indiziert bei auffälliger Sprachentwicklung oder Lernauffälligkeiten

Fakultative ergänzende Vorsorgemodule

  • G 20-Vorsorgeuntersuchung „Lärm“ (Hörtest bei beruflicher Lärmbelastung)
    • Spezielle arbeitsmedizinische Untersuchung bei beruflicher Lärmbelastung
    • Ziel: Frühzeitige Erkennung einer beginnenden Lärmschwerhörigkeit
  • Stimmdiagnostik bei Stimmbelastungsberufen (Stimmuntersuchung bei z. B. Lehrern)
    • Vorsorgliche Analyse der stimmlichen Leistungsfähigkeit (z. B. bei Lehrkräften, Sängern)
    • Früherkennung von Stimmüberlastung oder funktionellen Störungen
  • Tauchtauglichkeitsprüfung – HNO-relevanter Teil (Untersuchung für sicheres Tauchen)
    • Vorsorgeuntersuchung der Mittelohrbelüftung und Gleichgewichtsorgane bei Tauchern
    • Ziel: Ausschluss eines erhöhten Barotrauma-Risikos vor Tauchbeginn
  • Phoniatrisch-pädaudiologische Vorsorge
    • Vorsorgliche Erfassung von Sprachentwicklungsverzögerungen, auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen bei Kindern.
    • Stimmfeldanalyse und Stimmdiagnostik bei Risikogruppen (z. B. berufsbedingt oder bei Vorschädigungen).
    • Interdisziplinäre Frühdiagnostik in Kooperation mit Pädaudiologie und Logopädie.

Supplementierung im Rahmen der Vorsorge für die Ohren

Zielgerichtete Supplementierung kann zur Erhaltung der Hörfunktion, zur Prävention sensorineuraler Hörstörungen (Schwerhörigkeit durch Schädigung des Innenohrs oder Hörnervs) sowie zur Minderung ototoxischer Schäden (gehörschädigender Substanzen) beitragen – insbesondere im Rahmen einer frühzeitigen Vorsorgestrategie.

Mikronährstoffe

Vitamine

  • Vitamin A (Retinol) – Aufrechterhaltung der Integrität der Epithelzellen im Innenohr (Sinneszellen der Cochlea), antioxidativer Schutz bei altersassoziiertem Hörverlust (Presbyakusis)
  • Vitamin C (Ascorbinsäure) – Antioxidative Wirkung gegen Lärm- und Altersschäden im Corti-Organ (Hörorgan im Innenohr)
  • Vitamin D3 (Cholecalciferol) – Beteiligung an der Kalziumhomöostase in Haarzellen (Sinneszellen des Innenohrs), mögliche protektive Wirkung bei Otosklerose (Verknöcherung im Mittelohr)
  • Vitamin E (Tocopherol) – Schutz vor Lipidperoxidation in cochleären Membranen (Oxidationsschäden in Zellmembranen des Innenohrs), evidenzbasierter Nutzen bei Lärmschwerhörigkeit
  • Vitamin B1 (Thiamin) – Beteiligung an der neuronalen Signalweiterleitung im Hörnerv (Nervus cochlearis), Mangelzustände mit potenzieller Neuropathie (Nervenschädigung)
  • Vitamin B6 (Pyridoxin) – Neuroprotektive Effekte (Nervenschützende Wirkung), wichtig für die Funktion zentraler und peripherer auditorischer Bahnen (Hörverarbeitung im Gehirn)
  • Vitamin B12 (Cobalamin) – Verhinderung demyelinisierender Prozesse (Abbau von Nervenisolierung), Beteiligung an der Reizweiterleitung im auditorischen System (Hörsystem)
  • Folsäure (Vitamin B9) – Homocysteinregulation, Schutz vor vaskulären Innenohrschäden (Durchblutungsstörungen der Cochlea

Mineralstoffe

  • Magnesium – Antagonist von exzitatorischen Neurotransmittern, Schutz vor Lärm-induzierter Hörminderung durch vaskuläre und neuronale Stabilisierung im Innenohr

Spurenelemente

  • Selen – Schutz vor oxidativem Stress im cochleären Gewebe (Innenohrgewebe), insbesondere bei ototoxischen Medikamenten wie Aminoglykosiden (gehörschädigende Antibiotika)
  • Zink – Cofaktor für antioxidative Enzymsysteme (z. B. Superoxiddismutase), unterstützend bei Tinnitus und infektiösen Mittelohrentzündungen

Fettsäuren

  • Omega-3-Fettsäuren, insbesondere Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA) – Förderung der Mikrozirkulation im Innenohr, neuroprotektiv bei altersbedingter Degeneration cochleärer Strukturen (Innenohrabbau mit zunehmendem Alter)

Sekundäre Pflanzenstoffe (Phytotherapeutika)

  • Curcumin (Kurkuma-Extrakt) – Antientzündlich und antioxidativ bei chronischen Entzündungsprozessen des Mittel- und Innenohrs
  • Ginkgo-biloba-Extrakt – Verbesserung der cochleären Durchblutung (Blutversorgung des Innenohrs), potenzielle Linderung von Tinnitus und Hörsturz (plötzlicher Hörverlust), antioxidativer Effekt durch Flavonglykoside

Weitere Substanzen

  • Coenzym Q10 – Schutz der Mitochondrienfunktion (Energieproduktion in den Haarzellen), potenzieller Nutzen bei altersassoziierter Schwerhörigkeit und oxidativen Schäden
  • N-Acetylcystein (NAC) – Reduktion freier Radikale, Schutz der cochleären Haarzellen bei Lärmbelastung oder ototoxischer Exposition

Diese Substanzen können bei bestehender Indikation gezielt zur Prävention otologischer Erkrankungen (Erkrankungen des Ohrs) eingesetzt werden. Voraussetzung ist die fachärztliche Beurteilung und ggf. eine ergänzende audiologische Diagnostik (z. B. Hörtest, Tympanometrie). 

Laborleistungen zur Vorsorge

  • Blutzucker (Nüchternglucose), HbA1c (Langzeitblutzucker)
    • Diabetes mellitus als Risikofaktor für mikroangiopathisch bedingte Innenohrschädigungen (durchblutungsbedingter Hörverlust)
  • Blutfette (Gesamtcholesterin, LDL, HDL, Triglyceride) – Fettwerte im Blut
    • Hyperlipidämie begünstigt vaskuläre Innenohrstörungen, z. B. plötzlicher Hörverlust
  • hsCRP (C-reaktives Protein, hochsensitiv) – hochsensitiver Entzündungsmarker im Blut
    • Chronisch subklinische Entzündungen sind mit einem erhöhten Risiko für altersbedingte Innenohrschäden assoziiert

Medizingerätediagnostik zur Vorsorge

  • Otoakustische Emissionen (OAE)Messung von Schallrückantworten im Ohr
    • Objektive Erfassung der Funktion der äußeren Haarzellen in der Cochlea (Hörschnecke)
    • Standardmethode im Neugeborenenhörscreening sowie bei Kindern und Erwachsenen mit Verdacht auf Frühschwerhörigkeit
  • Tympanometrie (Impedanzmessung) – Prüfung der Trommelfellbeweglichkeit
    • Beurteilung der Mittelohrfunktion (Trommelfellbeweglichkeit, Druckverhältnisse)
    • Frühdiagnostik bei Paukenergüssen oder Tubenventilationsstörungen
  • Hirnstammaudiometrie (BERA) Messung von Hörnervenreaktionen
    • Objektive Prüfung der zentralen Hörbahn bis zum Hirnstamm
    • Indiziert bei Verdacht auf zentrale Hörverarbeitungsstörungen (z. B. bei AVWS, familiärer Disposition)
  • Craniocorpographie (Analyse von Kopf- und Körperbewegungen zur Gleichgewichtsmessung)
    • Analyse der Kopf- und Körperbewegung zur Früherkennung von Gleichgewichtsstörungen
    • Vorsorglich einsetzbar bei älteren Personen oder Patienten mit Sturzrisiko
  • Evozierte Reaktionsaudiometrie (ERA) – objektive audiometrische Verfahren (z. B. BERA, CERA), die Hörbahnreaktionen auf akustische Reize messen. Sie ermöglichen die frühzeitige Erkennung zentraler Hörstörungen – insbesondere bei Kindern oder nicht kooperativen Patienten.