Morbus Whipple – Medikamentöse Therapie
Therapieziele
- Rehydrierung (Flüssigkeitszufuhr): Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes bei Dehydratation (Austrocknung).
- Eliminierung des Erregers (Bakterienentfernung): vollständige Entfernung von Tropheryma whipplei (krankheitsverursachendes Bakterium).
- Vermeidung von Komplikationen (Folgeerkrankungen): insbesondere Beteiligung des zentralen Nervensystems (ZNS), Endokarditis (Herzinnenhautentzündung) und Rezidive (Rückfälle).
Therapieempfehlungen
- Symptomatische Therapie (beschwerdelindernde Behandlung):
- Flüssigkeitsersatz bei Zeichen der Dehydratation (> 3 % Gewichtsverlust) durch orale Rehydratationslösungen (hypoton, zwischen den Mahlzeiten – „Teepausen“).
- Analgetika (Schmerzmittel) und Antipyretika (fiebersenkende Mittel) zur Linderung von Schmerzen und Fieber.
- Kausale Therapie (Ursachenbehandlung mit Antibiotika):
- Initialtherapie mit liquorgängigen Antibiotika (das Nervenwasser erreichend) wie Ceftriaxon oder Meropenem.
- Erhaltungstherapie über mindestens 12 Monate mit oralen Antibiotika (zum Einnehmen).
- Kontrolle des Therapieerfolgs durch Tropheryma whipplei-PCR (Polymerase-Kettenreaktion) aus Biopsie, Stuhl, Liquor (Nervenwasser).
- Besonderheit: Vor Therapiebeginn stets Liquor-PCR (Polymerase-Kettenreaktion) zur Erfassung einer ZNS-Beteiligung durchführen, da die Wahl und Dauer der Therapie hiervon abhängen.
Wirkstoffe (Hauptindikation)
| Wirkstoffgruppe | Wirkstoffe | Besonderheiten |
|---|---|---|
| Cephalosporine (Antibiotika-Gruppe) | Ceftriaxon | Initialtherapie; liquorgängig; Dosisanpassung bei Nieren- und Leberinsuffizienz (eingeschränkte Organfunktion) erforderlich |
| Carbapeneme (Reserveantibiotika) | Meropenem | Initialtherapie; liquorgängig; Reserveantibiotikum; Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz (eingeschränkte Nierenfunktion) erforderlich |
| Sulfonamide (Antibiotika-Gruppe) | Cotrimoxazol (Trimethoprim + Sulfamethoxazol) | Erhaltungstherapie; liquorgängig; Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz; kontraindiziert bei schwerer Nieren-/Leberinsuffizienz (schwere Organerkrankung) |
| Tetracycline (Breitbandantibiotika) | Doxycyclin | Alternative zur klassischen Sequenztherapie in Kombination mit Hydroxychloroquin; mäßig liquorgängig |
| Antiprotozoika/Immunmodulatoren (Mittel gegen Einzeller/Abwehrmodulatoren) | Hydroxychloroquin (HCQ) | Kombination mit Doxycyclin; verstärkt intrazelluläre Wirksamkeit; Netzhautkontrollen (Augenuntersuchungen) erforderlich |
Wirkweise und Nebenwirkungen
- Cephalosporine (zum Beispiel Ceftriaxon):
- Wirkweise: bakterizid (bakterienabtötend), Hemmung der Zellwandsynthese.
- Wirkspektrum: Neisserien, Streptokokken, Enterobacteriaceae, Borrelien.
- Nebenwirkungen: allergische Reaktionen, gastrointestinale Beschwerden (Magen-Darm-Beschwerden), Alkoholintoleranz (Unverträglichkeit), Gerinnungsstörungen (Blutgerinnungsstörungen).
- Carbapeneme (zum Beispiel Meropenem):
- Wirkweise: bakterizid (stark bakterienabtötend) mit sehr breitem Spektrum.
- Wirkspektrum: grampositive und gramnegative Erreger, einschließlich Enterobacteriaceae.
- Nebenwirkungen: gastrointestinale Störungen (Magen-Darm-Störungen), sekundäre Candida-Infektionen (Pilzinfektionen).
- Cotrimoxazol (Trimethoprim + Sulfamethoxazol):
- Wirkweise: bakteriostatisch (wachstumshemmend) durch Hemmung der Folsäuresynthese.
- Wirkspektrum: Streptokokken, Staphylokokken, Neisserien, Enterobacteriaceae, Pneumocystis jirovecii.
- Nebenwirkungen: allergische Hautreaktionen, gastrointestinale Beschwerden (Magen-Darm-Beschwerden), Nephrotoxizität (Nierenschädigung).
- Tetracycline (zum Beispiel Doxycyclin):
- Wirkweise: bakteriostatisch (wachstumshemmend) durch Hemmung der Proteinsynthese.
- Wirkspektrum: Rickettsien, Chlamydien, Mykoplasmen, Borrelien, Yersinien.
- Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Photosensibilisierung (Lichtempfindlichkeit), Einlagerung in Knochen/Zähne.
- Hydroxychloroquin (HCQ):
- Wirkweise: Anhebung des intrazellulären pH-Wertes, Verstärkung der intrazellulären Aktivität von Doxycyclin gegen Tropheryma whipplei.
- Nebenwirkungen: Retinopathie (Netzhautschädigung; regelmäßige augenärztliche Kontrollen), gastrointestinale Beschwerden (Magen-Darm-Beschwerden), selten Myopathien (Muskelerkrankungen).
Neue Studienlage
- Nicht-Unterlegenheitsstudie [1]
- Offene, randomisiert-kontrollierte Phase-II/III-Studie mit 60 Patienten (Studienteilnehmern).
- Vergleich:
- Standardtherapie: Ceftriaxon intravenös (in die Vene) gefolgt von Cotrimoxazol oral (zum Einnehmen) über 12 Monate.
- Vergleichsgruppe: Doxycyclin + Hydroxychloroquin oral über 12 Monate.
- Ergebnisse:
- Vollständige klinische Remission (Beschwerdefreiheit) ohne Rezidiv (Rückfall) bis Woche 24 bei 81 % unter Standardtherapie und 97 % unter oraler Therapie.
- Kein signifikanter Unterschied in der Rezidivrate nach 24 Monaten.
- Schlussfolgerung: Die Kombination Doxycyclin + Hydroxychloroquin ist der klassischen Sequenztherapie nicht unterlegen und stellt eine praktikable orale Alternative dar.
Spezielle Therapieaspekte
- ZNS-Beteiligung (zentrales Nervensystem):
- Bei positiver Liquor-PCR (Polymerase-Kettenreaktion) oder neurologischer Symptomatik ist eine Intensivierung der Therapie erforderlich.
- In der oralen Behandlungsgruppe der Studie wurde bei Liquor-PCR-positiven Patienten zusätzlich Cotrimoxazol häufiger gegeben, bis der Test negativ wurde.
- Therapiekontrolle:
- Regelmäßige PCR-Nachweise (Polymerase-Kettenreaktion) aus Biopsien (Gewebeproben), Stuhl oder Liquor (Nervenwasser) zur Beurteilung des Therapieerfolges.
- Klinische Kontrolle von Gewicht, Appetit, gastrointestinaler Symptomatik (Magen-Darm-Beschwerden) und neurologischem Status (Nervensystem-Befund).
- Rezidivprophylaxe (Vorbeugung gegen Rückfälle):
- Therapie konsequent über mindestens 12 Monate fortführen.
- Regelmäßige Verlaufskontrollen bis zu zwei Jahre nach Therapieende.
- Therapieversagen oder Rückfall:
- PCR (Polymerase-Kettenreaktion) und ggf. Resistenzprüfung (Widerstandsfähigkeit des Erregers).
- Gegebenenfalls Wechsel des Antibiotikums oder Verlängerung der Therapie.
Fazit
Die antibiotische Langzeittherapie ist entscheidend, um Rückfälle und chronische Verläufe zu verhindern.
Die Standardtherapie mit intravenösem Ceftriaxon, gefolgt von oraler Cotrimoxazol-Behandlung über ein Jahr, bleibt etabliert.
Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass eine vollständig orale Kombinationstherapie mit Doxycyclin + Hydroxychloroquin über 12 Monate gleichwertig wirksam ist – insbesondere bei Patienten ohne Beteiligung des zentralen Nervensystems.
Bei neurologischer Mitbeteiligung ist weiterhin eine intensivere und längerfristige Therapie erforderlich.
Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)
Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für das Immunsystem sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:
- Vitamine (A, C, E, D3, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
- Spurenelemente (Chrom, Eisen, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
- Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
- Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin, Flavonoide (Citrusfrüchte), Lycopin (Tomaten), Proanthocyanidine (Cranberrys), Polyphenole)
- Weitere Vitalstoffe (Probiotische Kulturen: Laktobazillen, Bifidobakterien)
Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.
Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
Literatur
- Moos V et al.: Oral treatment of Whipple’s disease with doxycycline and hydroxychloroquine versus intravenous therapy with ceftriaxone followed by oral trimethoprim-sulfamethoxazole in Germany: a phase 2/3, prospective, open-label, randomised, controlled, non-inferiority trial. Lancet Infect Dis 2025;25(7): 788-800. DOI: 10.1016/S1473-3099(24)00797-7.
Leitlinien
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S2k-Leitlinie: Gastrointestinale Infektionen. (AWMF-Registernummer: 021-024), November 2023 Langfassung