Libidostörungen des Mannes – Einleitung

Libidostörungen bezeichnen Störungen des Geschlechtstriebes, wobei es sich meistens um einen Libidomangel bzw. eine sexuelle Lustlosigkeit handelt. In vielen Fällen tritt dieser gemeinsam mit der erektilen Dysfunktion (ED; Erektionsstörungen) auf. Ein vermindertes sexuelles Verlangen muss nicht zwangsläufig pathologisch sein und kann in bestimmten Lebensphasen, wie bei körperlichen Erkrankungen oder verbundenen Behandlungen, häufiger auftreten.

Synonyme und ICD-10: Geschlechtstriebstörung; Hypoactive Sexual Desire Disorder, HSDD; Libidostörungen – Mann; ICD-10-GM F52.0: Mangel oder Verlust von sexuellem Verlangen)

Vermindertes sexuelles Verlangen muss nicht zwangsweise pathologisch sein. Es gibt Lebensphasen, wie beispielsweise körperliche Erkrankungen und mit denen verbundene Behandlungen, in denen ein vermindertes sexuelles Verlangen häufiger auftritt. Klinisch bedeutsam jedoch ist ein Mangel bzw. Verlust von sexuellem Verlangen, wenn dieser mit einer subjektiven Beeinträchtigung oder Leidensdruck einhergeht.

Ätiologie und Pathogenese

Libidostörungen können verschiedene Ursachen haben, die sowohl organische als auch psychische Faktoren umfassen:

  • Organische Ursachen
    • Hormonelle Störungen: Hypogonadismus (Testosteronmangel)
    • Schilddrüsenfunktionsstörungen
  • Neurologische Erkrankungen
    • Multiple Sklerose (MS)
    • Parkinson-Krankheit
  • Kardiovaskuläre Erkrankungen
    • Atherosklerose (Arteriosklerose; Arterienverkalkung)
    • Herzinsuffizienz
  • Diabetes mellitus
    • Mikrovaskuläre Komplikationen und Neuropathien
  • Chronische Nierenerkrankungen
    • Auswirkungen auf den Hormonhaushalt und allgemeine körperliche Verfassung
  • Medikamenten-Nebenwirkungen
    • Antidepressiva (z. B. SSRIs)
    • Antihypertensiva (Blutdrucksenker)
  • Psychische Ursachen
    • Depressionen: Vermindertes sexuelles Verlangen als Symptom einer Depression
    • Angststörungen: Leistungsdruck und Versagensängste
    • Partnerschaftskonflikte: Kommunikationsprobleme und emotionale Distanz
    • Stress: Beruflicher oder familiärer Stress
  • Weitere Ursachen
  • Lebensstil: Alkohol- und Drogenmissbrauch
  • Traumatische Erlebnisse: Sexueller Missbrauch
  • Kulturelle und religiöse Faktoren: Unterdrückung sexueller Wünsche aufgrund kultureller oder religiöser Überzeugungen

Formen der Libidostörungen

Libidostörungen können sich in verschiedenen Formen manifestieren:

  • Libidomangel (Hypoactive Sexual Desire Disorder, HSDD): Vermindertes sexuelles Verlangen über einen längeren Zeitraum
  • Libidosteigerung (Hypersexualität): Gesteigerte Libido, häufig im Zusammenhang mit Paraphilien wie Exhibitionismus oder Fetischismus
  • Situative Libidostörungen: Sexuelle Lustlosigkeit, die nur in bestimmten Situationen oder mit bestimmten Partnern auftritt

Neben dem Libidomangel gibt es noch eine gesteigerte Libido, die meist bei der Paraphilie (von der Norm abweichende Sexualität) vorkommt. Dazu zählt vor allem der Exhibitionismus und der Fetischismus.

Epidemiologie

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei 2-3 % aller Männer.

Geschlechterverhältnis: Während die Prävalenz bei Männern bei etwa 2-3 % liegt, gibt es vergleichbare Störungen auch bei Frauen, die jedoch eine andere epidemiologische Verteilung aufweisen.

Altersverteilung: Libidostörungen können in jedem Alter auftreten, sind jedoch häufig bei älteren Männern oder bei Männern mit chronischen Krankheiten oder psychischen Belastungen.

Verlauf und Prognose

Die Prognose von Libidostörungen hängt stark von der zugrunde liegenden Ursache ab:

Verlauf

  • Organische Ursachen: Bei organischen Ursachen, wie hormonellen Störungen oder Medikamenten-Nebenwirkungen, kann sich die Libido nach erfolgreicher Behandlung der Grunderkrankung oder Anpassung der Medikation wieder normalisieren.
  • Psychische Ursachen: Psychische Ursachen erfordern oft eine längerfristige Therapie. Hier kann die Prognose variieren, je nach Schweregrad und Therapieansprechen.
  • Situative Störungen: Situative Libidostörungen können durch Paartherapie und Kommunikationstraining oft gut behandelt werden.

Prognose

  • Gute Prognose: Bei hormonellen Störungen, die gut auf eine Testosterontherapie ansprechen
  • Bei medikamentös bedingten Libidostörungen nach Anpassung der Medikation
  • Variable Prognose: Bei psychischen Ursachen, abhängig von der Therapie und der individuellen Situation des Patienten
  • Schwierigere Prognose: Bei schweren psychischen Erkrankungen oder bei langjährigem Substanzmissbrauch