Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes mellitus) – Labordiagnostik
Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen
- Gelegenheits-Blutzuckermessung – ist dieser ≥ 200 mg/dl (> 11,1 mmol/l), dann sollte eine Nüchtern-Blutzuckermessung durchgeführt werden
- Nüchtern-Blutzuckermessung – Grenzwert > 80 mg/dl (> 4,44 mmol/l)
- Beachte: Gemäß der HAPO-Studie erfüllen schon 52 % aller Frauen das diagnostische Nüchternkriterium von 92 mg/dl (> 5,1 mmol/l), nämlich 8,3 von 16,1 Prozent aller Gestationsdiabetes mellitus-Fälle [3]
- 50 g-Glukose-Screening-Test (Glucose Challenge Test, GCT) mit nur der Bestimmung des 1-Stunden-Werts (1. Stufe der Diagnostik) – erfolgt standardmäßig in der 24+0 bis 27+6 Schwangerschaftswoche [Goldstandard als Screeningverfahren]
- Beachte: Der 50-g-Glucose-Screening-Test mit Grenzwert 135 mg/dl gilt als störanfällig (Tageszeit, letzte Mahlzeit), unzureichend sensitiv und spezifisch [4]
Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese (Krankengeschichte), der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung
- 75 g-oGTT (oraler Glukosetoleranztest; oGTT) (2. Stufe der Diagnostik) – bei Überschreiten des 1-Stunden-Werts beim 50 g-Glukose-Screening-Test (das 2-stufige Vorgehen ist seit 2012 in den deutschen Mutterschafts-Richtlinien vorgeschrieben)
- HbA1c – ein erhöhter HbA1c-Wert zeigt möglicherweise bereits in der Frühschwangerschaft einen bevorstehenden Gestationsdiabetes an: pro Anstieg des HbA1c-Werts um 0,1 Prozentpunkte stieg das Risiko auf einen Gestationsdiabetes um 23 % (Odds Ratio 1,23; 95-%-Konfidenzintervall 1,10–1,38); die Sensitivität war je nach Cut-off (HbA1c-Wert von 5,7 % bzw. 5,1 %) relativ gering mit Werten zwischen 21 und 47 %; die Spezifität war mit 98 % jedoch sehr hoch [2]
- Wenn anstelle des oGTT in der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche ein Gestationsdiabetes anhand des HbA1c-Werts ≥ 5,72 % (28. Schwangerschaftswoche) diagnostiziert werden sollte, würden damit fast 90 % der Betroffenen übersehen [5]
- Uringlucose
Maßnahmen, die vor Durchführung des oGTTs beachtet werden müssen, siehe unter „Oraler Glukosetoleranztest (oGTT) bei Schwangerschaftsdiabetes“.
Weitere Hinweise
- Unterweisung der Patientin in Blutzuckerselbstkontrolle und Durchführung von Tagesprofilen (Messung von 4 Werten, jeweils nüchtern und 3-fach postprandial nach den Hauptmahlzeiten)
- Im darauffolgenden Jahr haben Frauen mit einem Gestationsdiabetes ein siebenfach erhöhtes Risiko für einen Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
- Väter haben unter Berücksichtigung von Alter, Begleiterkrankungen, Art der Lebensgemeinschaft, ethnischem Hintergrund und sozialer Stellung eine um 18 % erhöhte Inzidenz für Diabetes mellitus [1]
Literatur
- Dasgupta K et al.: Gestational Diabetes Mellitus in Mothers as a Diabetes Predictor in Fathers: A Retrospective Cohort Analysis. Diabetes Care, online 26. Juni 2015
- Hinkle SN et al.: HbA1c Measured in the First Trimester of Pregnancy and the Association with Gestational Diabetes. Scientific reports pubiseh 16. August 2018
- Benhalima K et al.: The Sensitivity and Specificity of the Glucose Challenge Test in a Universal Two-Step Screening Strategy for Gestational Diabetes Mellitus Using the 2013 World Health Organization Criteria. Diabetes Care 2018 May; dc180556. https://doi.org/10.2337/dc18-0556
- Fritsche L et al.: HbA1c-Messung kann den oralen Glukosetoleranztest zur Diagnose des Gestationsdiabetes nicht ersetzen. Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 432-3; doi: 10.3238/arztebl.m2021.0159