Häufiges Wasserlassen (Pollakisurie) – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Urinstatus (Schnelltest auf: pH-Wert, Leukozyten = weiße Blutkörperchen, Nitrit, Eiweiß, Glucose, Blut)
  • Urinsediment (z. B. Erythrozyten = rote Blutkörperchen, Leukozyten = weiße Blutkörperchen, Kristalle, Bakterien)
  • Urinkultur (Erregernachweis und Resistogramm) – bei Verdacht auf Harnwegsinfektion (Blasenentzündung, Harnwegsentzündung)
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance (Nierenfunktionsprüfung)
  • Blutzucker – Nüchternglucose, HbA1c (Langzeitblutzuckerwert)

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein), BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
  • Elektrolyte – Natrium, Kalium, Calcium
  • PSA (prostataspezifisches Antigen) – bei Verdacht auf Prostatahyperplasie (gutartige Prostatavergrößerung) oder Prostatakarzinom (Prostatakrebs)
  • Hormonparameter – TSH (bei Verdacht auf neurogene Blasenstörung), ggf. Östradiol/Testosteron (bei urogenitaler Atrophie/Prostataerkrankung)
  • Schwangerschaftstest (quantitatives HCG) – bei Frauen im gebärfähigen Alter
  • Urethralabstrich (bei Verdacht auf Harnröhrenentzündung)
    • Bakterien und Sprosspilze
    • Mykoplasmen, Ureaplasma urealyticum
    • Chlamydia trachomatis-DNA-Nachweis (Chlamydien-PCR)
    • Neisseria gonorrhoeae-DNA-Nachweis (Gonokokken-PCR)
  • Toxikologische Untersuchungen – bei Verdacht auf Substanzmissbrauch (z. B. Alkohol, Koffein, Drogen, Pflanzengifte)
  • Autoimmunserologie – ANA, SSA/SSB (bei Verdacht auf Sjögren-Syndrom = Autoimmunerkrankung mit Trockenheitssymptomen)

Pollakisurie: Differentialdiagnosen im Überblick

Ursache Typische Symptome/Befunde Laborwerte/Untersuchungen Charakteristische Befundkonstellation
Harnwegsinfektion (Blasenentzündung, Nierenbeckenentzündung) Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie), starker Harndrang, Schmerzen oberhalb des Schambeins, ggf. Fieber Urinstatus, Urinsediment, Urinkultur, CRP/BSG Weiße Blutkörperchen im Urin, Nitrit+, positive Kultur, Entzündungswerte ↑
Benigne Prostatahyperplasie (BPH = gutartige Prostatavergrößerung) Nächtliches Wasserlassen (Nykturie), schwacher Harnstrahl, Restharngefühl, häufiges Wasserlassen PSA, Nierenwerte, Urinstatus PSA ↑, erhöhter Restharn, ggf. Kreatinin ↑ bei längerem Harnstau
Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) Vermehrter Durst (Polydipsie), vermehrtes Wasserlassen (Polyurie), Gewichtsverlust, Müdigkeit Nüchternglucose, HbA1c, ggf. Glucose im Urin Erhöhter Blutzucker, HbA1c ↑, Glucose im Urin
Überaktive Blase (Dranginkontinenz) Starker Harndrang, Pollakisurie, nächtliches Wasserlassen, geringe Urinmengen Basislabor meist unauffällig Ausschlussdiagnose nach negativer Infektabklärung
Urolithiasis (Harnsteine) Flankenschmerzen, Blut im Urin (Mikrohämaturie), krampfartige Schmerzen Urinsediment (Kristalle, Blut), Urinkultur Mikrohämaturie, Kristallurie
Tumoren der Harnblase/Prostata (Blasenkrebs, Prostatakrebs) Pollakisurie, Blut im Urin (Makrohämaturie), wiederkehrende Infekte, Gewichtsverlust Urinzytologie, Tumormarker (UBC, NMP22, BTA, PSA) Tumorzellen in der Zytologie, Tumormarker ↑
Harnröhrenentzündung (Urethritis durch Chlamydien, Gonokokken, Mykoplasmen, Pilze) Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie), Ausfluss, Pollakisurie, ggf. Fieber Urethralabstrich, PCR (Chlamydien, Gonokokken), Kultur Erregernachweis im Abstrich oder PCR
Schwangerschaft Pollakisurie ohne Schmerzen, häufig im 1. Schwangerschaftsdrittel Schwangerschaftstest (HCG) HCG ↑, sonst keine auffälligen Befunde
Neurologische Ursachen (z. B. Multiple Sklerose, diabetische Neuropathie, Rückenmarksschädigung) Pollakisurie kombiniert mit Drang- oder Überlaufinkontinenz, neurologische Beschwerden Nüchternglucose, HbA1c, Vitamin B12, TSH Befunde passend zur Grundkrankheit
Medikamentös/toxisch (z. B. durch entwässernde Medikamente = Diuretika, Koffein, Alkohol, Drogen) Neu aufgetretene Pollakisurie nach Einnahme oder Konsum Anamnese, ggf. Toxikologisches Screening Zeitlicher Zusammenhang zur Substanz oder Medikation
Autoimmunerkrankungen (z. B. Sjögren-Syndrom) Pollakisurie in Verbindung mit Trockenheitssymptomen (Mund, Augen) ANA, SSA/SSB Positive Autoantikörper bei entsprechender Klinik

Red Flags – sofortige weiterführende Abklärung erforderlich:

  • Pollakisurie mit sichtbarem Blut im Urin (Makrohämaturie)
  • Pollakisurie mit Fieber und Flankenschmerzen (Verdacht auf Nierenbeckenentzündung oder Blutvergiftung)
  • Rascher Anstieg der Nierenwerte (Kreatinin, Harnstoff), Oligurie/Anurie
  • Neurologische Ausfälle (z. B. Lähmungen, Gefühlsstörungen)
  • Pollakisurie, die trotz negativer Urinbefunde bestehen bleibt

Pollakisurie: Typische Konstellationen

Konstellation Typische Symptome/Befunde Laborwerte/Untersuchungen Interpretation
Infektiös (Blasenentzündung, Harnröhrenentzündung) Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie), Harndrang, Schmerzen über dem Schambein, Fieber, Ausfluss Urinstatus, Urinsediment, Urinkultur, Harnröhrenabstrich, PCR für Chlamydien/Gonokokken Weiße Blutkörperchen im Urin, Nitrit+, Erregernachweis
Urologisch (gutartige Prostatavergrößerung, Blasenkrebs, Harnsteine) Nächtliches Wasserlassen, schwacher Harnstrahl, Restharngefühl, Blut im Urin, Flankenschmerzen PSA, Urinstatus, Urinsediment, Urinzytologie, Ultraschall/CT PSA ↑ bei Prostataerkrankungen, Tumorzellen in der Zytologie, Blut im Urin bei Steinen
Metabolisch (Zuckerkrankheit, Schwangerschaft) Vermehrter Durst, vermehrtes Wasserlassen, Gewichtsverlust, Pollakisurie ohne Schmerzen (in der Schwangerschaft häufig) Nüchternglucose, HbA1c, Glucose im Urin, Schwangerschaftstest (HCG) Erhöhter Blutzucker, HbA1c ↑, HCG ↑ in Schwangerschaft
Neurologisch (Multiple Sklerose, diabetische Nervenschädigung, Rückenmarksschädigung) Pollakisurie mit Drang- oder Überlaufinkontinenz, neurologische Beschwerden Nüchternglucose, HbA1c, Vitamin B12, TSH Befunde passend zur Grunderkrankung
Medikamentös/toxisch (Entwässerungstabletten, Alkohol, Koffein, Drogen) Neu aufgetretene Pollakisurie nach Einnahme oder Konsum Medikamentenanamnese, ggf. toxikologisches Screening Zeitlicher Zusammenhang zur Substanz oder Medikation