COVID-19 – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Differentialblutbild – Lymphopenie (verminderte Lymphozytenzahl) [1] (ca. 83,2 %) [4]; Ausmaß und Persistenz der Lymphopenie korrelieren mit der Schwere des Krankheitsverlaufs.
  • Kleines Blutbild – Leukopenie (verminderte Anzahl weißer Blutkörperchen) [1] (ca. 33,7 %) [4]; Thrombozytopenie (verminderte Blutplättchenzahl) (ca. 36,2 %) [4]; ausgeprägte Thrombozytopenie ist mit einem schweren Verlauf und einem erhöhten Blutungs-/Thromboserisiko (Risiko für Blutgerinnsel) assoziiert.
  • CRP (C-reaktives Protein) bzw. Procalcitonin (PCT) – CRP häufig erhöht; sehr hohe Werte korrelieren mit einer schlechteren Prognose. PCT ist bei isolierter Virusinfektion meist normal; deutliche Erhöhungen sprechen für eine bakterielle Superinfektion (zusätzliche bakterielle Infektion).
  • Calcium, Chlorid, Kalium, Magnesium, Natrium, Phosphat – Elektrolytstörungen (Störungen im Salzhaushalt des Körpers) (insbesondere Hyponatriämie, Hypokaliämie) sind häufig bei schweren Verläufen und unter intensivmedizinischer Therapie.
  • Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH) und Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT), alkalische Phosphatase, Bilirubin – Leberfunktionsstörungen (Funktionsstörungen der Leber) sind bei einem relevanten Anteil der Patienten nachweisbar (in Studien ca. 40-50 % der hospitalisierten Fälle).
  • Laktatdehydrogenase (LDH) [↑ [1]] – LDH-Erhöhungen sind häufig und mit einem schweren Verlauf und erhöhter Mortalität (Sterblichkeit) assoziiert.
  • Harnstoff, Kreatinin [↑], ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance – zur Beurteilung der Nierenfunktion (Funktion der Nieren); akute Nierenschädigung ist ein wichtiger prognostischer Faktor.
  • Albumin (Serum und Urin) und Antithrombin 3 (AT3) – bei Verdacht auf COVID-19-assoziierte Nephritis (Nierenentzündung) und Kapillarlecksyndrom (Clarkson-Syndrom; engl. „Systemic capillary leak syndrome“) (Zustand mit Austritt von Flüssigkeit und Eiweiß aus den kleinsten Gefäßen/Kapillaren) [10]; Hypoalbuminämie (erniedrigter Albuminspiegel im Blut) und erniedrigtes AT3 sind mit ungünstigem Verlauf und erhöhter Thromboseneigung (Neigung zu Blutgerinnseln) assoziiert.
  • Partielle Thromboplastinzeit (PTT), Quick, ggf. auch Fibrinogen – zur Beurteilung der COVID-19-assoziierten Koagulopathie (Störung der Blutgerinnung); erhöhte D-Dimer-Werte und Veränderungen der Gerinnungszeiten weisen auf ein erhöhtes Risiko für Thrombosen/Thromboembolien (Blutgerinnsel und Gefäßverschlüsse) hin [1].
  • Serum-Ferritin [↑] – Marker der Hyperinflammation (überschießende Entzündungsreaktion); stark erhöhte Ferritinwerte sind mit schweren Verläufen und hoher Mortalität (Sterblichkeit) assoziiert.
  • D-Dimer-Werte [↑; steigt meist im Verlauf der Erkrankung an] – Hinweis auf COVID-19-assoziierte Koagulopathie (Störung der Blutgerinnung); deutlich erhöhte Werte sind mit einem erhöhten Risiko für venöse Thromboembolien (Blutgerinnsel in Venen und Lungenembolie) und eine ungünstige Prognose assoziiert.
  • Troponin T; hochempfindliches Troponin I (hs-TnI) (Marker für kardiale Schädigungen) [↑] – Myokardschädigungen (Schädigungen des Herzmuskels) sind prognostisch ungünstig; in einer Studie mit 416 Patienten wiesen 82 Patienten erhöhte hs-TnI-Werte auf (über der 99. Perzentile), von denen 42 (51,2 %) in der Klinik starben; die Konzentration lag im Durchschnitt bei 0,19 µg/l versus 0,006 µg/l bei den übrigen 334 Patienten [6].
  • Creatinkinase (CK) [↑] – Erhöhung v. a. bei Myokardschädigung (Schädigung des Herzmuskels), Myopathie (Muskelerkrankung) oder ausgeprägter Muskelbeteiligung.
  • Blutgasanalyse (BGA) – u. a. Bestimmung der Hauptkomponenten der Blutoxygenierung (Sauerstoffversorgung des Blutes): Sauerstoffsättigung (sO2) und Sauerstoffpartialdruck (pO2); zur Beurteilung des respiratorischen Versagens (schwere Atemstörung) und der Notwendigkeit einer Sauerstofftherapie/Beatmung.
  • Erregernachweis* per nukleinsäurebasiertem Test (NAAT, z. B. RT-PCR) (Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion) – Virusanzucht heute nur noch in spezialisierten Laboren
    • Obere Atemwege: Nasopharynx-Abstrich (Abstrich aus dem Nasen-Rachen-Raum), -Spülung (Rachenspülwasser) oder -Aspirat, Oropharynx-Abstrich (Abstrich aus dem Rachen) (Abstrich in der Frühphase der Infektion).
    • Tiefe Atemwege: bronchoalveoläre Lavage (Spülung der tiefen Bronchien), Sputum (abgehusteter Bronchialschleim) (nach Anweisung produziert bzw. induziert), Trachealsekret (Sekret aus der Luftröhre) (es sollten zwei Proben genommen werden) – insbesondere bei schwerer Pneumonie (Lungenentzündung) und/oder initial negativen Abstrichen aus den oberen Atemwegen.
    • In einer frühen Analyse wurde als „optimaler Zeitpunkt“ für den Nachweis einer Infektion der 8. Tag nach der Infektion (entspricht meist Tag 3 nach Symptombeginn) beschrieben; auch hier betrug die falsch-negative Rate noch ca. 20 % (12–30 %) [13].

*Das Labor, das das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) bei einem Menschen nachweist, muss dieses dem Gesundheitsamt melden. Die Meldung muss unverzüglich erfolgen und dem Gesundheitsamt spätestens innerhalb von 24 Stunden vorliegen.

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese (Krankengeschichte), der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Lactat [↑] – wichtiger Parameter zur Einschätzung der Schwere eines systemischen inflammatorischen Zustands (körperweiten Entzündung); Anstieg bei Sepsis (Blutvergiftung), Schock (Kreislaufversagen), ausgeprägter Hypoxie (Sauerstoffmangel) oder respiratorischer Dekompensation (schwerer Atementgleisung); wird in Leitlinien primär bei schweren Verläufen und Intensivpatienten (Patienten auf der Intensivstation) empfohlen.
  • IP-10* (interferon-gamma induced protein 10 kD, CXCL10) – Protein, das von Monozyten und Makrophagen (bestimmte weiße Blutkörperchen) sowie in geringerem Maße von Endothelzellen (Zellen der Gefäßinnenwand) nach Kontakt mit IFN-γ (Interferon-gamma, Botenstoff des Immunsystems) produziert wird; bislang vorwiegend in Studien eingesetzt.
  • MCP-3* (Monocyte Chemotactic Protein 3) – Chemokin (Botenstoff, der Immunzellen anlockt), das im Rahmen der Immunantwort freigesetzt wird; bislang vorwiegend ein Studienparameter.
  • IL-6 (Interleukin-6) [↑] – proinflammatorisches Zytokin (entzündungsfördernder Botenstoff); deutlich erhöhte Werte sind mit schweren Verläufen und ungünstiger Prognose assoziiert; wird in vielen Kliniken zur Risikostratifizierung (Einschätzung des Risikos für einen schweren Verlauf) genutzt (v. a. bei stationären/intensivpflichtigen Patienten) [11].
  • TNF-α [↑] – Anstieg im Rahmen hyperinflammatorischer Verläufe (überschießende Entzündungsreaktionen) beschrieben; derzeit kein Routineparameter, vorwiegend in Studien relevant.
  • Cortisol [↑] – mit ungünstigerem Infektionsverlauf von COVID-19 (Coronavirus-Erkrankung) assoziiert [15]; eine routinemäßige Bestimmung wird in Leitlinien jedoch nicht gefordert und bleibt besonderen Fragestellungen vorbehalten.

*Plasma-IP-10- und MCP-3-Spiegel sind stark mit der Schwere der Erkrankung assoziiert und können das Fortschreiten von COVID-19 (Coronavirus-Erkrankung) vorhersagen [9]; bisher handelt es sich dabei aber um Forschungsparameter ohne Routineempfehlung.

Weitere Hinweise

  • Das Institut für Virologie (Lehre von den Viren) der Charité – Universitätsmedizin Berlin ist vom Robert Koch-Institut als Nationales Referenzzentrum (vormals Konsiliarlaboratorium) für Coronaviren benannt und bietet Spezialuntersuchungen und fachliche Beratung an.
  • Ein negatives PCR-Ergebnis schließt die Möglichkeit einer Infektion mit SARS-CoV-2 (Coronavirus) nicht vollständig aus. Falsch-negative Ergebnisse können z. B. aufgrund schlechter Probenqualität, unsachgemäßen Transports, ungünstigem Zeitpunkt der Probenentnahme oder Virusmutationen auftreten (Quelle: RKI). Bei klinischem Verdacht sollte ein negativer Antigen- oder PCR-Test daher wiederholt bzw. durch einen sensitiveren NAAT bestätigt werden [13].
  • In einer chinesischen Studie wurde gezeigt, dass bei COVID-19-typischer Pneumonie (Lungenentzündung) die Computertomographie (CT, Röntgenschichtuntersuchung) der Lunge häufig bereits typische Veränderungen zeigte, wenn die RT-PCR (Gen-Nachweis des Virus) initial noch negativ war [2, 3]. CT-Untersuchungen dienen heute vor allem der Beurteilung des Ausmaßes der Pneumonie und der Differenzialdiagnose (Abgrenzung gegenüber anderen Erkrankungen), nicht der Primärdiagnostik.
  • Triage: Wichtige Diskriminierungsparameter (Unterscheidungsmerkmale) für COVID-19 (Coronavirus-Erkrankung) sind eine Temperatur über 37,3 °C und eine Lymphozytenzahl (Anzahl bestimmter weißer Blutkörperchen) von < 1.100/µl [7]. Falls beide Bedingungen erfüllt sind, sollte bei Verdacht auf COVID-19 ein Low-dose-CT des Thorax (niedrig dosierte Computertomographie des Brustkorbs) durchgeführt werden.
  • In einer Pilotstudie (erste kleinere Untersuchung) mit 89 Patienten mit COVID-19 (Coronavirus-Erkrankung) konnte das spätere Lungenversagen (schweres Versagen der Lungenfunktion) mit höherer Wahrscheinlichkeit durch zwei Laborparameter vorhergesagt werden [11]:
    • IL-6-Wert (Interleukin-6) > 80 pg/ml und
    • CRP-Wert > 9,7 mg/dl.
    Diese Befunde unterstützen den heutigen Stellenwert von IL-6 und CRP als wichtige Marker für die Risikostratifizierung (Einschätzung des Risikos für einen schweren Verlauf).
  • Fallserie (Zusammenstellung mehrerer Krankheitsfälle) von Patienten in Südkorea, die nach der Erholung von einer COVID-19-Erkrankung (Coronavirus-Erkrankung) erneut positiv auf SARS-CoV-2 (Coronavirus) getestet wurden: Die „re-positiven“ Personen haben nachweislich keine anderen Menschen infiziert. Bei 108 „re-positiven“ Fällen wurde versucht, das Virus aus den Abstrichen zu isolieren und in Kulturen zu vermehren, was nicht gelang [12]. Dies spricht dafür, dass es sich hierbei meist um nicht mehr vermehrungsfähige Virusreste handelt.

Antikörpertest nach Corona-Infektion bzw. -Impfung

  • Ein erster Antikörpertest auf der Basis eines „Enzyme-linked Immunosorbent Assay“ (ELISA) (standardisiertes Labortestverfahren) erkennt Antikörper, die gegen die Rezeptor-Bindungsstelle auf dem S-Protein des SARS-CoV-2 (Oberflächenprotein des Coronavirus) gerichtet sind [5].
  • SARS-CoV-2-Antikörpernachweis (IgA-/IgM-/IgG-Nachweis)
    • IgG-spezifische Antikörper können im Regelfall am Ende der zweiten Krankheitswoche nachgewiesen werden; IgA und IgM einige Tage früher.
    • Die Sensitivität (Treffsicherheit des Tests bei Kranken) des Tests variiert in Abhängigkeit vom Zeitpunkt nach Symptombeginn; in der dritten Woche nach Symptombeginn (Tag 15-39) wird die Sensitivität für IgM mit > 94 % und für IgG mit knapp 80 % angegeben [8].
    • Cochrane Review (systematische Übersichtsarbeit): Infektionen mit SARS-CoV-2 (Coronavirus) lassen sich mit Antikörpertests am besten 2 bis 3 Wochen nach dem Beginn der Symptome nachweisen: In der zweiten Woche steigt die Sensitivität auf 72,2 % (63,5-79,5), in der dritten Woche werden bereits 91,4 % (87,0-94,4) und in der vierten Woche 96,0 % (90,6-98,3) aller Erkrankten positiv getestet [14].
  • Bei Patienten mit Immunschwäche (geschwächtem Abwehrsystem) oder unter Immunsuppressiva (Medikamente, die das Immunsystem dämpfen) kann nach der zweiten Impfung bzw. nach Infektion der Antikörperspiegel bestimmt werden; sinnvoller ist häufig ein Neutralisationstest (Spezialtest zur Prüfung der Schutzwirkung der Antikörper) zur Einschätzung des Immunschutzes gegen SARS-CoV-2 (Coronavirus).

Literatur

  1. Dawei W et al.: Clinical Characteristics of 138 Hospitalized Patients With 2019 Novel Coronavirus–Infected Pneumonia in Wuhan, China JAMA. Published online February 7, 2020. doi:10.1001/jama.2020.1585
  2. Xingzhi X et al.: Chest CT for Typical 2019-nCoV Pneumonia: Relationship to Negative RT-PCR Testing. Radiology Feb 12 2020 https://doi.org/10.1148/radiol.2020200343
  3. Xie X et al.: Chest CT for Typical 2019-nCoV Pneumonia: Relationship to Negative RT-PCR Testing. Radiology 2020; https://doi.org/10.1148/radiol.2020200343
  4. Guan WG et al.: Clinical Characteristics of Coronavirus Disease 2019 in China. N Engl J Med February 28, 2020 doi: 10.1056/NEJMoa2002032
  5. Amanat F et al.: A serological assay to detect SARS-CoV-2 seroconversion in humans medRxiv march, 18, 2020 doi:https://doi.org/10.1101/2020.03.17.20037713
  6. Shi S et al.: Association of Cardiac Injury With Mortality in Hospitalized Patients With COVID-19 in Wuhan, China JAMA Cardiol. Published online March 25, 2020. doi:10.1001/jamacardio.2020.0950
  7. Zhang J, Zhou L, Yang Y et al.: Therapeutic and triage strategies for 2019 novel coronavirus disease in fever clinics. Lancet (online) 13. Feb. 2020 https://doi.org/10.1016/S2213–2600(20)30114-4
  8. Zhao J, Yuan Q, Wang H et al.: Antibody responses to SARS-CoV-2 in patients of novel coronavirus disease 2019. Clin Infect Dis 2020 Mar 28; doi: 10.1093/cid/ciaa344
  9. Yang Y et al.: Plasma IP-10 and MCP-3 levels are highly associated with disease severity and predict the progression of COVID-19. Journal of Allergy and Clinical Immunology (2020) doi: https://doi.org/10.1016/j.jaci.2020.04.027
  10. Gross O et al.: COVID-19-associated nephritis: early warning for disease severity and complications? The Lancet, published Online May 6, 2020. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)31041-2
  11. Elevated levels of interleukin-6 and CRP predict the need for mechanical ventilation in COVID-19 J Allergy Clinical Immunology May 18, 2020 doi: 10.1016/j.jaci.2020.05.008
  12. Hu R et al.: Recurrent Positive Reverse Transcriptase–Polymerase Chain Reaction Results for Coronavirus Disease 2019 in Patients Discharged From a Hospital in China. JAMA Netw Open. 2020;3(5):e2010475. doi:10.1001/jamanetworkopen.2020.10475
  13. Kucirka LM et al.: Variation in False-Negative Rate of Reverse Transcriptase Polymerase Chain Reaction–Based SARS-CoV-2 Tests by Time Since Exposure Ann Intern Med. 2020 May 13:M20-1495 https://doi.org/10.7326/M20-1495
  14. Deeks JJ et al.: Antibody tests for identification of current and past infection with SARS‐CoV‐2 Cochrane Systematic Review - Diagnostic 25 June 2020 https://doi.org/10.1002/14651858.CD0136522
  15. Tant T et al.: Association between high serum total cortisol concentrations and mortality from COVID-19 Lancet Diabetes Endocrinol 2020 Published Online June 18, 2020 https://doi.org/10.1016/ S2213-8587(20)30216-3