Quantitative Immunglobuline (IgG, IgA, IgM) im Serum

Die Immunglobuline (Ig) sind essenzielle Bestandteile des humoralen Immunsystems und spielen eine zentrale Rolle bei der Abwehr von Infektionen sowie der Immunüberwachung. Die quantitative Bestimmung von IgG, IgA und IgM im Serum ist eine Standarduntersuchung zur Erkennung von Immundefekten, entzündlichen Erkrankungen und klonalen B-Zell-Erkrankungen.

Grundlagen

Immunglobuline sind Glykoproteine, die von differenzierten B-Lymphozyten (Plasmazellen) produziert werden. Die wichtigsten im Serum bestimmten Klassen sind:

  • IgG (Immunglobulin G) – Verantwortlich für Langzeitimmunität und Opsonierung. Höchste Konzentration im Serum.
  • IgA (Immunglobulin A) – Hauptsächlich im Schleimhautsekret und als Monomer oder Dimer im Serum.
  • IgM (Immunglobulin M) – Erste Antikörperantwort bei Infektionen, Pentamerstruktur.

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • Serum

Vorbereitung des Patienten

  • Keine spezielle Vorbereitung erforderlich.

Störfaktoren

  • Lipämie, Hämolyse und starke Ikterus können Messungen beeinträchtigen.
  • Immunkomplexe und monoklonale Paraproteine können zu Messfehlern führen.

Methoden

  • Nephelometrie oder Turbidimetrie (quantitativ)
  • Alternative: ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay) in speziellen Fällen

Normwerte

Immunglobulin Erwachsene Kinder (Referenzwerte altersabhängig)
IgG 7,0-16,0 g/l Siehe altersabhängige Tabellen
IgA 0,7-4,0 g/l Siehe altersabhängige Tabellen
IgM 0,4-2,3 g/l Siehe altersabhängige Tabellen

Hinweis: Referenzbereiche können je nach Labor geringfügig variieren.

Indikationen

  • Verdacht auf primäre oder sekundäre Immundefekte
  • Wiederkehrende Infektionen
  • Abklärung von Autoimmunerkrankungen
  • Verlaufskontrolle bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen
  • Verdacht auf monoklonale Gammopathien (z. B. Multiples Myelom, Morbus Waldenström)
  • Diagnostik bei Hyper- oder Hypogammaglobulinämie

Interpretation

Erhöhte Werte (Hypergammaglobulinämie)

  • Polyklonal:
    • Chronische Infektionen (z. B. Tuberkulose, HIV)
    • Autoimmunerkrankungen (z. B. rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes)
    • Leberzirrhose
  • Monoklonal:
    • Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS)
    • Multiples Myelom
    • Morbus Waldenström
    • Chronische lymphatische Leukämie (CLL)

Erniedrigte Werte (Hypogammaglobulinämie)

  • Primäre Immundefekte:
    • Common Variable Immunodeficiency (CVID)
    • X-chromosomale Agammaglobulinämie (Bruton-Typ)
  • Sekundäre Ursachen:
    • Proteinverlust (z. B. nephrotisches Syndrom, enteropathische Eiweißverluste)
    • Immunsuppressive Therapie (z. B. Rituximab)
    • Lymphome oder Leukämien
    • Frühphase nach Knochenmarktransplantation

Isolierte Veränderungen:

  • Selektiver IgA-Mangel – häufigster primärer Immundefekt.
  • Isolierte IgM-Erhöhung – z. B. bei Waldenström-Makroglobulinämie.

Weitere Hinweise

  • Die alleinige quantitative Bestimmung erlaubt keine Aussage über die Funktionalität der Antikörper.
  • Bei unklaren Befunden: weiterführende Diagnostik mittels Elektrophorese, Immunfixation oder spezifischer Antikörperbestimmung (z. B. Impfantwort).
  • Bei Verdacht auf eine monoklonale Gammopathie sollte immer eine Serum-Protein-Elektrophorese (SPE) und ggf. eine Immunfixation erfolgen.

Literatur

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