Trockene Haut (Xerodermie) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Mit zunehmendem Alter verändert sich der Aufbau der Hautschichten signifikant. Diese altersbedingten Veränderungen betreffen sowohl die Epidermis als auch die Dermis und führen zu einer Reihe struktureller und funktioneller Anpassungen, die zur Entwicklung von Xerodermie (trockene Haut) beitragen:
- Verdünnung der Hautschichten: Die Epidermis (Oberhaut) und Dermis (Lederhaut) werden im Laufe der Zeit dünner, wodurch die Barrierefunktion der Haut nachlässt.
- Verminderte Talgproduktion: Die Aktivität der Talgdrüsen nimmt ab, was zu einem verringerten Fettgehalt der Haut führt (Sebostase). Die Talgproduktion erreicht ihren Höhepunkt im Alter von etwa 25 Jahren und nimmt danach kontinuierlich ab. Ein Mangel an Talg führt zu einer reduzierten Lipidschicht auf der Hautoberfläche, die normalerweise eine feuchtigkeitsspeichernde Schutzbarriere bildet.
- Abnahme der Schweißdrüsenaktivität: Die Zahl der Schweißdrüsen und deren Funktionalität verringert sich, was die Fähigkeit der Haut zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Feuchtigkeitsbalance weiter einschränkt.
- Degeneration von Kollagen und elastischen Fasern: Das Kollagengerüst und die elastischen Fasern der Dermis werden mit der Zeit abgebaut, was zu einer verminderten Elastizität und Festigkeit der Haut führt.
- Verminderte Hydratation der Stratum corneum: Die Hornschicht verliert an Wasserbindungskapazität, was zu einer verstärkten Austrocknung der Haut führt. Dadurch nimmt die Fähigkeit der Haut, Feuchtigkeit zu speichern, deutlich ab.
- Reduzierte Hautdurchblutung: Mit dem Alter nimmt auch die Durchblutung der Haut ab, was die Versorgung der Hautzellen mit Sauerstoff und Nährstoffen einschränkt und die Hautregeneration verlangsamt.
Schlussfolgerung: Xerodermie beruht in der Regel auf einem Fettmangel der Haut, der durch die altersbedingte Abnahme der Talgdrüsenproduktion verursacht wird. Diese verminderte Fettproduktion führt zu einer geschwächten Hautbarriere und einer reduzierten Fähigkeit der Haut, Feuchtigkeit zu speichern. In Kombination mit den anderen beschriebenen altersbedingten Veränderungen macht dies die Haut anfälliger für Trockenheit, Reizungen und Verletzungen.
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Genetische Prädispositionen
- Atopische Dermatitis (Ekzem): Einige Menschen haben genetische Mutationen, die das Risiko für atopische Erkrankungen, einschließlich Ekzemen, erhöhen. Diese Zustände führen dazu, dass die Haut trocken, gereizt und entzündet wird. Mutationen im Filaggrin-Gen (FLG) sind ein bekannter Risikofaktor, da Filaggrin für die Struktur und Hydratation der Hautbarriere wichtig ist.
- Ichthyosis: Diese Gruppe von erblichen Hauterkrankungen ist durch trockene, schuppige Haut gekennzeichnet. Sie entsteht aufgrund von Mutationen in Genen, die für die Hautzellregeneration und die Barrierefunktion der Haut verantwortlich sind. Die Haut kann so trocken werden, dass sie schuppig wird, ähnlich wie Fischschuppen (daher der Name, der von dem griechischen Wort für Fisch abgeleitet ist).
- Keratosis pilaris: Dieser Zustand, oft genetisch bedingt, verursacht raue, kleine Beulen, meist auf der Haut der Oberarme, Oberschenkel oder Gesäß. Es ist die Folge einer Proteinansammlung (Keratin), die die Haarfollikel verstopft, und kann von trockener Haut begleitet sein.
- Psoriasis: Obwohl Psoriasis durch eine Überproduktion von Hautzellen gekennzeichnet ist, können die resultierenden Plaques und die umgebende Haut extrem trocken sein. Die Veranlagung zur Psoriasis kann vererbt werden, und bestimmte genetische Variationen wurden mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung dieser Krankheit in Verbindung gebracht.
- Seltene genetische Störungen: Es gibt auch seltene genetische Störungen wie Netherton-Syndrom oder Harlekin-Ichthyose, die extreme Hauttrockenheit verursachen. Diese Bedingungen sind das Ergebnis von Mutationen in spezifischen Genen, die die Hautbarriere und den Feuchtigkeitshaushalt beeinflussen.
- Hormonelle Faktoren:
- Menopause (weibliche Wechseljahre; Klimakterium)
- Andropause (männliche Wechseljahre)
- Somatopause – Rückgang der STH-Sekretion (somatotropes Hormon (STH), engl. „human growth hormone“: Wachstumshormon) mit konsekutiven STH-Mangel bei Erwachsenen im mittleren und fortgeschrittenen Alter
Verhaltensbedingte Ursachen
- Ernährung
- Fehlernährung
- Mangelernährung
- Flüssigkeitsmangel
- Genussmittelkonsum
- Alkohol (Frau: > 20 g/Tag; Mann > 30 g/Tag)
- Tabak (Rauchen)
- Waschverhalten – übermäßiger Gebrauch von:
- Seifen oder Duschmitteln
- Badezusätzen
- Bürsten oder Abreiben der Haut (→ bei älteren Menschen wird dadurch der ohnehin dünnere Talgfilm der Haut abgewaschen – die Haut verliert noch mehr Feuchtigkeit)
- Verwendung alkoholhaltiger Reinigungsmittel
Krankheitsbedingte Ursachen
Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)
- Eisenmangelanämie (Blutarmut durch Eisenmangel)
Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)
- Dehydratation (Flüssigkeitsmangel)
- Hypernatriämie (Natriumüberschuss)
- Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) bzw. latente Hypothyreose
- Untergewicht
Haut und Unterhaut (L00-L99)
- Atopisches Ekzem (Neurodermitis)
Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)
- Amenorrhoe
- Primäre Amenorrhoe: Ausbleiben der Menarche (ersten Monatsblutung)
- Sekundäre Amenorrhoe: keine Menstruationsblutung seit > 90 Tagen bei bereits etabliertem Zyklus
Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)
- Sick-Building-Syndrom (SBS) – Krankheitsbild aus dem Bereich der Arbeits- und Umweltmedizin; tritt als Reaktion auf Verschmutzung abgeschlossener Räume auf, kann aber auch durch psychologische Faktoren bedingt sein
Medikamente (Medikamente, die zu einer Verminderung der Talgdrüsenproduktion (Sebostase) führen können)
- Betablocker
- Cimetidin (H2-Antihistaminikum)
- Exsikkierende Medikamente
- Diuretika
- Retinoide (Acitretin, Isotretinoin)
- HIV-Proteaseinhibitoren (Indinavir)
- Hormone
- Hormonelle Kontrazeptiva (Anti-Babypille) sowie Antiandrogene
- Östrogene (Sebostase/Hemmung der Talgbildung)
- Indinavir (Virostatikum)
- Monoklonale Antikörper – Bevacizumab, Pertuzumab, Trastuzumab
- Lipidsenker
- Psychopharmaka
- Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) – Dasatinib
- Siehe ggf. auch unter "Pruritus durch Medikamente"
Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)
- Reizstoffe (Chemikalien, Lösungsmittel)
- Klimaanlagen (trockene Luft)
- Überheizte Räume
- Trockenes Raumklima
- Sonne (häufige Sonnenbäder)
- Winter (Kälte) – kalt-trockene Klimabereiche; trockene Heizungsluft (→ Reduktion der Talgdrüsensekretion)
Weitere Ursachen
- Dialyse (Blutwäsche)
- Hautalterung