Karpaltunnelsyndrom – Operative Therapie

Das Karpaltunnelsyndrom (KTS) ist eine häufige neurologische Kompressionserkrankung, die durch eine Einengung des Nervus medianus im Karpaltunnel entsteht. Die operative Therapie ist der konservativen Behandlung langfristig überlegen. Die Dekompression des Karpaltunnels gehört weltweit zu den am häufigsten durchgeführten chirurgischen Eingriffen.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Persistierende Sensibilitätsstörungen
  • Therapieresistente nächtliche Schmerzen (Brachialgia paraesthetica nocturna) bzw. Parästhesien (Gefühlsstörungen) mit Schlafstörungen

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Akute Infektionen im Operationsgebiet
  • Schwere vaskuläre Erkrankungen der oberen Extremität
  • Schwere Koagulopathien (Gerinnungsstörungen)

Operationsverfahren

Offene Spaltung des Retinakulum/Haltebands

  • Mit oder ohne Neurolyse (Operation zur Beseitigung der Nervenkompression)
  • Operative Therapie der Wahl mit einer Erfolgsrate von 93,4 %
  • Durchführung in Blutleere oder mit der WALANT-Technik (Wide Awake Local Anesthesia No Tourniquet); diese Technik ermöglicht eine intraoperative aktive Mitarbeit des Patienten

Endoskopische Spaltung des Retinakulum

  • Agee-Technik: Monoportale Technik über einen Schnitt in der proximalen queren Handgelenksbeugefalte (Erfolgsrate: 93,4 %)
  • Chow-Technik: Biportale Technik mit zwei Zugängen (proximale quere Handgelenksbeugefalte und Hohlhand; Erfolgsrate: 92,5 %)

Postoperative Nachsorge

  • Frühmobilisation: Fingerbewegungen am OP-Tag zur Vermeidung von Adhäsionen
  • Schmerztherapie: Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) oder Analgetika (Schmerzmittel)
  • Physiotherapie: Bewegungstherapie zur Wiederherstellung der Handfunktion
  • Narbenpflege: Anwendung von Narbensalben zur Optimierung der Heilung
  • Arbeitsunfähigkeit: Je nach Beruf und Belastung 2-6 Wochen

Mögliche Komplikationen

  • Wundheilungsstörungen
  • Narbenbildung mit Bewegungseinschränkung
  • Persistierende oder rezidivierende Beschwerden
  • Nervenverletzungen (bei erfahrenen Operateuren unter 1 %)

Vergleich der Operationsmethoden

Operationsmethode Schnittgröße Erfolgsrate Komplikationsrate
Offene Spaltung ca. 3-5 cm 93,4 % < 1 %
Endoskopische Spaltung (Agee, monoportal) ca. 1-2 cm 93,4 % < 1 %
Endoskopische Spaltung (Chow, biportal) zwei 1 cm lange Zugänge 92,5 % < 1 %

Fazit

Die operative Therapie des Karpaltunnelsyndroms zeigt eine hohe Erfolgsrate mit geringen Komplikationen. Die offene und endoskopische Spaltung sind etablierte Verfahren mit vergleichbaren Ergebnissen. Die Wahl des Operationsverfahrens hängt von der individuellen Patientenpräferenz und den Erfahrungen des Operateurs ab.

Offene Operation versus endoskopischer Eingriff [1]

  • Greif- und Druck-(Pinch-)Kraft in der frühen Phase nach einem endoskopischen Eingriff größer als nach einer offenen Operation; nach sechs Monaten ähnlich
  • Kürzere Operationsdauer bei der endoskopischen Methode (durchschnittlich nur 5 Minuten)
  • Seltener Schmerz und Druckempfindlichkeit der Narbe nach endoskopischen Eingriffen
  • Neun Tage früher wieder am Arbeitsplatz nach endoskopischen Eingriffen
  • Dreifach erhöhtes Risiko für vorübergehende Nervenverletzung bei endoskopischen Eingriffen

Siehe dazu weiteres unter Operationen unter "Orthopädie und Unfallchirurgie".

Nachbehandlung nach der Operation

  • Eine Ruhigstellung der Hand mit einer Schiene ist nicht erforderlich.
  • In den ersten zwei Tagen sollte der Patient die Finger regelmäßig bewegen, um die Durchblutung anzuregen.
  • Schonungsdauer der Hand:
    • offene Operation: 3 bis 4 Wochen
    • endoskopische Operationstechnik: ein bis zwei Wochen

Weitere Hinweise

  • Die Langzeitergebnisse einer Karpaltunnelspaltung bei Patienten mit einem bilateralen schweren Karpaltunnelsyndrom: Beurteilt mit dem Boston Carpal Tunnel Questionnaire (BCTQ) gab es langfristig bei 72,5 % der Hände weder Beschwerden noch funktionelle Einschränkungen. Wenn der Eingriff endoskopisch erfolgte, waren die Langzeitergebnisse durchgängig besser [2].
  • Die Ergebnisse eines Umbrella-Reviews ergab für die Karpaltunneldekompression zur Behandlung des Karpaltunnelsyndroms, dass die Operation hinsichtlich Beschwerden von Vorteil war [3].

Literatur

  1. Sayegh ET et al.: Open versus Endoscopic Carpal Tunnel Release: A Meta-analysis of Randomized Controlled Trials. Clin Orthop Relat Res 2014; online August; doi: 10.1007/s11999-014-3835-z
  2. Tang CQY et al.: Long-term outcome of carpal tunnel release surgery in patients with severe carpal tunnel syndrome. Bone Joint J 2017; 99-B: 1348–53; online 29. September; doi: 10.1302/0301-620X.99B10.BJJ-2016-0587.R2
  3. Blom AW et al.: Common elective orthopaedic procedures and their clinical effectiveness: umbrella review of level 1 evidence. BMJ 2021;374:n1511; http://dx.doi.org/10.1136/bmj.n1511