Diabetische Polyneuropathie – Körperliche Untersuchung

Eine umfassende klinische Untersuchung ist die Grundlage für die Auswahl der weiteren diagnostischen Schritte:

Allgemeine körperliche Untersuchung – inklusive Blutdruck, Puls, Körpergewicht, Körpergröße; des Weiteren:

  • Inspektion (Betrachtung)
    • Haut und Schleimhäute (Haut und Schleimhaut) (Hauttemperatur, Hautturgor (Spannung der Haut) und Schweißbildung)
    • Gangbild (Art des Gehens)
    • Erfassung der Muskel- und Gelenkfunktion (Beweglichkeit und Muskelkraft)
    • Fuß [Rhagaden (Einrisse)?, Blasenbildung?, subkutane Einblutungen (unter der Haut)?, Hyperkeratosen (Hornhautverdickungen)?, Zeichen einer bakteriellen Infektion und/oder Mykose (Pilzinfektion)?, Fußdeformitäten (Fehlstellungen) als Hinweis auf eine diabetische Neuroosteoarthropathie (diabetisch bedingte Knochen- und Gelenkveränderung), Fußulkus (offene Wunde)?]
    • Schuhe und Einlagen (Tastkontrolle)
  • Palpation (Abtasten)
    • Periphere Pulse (Puls an Armen und Beinen): Palpation der Fußpulse der A. tibialis posterior (hinterer Schienbeinarterie) und der A. dorsalis pedis (Fußrückenarterie), beidseits
    • Hinweis: Verminderte oder fehlende Pulse können zusätzlich auf eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (Durchblutungsstörung der Beine) hinweisen
  • Stimmgabeltest
    • Prüfung des Vibrationsempfindens (Schwingungsempfinden) mit der 128 Hz-Stimmgabel nach Rydel-Seiffer – zur Diagnose und Verlaufsbeurteilung sensibler Neuropathien (Nervenschädigungen) [Frühzeichen der diabetischen Polyneuropathie (Nervenschädigung infolge Diabetes): vermindertes Vibrationsempfinden im Stimmgabelversuch]
  • Auskultation (Abhören)
    • Herz (Herzgeräusche, Rhythmus)
    • Lunge (Atemgeräusche)
  • Palpation des Abdomens (Abtasten des Bauchs)
    • Druckschmerz?, Klopfschmerz?, Hustenschmerz?, Abwehrspannung?, Bruchpforten (Bruchstellen)?, Nierenlagerklopfschmerz (Schmerz über der Niere)?

Neurologische Untersuchung (Untersuchung stets beidseitig!)

  • Muskeleigenreflexe (Eigenreflexe der Muskulatur): Achillessehnenreflex, Patellarsehnenreflex (Kniescheibenreflex)
  • Motorik (Bewegungsfunktion): Prüfung der groben Kraft und Beweglichkeit der Extremitäten (Arme und Beine)
  • Sensibilität (Empfindungsfähigkeit):
    • Berührungsempfindung (z. B. mit Wattebausch)
    • Druck- und Berührungsempfinden mit 10 g-Monofilament (Fadentaster) (z. B. an Großzehe, Metatarsalköpfchen, Ferse)
    • Kalt-Warm-Unterscheidung (Temperaturdifferenz-Erkennung)
    • Schmerzempfindung [bei sensomotorischer diabetischer Polyneuropathie (diabetisch bedingte Nervenstörung) typischerweise distal betont, symmetrisch, sockenförmig verteilt]
    • Temperaturempfindung (z. B. durch kaltes Metall oder Stimmgabel)
    • Vibrationsempfinden (Schwingungsempfinden) (s. o.)

Screening auf diabetische Neuropathie (diabetisch bedingte Nervenschädigung, DSPN):

  • Zeitpunkt:
    • Bei Typ-2-Diabetes ab Diagnosestellung (Beginn der Erkrankung)
    • Bei Typ-1-Diabetes spätestens fünf Jahre nach Diagnosestellung
  • Frequenz: einmal jährlich in der hausärztlichen oder diabetologischen Praxis (Fachpraxis für Zuckerkrankheit)
  • Ziel: frühzeitige Erkennung sensomotorischer (Bewegungs- und Empfindungsnerven) und autonomer (vegetativer) diabetischer Neuropathien

Screening-Inhalte:

  • Erfragen neuropathischer Symptome (Nervenbeschwerden): Sensibilitätsstörungen (Empfindungsstörungen), Brennen, Kribbeln, Schmerzen, Krämpfe, Taubheitsgefühl
  • Inspektion der Füße auf Deformitäten (Fehlstellungen), Druckstellen, Hauttrockenheit, Läsionen (Verletzungen) und Durchblutungsstörungen
  • Neurologische Basisdiagnostik (Grunduntersuchung): Achillessehnenreflex, Vibrationsempfinden (Schwingungsempfinden; 64 Hz-Stimmgabel), Berührungsempfinden (Fadentaster; 10 g-Monofilament), Schmerz- und Temperaturempfinden

Interpretation:

  • Bei pathologischen Befunden (auffälligen Ergebnissen) → Durchführung weiterführender neurophysiologischer Tests (z. B. quantitative sensorische Testung, Elektroneurographie (Messung der Nervenleitgeschwindigkeit))

In eckigen Klammern [ ] wird auf mögliche pathologische (krankhafte) körperliche Befunde hingewiesen.