Trinkmenge bei Krankheiten: Wie Flüssigkeit dem Körper hilft, schneller zu genesen

Wenn der Körper krank ist, verändert sich sein Flüssigkeitsbedarf deutlich. Fieber, Erbrechen oder Durchfall ziehen viel Wasser und wichtige Mineralstoffe wie Natrium oder Kalium aus dem Körper. Auch bei Herz- oder Nierenerkrankungen muss die Trinkmenge genau abgestimmt werden, um den Körper nicht zu überlasten. Die folgenden Empfehlungen sollen laienverständlich Orientierung geben.

Fieber: Warum der Körper mehr Flüssigkeit benötigt

Bei Fieber steigt die Körpertemperatur – und mit ihr der Flüssigkeitsverlust. Der Körper versucht, die höhere Temperatur durch verstärkte Verdunstung über Haut und Atmung auszugleichen. Dadurch gehen zusätzlich zu Wasser auch Elektrolyte (Blutsalze) verloren.

Faustregel (für nieren- und herzgesunde Erwachsene):
Für jedes Grad Körpertemperatur über 37 °C sollten 0,5-1 Liter zusätzliche Flüssigkeit aufgenommen werden.

Beispiel:
38,5 °C Fieber → 1,5 °C über 37 °C → zusätzlich ca. 0,75-1,5 Liter trinken.

Geeignete Getränke:

  • Ungesüßte Tees (z. B. Kamille, Fenchel, Pfefferminze)
  • Leicht mineralisierte, stille Mineralwässer

Wichtig zu wissen:

  • Kinder und ältere Menschen trocknen viel schneller aus – sie gelten als Risikopatienten.
  • Durst ist ein spätes Warnsignal: Bei Fieber entsteht er oft erst, wenn der Körper bereits deutliche Mengen Wasser verloren hat.

Flüssigkeitsverluste bei Gastroenteritis (Magen-Darm-Grippe)

Erbrechen und Diarrhoe (Durchfall) führen sehr schnell zu Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten. Besonders kritisch: Der Körper verliert nicht nur Wasser, sondern auch Natrium, Kalium und Glucose – Stoffe, die für Energiegewinnung, Nervenleitung und Muskelarbeit notwendig sind.

Milder Verlauf – Empfehlungen gelten für nieren- und herzgesunde Erwachsene:

  • Ca. 3 Liter Flüssigkeit pro Tag
    oder
  • Ca. 45 ml pro Kilogramm Körpergewicht
    (z. B. 70 kg → ca. 3,1 Liter)

Geeignete Getränke und Hausmittel

  • Kohlensäurefreie oder -arme Mineralwässer
  • Ungesüßte Tees: schwarzer Tee, Kamille, Fenchel, Kümmel – leicht gesalzen oder mit Traubenzucker angereichert (z. B. 1 TL Salz auf 1 Liter Tee)

Bei Fieber gilt auch hier die Faustregel: pro Grad über 37 °C zusätzlich 0,5-1 Liter.

Bei Zeichen von Dehydratation

Dehydratation (Austrocknung) bedeutet, dass der Körper bereits mehr als 3 % seines Körpergewichts an Flüssigkeit verloren hat.
Beispiel: 70 kg → 2,1 Liter Verlust.

Typische Anzeichen sind:

  • Trockene Schleimhäute
  • Dunkler Urin
  • Schwindel
  • Müdigkeit, Schwäche

In diesem Fall kommen ORLs (Oral Rehydration Solution) zum Einsatz. Diese Lösungen sind speziell zusammengesetzte Mischungen aus Wasser, Zucker und Elektrolyten – im optimalen Verhältnis, damit der Körper sie schnell aufnehmen kann.

Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lautet (pro Liter Wasser):

  • 13,5 g Glucose
  • 2,6 g Natriumchlorid
  • 1,5 g Kaliumchlorid
  • 2,9 g Natriumcitrat

Alternative Hausrezepte

  • 1-2 EL Zucker + 1 TL Kochsalz in 1 Liter reinem Orangensaft
  • Saft von 4 Orangen + 7 TL Zucker + 1 TL Salz auf 1 Liter abgekochtes Wasser

Ungeeignete Getränke sind:

  • Reine Fruchtsäfte
  • Limonaden
  • Cola-Getränk

Sie enthalten zu viel Zucker und können den Durchfall verstärken. Alkohol, Kaffee und Milch sind ebenfalls nicht geeignet, da sie den Magen belasten und zusätzlich Flüssigkeit entziehen.

Kinder/Säuglinge: Wenn sie trinken können, ist eine orale Rehydratation besser geeignet als eine Infusion.

Chronische Niereninsuffizienz: Warum „viel trinken“ nicht immer hilft

Die chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) wird als „CKD“ (chronic kidney disease) bezeichnet. Eine CKD liegt definitionsgemäß nur dann vor, wenn eine Einschränkung der Nierenfunktion über mindestens 3 Monate besteht. Dazu gehört entweder eine dauerhaft verminderte eGFR oder ein pathologischer Albumin/Kreatinin-Quotient (AKR) im Urin (Hinweis auf Albuminurie als strukturellen Nierenschaden).

Bei eingeschränkter Nierenfunktion kann der Körper überschüssiges Wasser nicht mehr gut ausscheiden. Eine hohe Trinkmenge würde den Organismus unnötig belasten – sie verbessert die Nierenfunktion nicht.

Empfehlungen je nach CKD-Stadium:

  • CKD Stadium 1 (eGFR ≥ 90 ml/min/1,73 m²): normale eGFR, aber pathologischer Albumin/Kreatinin-Quotient muss vorliegen; keine Einschränkung der Trinkmenge notwendig.
  • CKD Stadium 2 (eGFR 60-89 ml/min/1,73 m²): ebenfalls nur CKD, wenn zusätzlich ein pathologischer Albumin/Kreatinin-Quotient besteht; keine Einschränkung der Trinkmenge notwendig.
  • CKD Stadium 3 (eGFR 30-59 ml/min/1,73 m²) und Stadium 4 (eGFR 15-29 ml/min/1,73 m²):
    max. 1,5 Liter/Tag
  • CKD Stadium 5 (eGFR < 15 ml/min/1,73 m²):
    • Hämodialyse: Urinmenge pro Tag + 500 ml
    • Peritonealdialyse: Urinmenge pro Tag + 800 ml

Diese Vorgaben schützen vor Überwässerung, die Herz und Lunge belasten würde.

Herzinsuffizienz: Flüssigkeit kontrollieren und nicht überlasten

Bei Herzinsuffizienz (Herzschwäche) ist die Pumpfunktion des Herzens vermindert. Dies führt zu erhöhter venöser Stauung, Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems und ADH-Anstieg, wodurch Wasser im Körper zurückgehalten wird. Die Flüssigkeitszufuhr muss daher eng an klinische und laborchemische Parameter angepasst werden.

Die Flüssigkeitszufuhr sollte sich am klinischen Zustand (Gewicht im Verlauf gemäß täglicher Kontrolle) und der Ausscheidung (Nierenfunktion gemäß Serumkreatinin oder eGFR) orientieren.

NYHA I–II (leichte bis moderate Herzinsuffizienz):

  • Max. ca. 2 Liter/Tag – sofern keine Hypervolämie (Überwässerung) oder Hyponatriämie (Natriumangel) vorliegt.
  • Tägliche Gewichtskontrolle, da bereits +1-2 kg innerhalb eines Tages auf Wasserretention hinweisen können.

Bei Hypervolämie und/oder Hyponatriämie:

  • Trinkmenge auf ca. 1 Liter pro Tag reduzieren.
  • In dieser Trinkmenge sind bereits ca. 300 ml aus Nahrung und 300 ml „Oxidationswasser“ enthalten.
  • Perspiratio insensibilis (unsichtbare Verluste über Haut und Atmung): 300-1.000 ml/Tag.

NYHA III–IV (schwere Herzinsuffizienz):

  • Oft noch strengere Begrenzung erforderlich, unabhängig von Hypo- oder Normonatriämie.
  • Flüssigkeitsmanagement erfolgt individuell, abhängig von Diuretikatherapie, Renin-Angiotensin-System-Blockade und klinischem Volumenstatus.

Achtung: Mehr als 3 Liter pro Tag sollten herzkranke Menschen unbedingt vermeiden, da dies zu einer deutlichen Volumenbelastung von Herz und Kreislauf führt.

Literatur

  1. Biesalski HK, Bischoff SC, et al. Ernährungsmedizin. 5. Auflage. Thieme; 2023.
  2. Adamu UG et al.: Optimal fluid management strategies in patients with heart failure: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Front Cardiovasc Med. 2025. Sec. Heart Failure and Transplantation. Volume 12 - 2025 | doi: 10.3389/fcvm.2025.1636862.

Leitlinien

  1. McDonagh TA, Metra M, Adamo M, et al. 2022 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. Eur Heart J. 2022;43(36):3599-3726.
  2. S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische Herzinsuffizienz. (AWMF-Registernummer: nvl - 006), Dezember 2023 Langfassung
  3. Kidney Disease: Key Takeaways for Clinicians from the KDIGO 2025 Clinical Practice Guideline for the Evaluation, Management, and Treatment of DPKD: Nomenclature, diagnosis, prognosis, and prevalence. pdf.