Saccharose: Saccharose: Stoffwechsel, Verträglichkeit und Einfluss auf die Gesundheit
Das Disaccharid Saccharose – im Alltag schlicht als „Zucker“ bekannt – besteht aus den Monosacchariden (Einfachzuckern) Glucose (Traubenzucker) und Fructose (Fruchtzucker).
Im Handel erscheint Saccharose unter zahlreichen Bezeichnungen. Diese unterscheiden sich nach:
- Reinheitsgrad (z. B. Raffinade, Weißzucker, Halbweißzucker, brauner Zucker)
- Herkunft (Rübenzucker oder Rohrzucker)
- Korngröße (Puderzucker, Kristallzucker, Sandzucker, Hagelzucker)
- Form (Kandiszucker, Würfelzucker, Hutzucker)
- Verwendungszweck (Einmachzucker, Gelierzucker, Haushaltszucker, Industriezucker)
Funktionen
Saccharose dient nach Spaltung und Umwandlung in Glucose als Energiequelle für fast alle Körperzellen. Der Energiegehalt von 1 g Saccharose beträgt 4 kcal. Große Bedeutung hat die Saccharose als Süßungsmittel, da sie sich durch einen besonders vollen und auch bei höheren Konzentrationen noch angenehmen Geschmack auszeichnet. Ihre Süße wird als Referenzwert für alle anderen Süßungsmittel verwendet.
Ferner beeinflusst Saccharose die Textur vieler Lebensmittel. Aufgrund ihrer Wasserbindungsfähigkeit trägt sie zur Frische von Backwaren bei, hält Schäume stabil und wirkt – etwa in Marmeladen – als natürliches Konservierungsmittel. Außerdem senkt Saccharose den Gefrierpunkt von Lebensmitteln. Dadurch bleibt Speiseeis cremiger und friert nicht vollständig durch.
Verdauung und Resorption
Damit Saccharose vom Körper genutzt werden kann, muss sie im Dünndarm in ihre Bestandteile Glucose und Fructose zerlegt werden. Diese Aufspaltung übernimmt ein körpereigenes Enzym, die Saccharase, die nach der Aufnahme von Saccharose verstärkt gebildet wird. Erst nach dieser Spaltung können die Zuckerbausteine die Darmwand passieren und in den Blutkreislauf übergehen.
Glucose gelangt sehr schnell ins Blut und steht unmittelbar als Energie für Gehirn, Muskeln und andere Gewebe zur Verfügung.
Fructose wird langsamer aufgenommen und gelangt überwiegend in die Leber, wo sie weiterverarbeitet wird. Hier entscheidet der Stoffwechsel, ob Fructose:
- in Energie umgewandelt,
- in eine Speicherform (z. B. Glykogen) überführt oder
- bei sehr hoher Zufuhr auch zur Lipogenese (Fettsynthese) genutzt wird.
Saccharoseintoleranz (Saccharoseunverträglichkeit)
Die Saccharoseintoleranz ist eine seltene Stoffwechselstörung, die durch eine zu geringe oder sogar nicht vorhandene Aktivität des Enzyms Saccharase gekennzeichnet ist. Die Folge ist ein unzureichender Abbau der Saccharose im Dünndarm, sodass sie in tiefere Darmabschnitte gelangt und dort zu Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall führt.
Es gibt eine angeborene Form, die schon im Säuglingsalter auffällt, und eine erworbene Form, z. B. bei Zöliakie oder Morbus Crohn. Im Alltag hilft eine zuckerarme Ernährung bzw. der Austausch von Saccharose durch andere Zuckerarten.
Glucosemalabsorption
Manche Menschen können die einzelnen Zuckerbestandteile aus Saccharose schlechter aufnehmen:
- Glucosemalabsorption
- Neben der Saccharoseintoleranz kann auch eine Glucosemalabsorption Beschwerden nach dem Verzehr von Saccharose auslösen. Da Saccharose im Dünndarm in Glucose und Fructose zerlegt wird, gelangt bei dieser Störung ein Teil der Glucose unverdaut weiter in den Darm.
- Die Glucosemalabsorption ist eine seltene, angeborene Erkrankung, bei der Glucose nicht richtig durch die Darmwand aufgenommen werden kann. Die nicht aufgenommene Glucose bindet Wasser im Darm – dadurch kann es zu zum Teil starken, wässrigen Durchfällen kommen. Häufig treten zusätzlich Blähungen und Bauchkrämpfe auf.
- Im Alltag bessern sich die Beschwerden meist, wenn die Ernährung auf fructosebetonte und sehr glucosearme Lebensmittel umgestellt wird. Das bedeutet: Lebensmittel mit Glucose, Saccharose, Lactose oder Galactose sollten gemieden oder stark reduziert werden.
- Fructosemalabsorption
- Bei einer Fructosemalabsorption kann der Dünndarm die Fructose nur unvollständig aufnehmen. Die unverdaute Fructose wandert in den Dickdarm, wo sie von Darmbakterien vergoren wird. Dabei entstehen Gase und Säuren, die typische Beschwerden wie Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall hervorrufen können.
- Eine solche Fructoseunverträglichkeit kann vorübergehend auftreten, z. B. bei einer geschädigten Darmschleimhaut infolge von Zöliakie, Morbus Crohn, Infekten oder bestimmten Medikamenten.
- Im Alltag bessern sich die Symptome meistens durch eine fructosearme Ernährung, die auch weniger Saccharose enthält, da Saccharose bei der Verdauung Fructose liefert. In ausgeprägten Fällen kann eine vorübergehende fructosefreie Phase hilfreich sein, bevor Fructose langsam wieder gesteigert wird.
Stoffwechsel und Regulation
Nachdem Saccharose im Dünndarm in Glucose und Fructose zerlegt wurde, gelangen beide Monosaccharide über den Blutkreislauf zur Leber – dem zentralen Verteilerorgan für den Energiestoffwechsel.
Glucose wird von der Leber je nach Bedarf an den Körper abgegeben. Sie steht dann vor allem dem Gehirn, den Muskeln und anderen Organen als schnelle Energie zur Verfügung. Ein Teil der Glucose wird – wenn gerade keine Energie benötigt wird – in Form von Glykogen in Leber und Muskeln gespeichert und später wieder freigesetzt.
Fructose wird fast vollständig in der Leber verarbeitet. Dort kann sie in Energie umgewandelt werden, zur Bildung von Glucose beitragen oder bei hoher Zufuhr auch zur Herstellung von Fettbausteinen dienen.
Da Saccharose den Blutzucker relativ deutlich ansteigen lässt (glykämischer Index 65), führt sie auch zu einer entsprechenden Insulinausschüttung. Das ist besonders für Menschen mit Übergewicht, Insulinresistenz oder Diabetes mellitus von Bedeutung.
Hereditäre Fructoseintoleranz
Die hereditäre Fructoseintoleranz ist eine seltene, angeborene Stoffwechselstörung, bei der ein wichtiges Enzym in der Leber, Aldolase B, nicht oder nur unzureichend arbeitet. Dieses Enzym wird benötigt, um Fructose abzubauen.
Wenn Menschen mit dieser Störung Fructose, Saccharose oder Sorbit aufnehmen, kann die Leber den Zucker nicht richtig verarbeiten. Dadurch sammeln sich bestimmte Zwischenprodukte an, die den normalen Energiestoffwechsel blockieren. Besonders betroffen ist die Fähigkeit des Körpers, den Blutzucker stabil zu halten. Typische Beschwerden treten meist kurz nach fructose- oder saccharosehaltigen Mahlzeiten auf und können sein:
- Starke und anhaltende Hypoglykämien (Unterzuckerungen), vor allem nach Obst oder Süßem
- Erbrechen
- Schlechter Ernährungszustand
- Lebervergrößerung, im Verlauf auch schwerere Leberschäden bis hin zur Leberzirrhose (Leberschrumpfung)
- Nierenschäden mit erhöhter Eiweißausscheidung im Urin
Die Schwere der Symptome hängt davon ab, wie viel Fructose oder Saccharose aufgenommen wurde und über welchen Zeitraum die Belastung besteht.
Da die Erkrankung nicht medikamentös behandelt werden kann, ist eine strenge Ernährungstherapie entscheidend. Betroffene müssen Fructose, Saccharose und Sorbit konsequent meiden. Mit einer solchen Diät können die Symptome vollständig verhindert und Organschäden vermieden werden.
Überhöhte Zufuhr
Ein dauerhaft hoher Konsum von Saccharose steht mit mehreren gesundheitlichen Problemen in Verbindung. Wer regelmäßig große Mengen Zucker aufnimmt, hat ein höheres Risiko für [6, 8]:
- Übergewicht, Adipositas
- Diabetes mellitus Typ 2
- Hyperlipidämien (Fettstoffwechselstörungen)
- Insulinresistenz (der Körper reagiert weniger empfindlich auf Insulin)
- Metabolisches Syndrom – eine Kombination aus Risikofaktoren wie Hypertonie (Bluthochdruck), erhöhten Blutfetten, größerem Taillenumfang und gestörter Blutzuckerregulation
Damit gilt ein hoher Saccharosekonsum als ein zentraler Einflussfaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Stoffwechselstörungen.
Eine aktuelle Studie zeigt zudem, dass bereits 80 g Saccharose pro Tag – das entspricht etwa der Menge in zwei großen Schokoladentafeln oder einem Liter gesüßtem Getränk – innerhalb weniger Wochen messbare Nachteile verursachen können. Dazu gehören:
- Ungünstige Veränderung der LDL-Cholesterin-Partikel (kleinere Partikel gelten als besonders gefäßschädigend)
- Anstieg entzündungsfördernder Marker wie hs-CRP (hochsensitives C-reaktives Protein) [1]
- Erhöhung der Nüchternblutzuckerwerte
Damit wird deutlich, dass nicht nur langfristig, sondern schon kurzfristig hohe Zuckerzufuhr den Stoffwechsel belastet.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Zahngesundheit: Saccharose ist einer der bevorzugten Energielieferanten für Bakterien im Zahnbelag. Diese Bakterien produzieren aus Zucker Säuren, die den Zahnschmelz schädigen und Karies begünstigen. Entscheidend ist hierbei weniger die Menge an Zucker, sondern wie häufig Saccharose im Laufe des Tages konsumiert wird. Häufiges Naschen oder viele gesüßte Getränke über den Tag verteilt erhöhen das Kariesrisiko besonders stark [2].
Mangel
Das Disaccharid Saccharose ist für keinen physiologischen Vorgang essentiell (lebensnotwendig). Folglich ist der menschliche Körper auf eine Zufuhr über die Nahrung nicht angewiesen.
Vorkommen
Saccharose kommt natürlicherweise in vielen pflanzlichen Lebensmitteln vor. Besonders höhere Mengen finden sich in:
- Früchte: Pfirsiche (5,7 %), Ananas (7,8 %), Mango (9 %), Honigmelone (9,5 %), Bananen (10,3 %)
- Samen: Maronen (13,9 %)
- Wurzeln und Knollen: Süßkartoffeln (3 %), Meerrettich (6,8 %), Rote Bete (7,9 %)
- Keimen: Weizenkeime (14 %)
Für die industrielle Zuckerherstellung sind vor allem zwei Pflanzen relevant:
- Zuckerrüben (17-20 % Saccharose)
- Zuckerrohr (bis zu 20 % Saccharose)
In kleineren Mengen wird Saccharose auch über Pflanzensäfte gewonnen, z. B. aus Zuckerahorn für die Herstellung von Ahornsirup.
Auch wenn Saccharose in vielen natürlichen Lebensmitteln vorkommt, stammt der Großteil der Zuckeraufnahme im Alltag aus verarbeiteten Produkten. Typische Beispiele sind:
- Süßwaren: Milchschokolade (44,6 %), Weingummis (46,4 %)
- Desserts: Eiscreme (14,3 %), gezuckerte Kondensmilch (41,7 %)
- Backwaren: Butterkekse (20 %)
- Fruchtprodukte: Pflaumenmus (10,5 %), Erdbeerkonfitüre (13,9 %)
- Getränke: Cola-Getränke (5,9 %)
Diese Lebensmittel tragen im Alltag den größten Anteil zur Zuckerzufuhr bei – oft deutlich mehr als Obst oder Gemüse.
Zufuhr-Empfehlungen
Durch die industrielle Herstellung aus Zuckerrüben und Zuckerrohr hat der Konsum von Saccharose in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Heute stammen 11-25 % der täglichen Energieaufnahme vieler Menschen aus Zucker – deutlich mehr, als gesundheitlich empfohlen wird.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt klare Richtwerte vor: Maximal 10 % der täglichen Gesamtenergie sollten aus „freiem Zucker“ stammen. Dazu zählen:
- zugesetzter Zucker in Lebensmitteln und Getränken,
- natürlich vorkommender Zucker in Honig, Sirup und Fruchtsäften,
- alle Mono- und Disaccharide, die technisch oder kulinarisch zugesetzt werden.
Für Erwachsene entspricht diese Empfehlung etwa 50 g Zucker pro Tag – also ungefähr:
- 4-5 Teelöffel Haushaltszucker,
- einem Glas Limonade,
- oder einer kleinen Portion Süßwaren.
Viele Fachgesellschaften empfehlen, die Zuckerzufuhr noch weiter zu reduzieren, besonders bei Kindern oder bei Menschen mit Übergewicht, Diabetes mellitus oder hohem Kariesrisiko.
Literatur
- Aeberli I, Gerber PA, Hochuli M, Kohler S, Haile SR, Gouni-Berthold I, Berthold HK, Spinas GA, Berneis K: Low to moderate sugar-sweetened beverage consumption impairs glucose and lipid metabolism and promotes inflammation in healthy young men: a randomized controlled trial. Am J Clin Nutr. 2011 Aug;94(2):479-85. doi: 10.3945/ajcn.111.013540.
- Anderson CA, Curzon ME, Van Loveren C, Tatsi C, Duggal MS: Sucrose and dental caries: a review of the evidence. Obes Rev. 2009 Mar;10 Suppl 1:41-54. doi: 10.1111/j.1467-789X.2008.00564.x.
- Belitz HD, Grosch W, Schieberle: Lehrbuch der Lebensmittelchemie, 6. Auflage. Springer-Verlag Berlin Heidelberg. 2008
- Elmadfa I, Muskat E (Hrsg.): Ernährung des Menschen. 5. Auflage. Berlin: Springer; 2020.
- Löffler G, Petrides PE, Heinrich PC. Biochemie und Pathobiochemie. 8. Auflage. Springer; 2007.
- Malik VS, Popkin BM, Bray GA, Després JP, Willett WC, Hu FB: Sugar-sweetened beverages and risk of metabolic syndrome and type 2 diabetes: a meta-analysis. Diabetes Care 2010 Nov; 33(11): 2477-2483. doi.org/10.2337/dc10-1079
- Souci SW, Fachmann W, Kraut H: Die Zusammensetzung der Lebensmittel, Nährwert-Tabellen. 7. Auflage. medpharm Scientific Publishers, Stuttgart 2008
- Wolff E, Dansinger M: Soft drinks and weight gain: how strong is the link? Medscape J Med. 2008;10(8):189.