Testverfahren zur Bestimmung der anaeroben Ausdauerleistung

Die anaerobe Ausdauerleistung ist in vielen Sportdisziplinen von großer Bedeutung. Die Kapazität der anaeroben Adenosintriphosphat-Resynthesesysteme bestimmen unter anderem die Wettkampfleistungsfähigkeit und die Trainingsergebnisse beispielsweise beim 100-m-Lauf, aber auch bei nahezu allen Ballsportarten. In Abhängigkeit von der Belastungsdauer und der -intensität kann die Energiegewinnung bei einer anaeroben Ausdauerleistung auf der Basis von alaktazider oder laktazider Substratmetabolisierung erfolgen. Das Ziel einer komplexen Leistungsdiagnostik der anaeroben Ausdauer ist demnach die Bestimmung der Kapazität und der Leistungsfähigkeit der Einzelkomponenten des Energiestoffwechsels, da eine solche Erkennung der Defizite in Teilbereichen möglich wird. Basierend auf den so gewonnen Erkenntnissen kann eine Optimierung der Trainingssteuerung erfolgen.

Als Resultat der Miniaturisierung der vorhandenen Messsysteme besteht die Möglichkeit, die Sauerstoffaufnahme während einer muskulären Beanspruchung zu bestimmen. Aufgrund dessen kann auch bei einer sportartspezifischen Leistungsdiagnostik eine direkte Messung des aeroben Energiestoffwechsels vorgenommen werden. Zur Bestimmung der anaeroben alaktaziden und laktaziden Kapazität und Leitungsfähigkeit bedarf es jedoch besonderer Messverfahren, die nicht während einer muskulären Belastung durchgeführt werden können. Als Grund hierfür kann genannt werden, dass die zu beurteilenden Substrate für die Stoffwechselprozesse in den Myozyten vorliegen und so nur durch komplexe Messsysteme eruiert werden können. Die zur Beurteilung benötigten Substrate können beispielsweise mithilfe einer muskelbioptischen Analyse oder einer Magnetresonanzspektroskopie direkt gemessen werden. Eine indirekte Bestimmung durch eine Evaluation von Metabolisierungsprodukten wie dem Pyruvat (Brenztraubensäure) oder dem Lactat ist zwar möglich, durch die Diffusions- und besonders die Eliminationsprozesse führt eine Messung im peripheren Blut jedoch zweifelsohne zu ungenauen Ergebnissen.

Diagnostik der alaktaziden Leistungsfähigkeit

  • Um eine alaktazide Beanspruchung hervorzurufen, muss eine kurze und intensive Belastung vom Sportler ausgeführt werden, da nur so gewährleistet werden kann, dass der Hauptteil der Energie durch die alaktazide Stoffwechselkomponente synthetisiert wird.
  • Treppentest nach Margaria – von besonderer Bedeutung in der Diagnostik der alaktaziden Leistungsfähigkeit ist der Treppentest nach Margaria, bei dem nach einer kurzen Beschleunigungsphase in der Ebene mit maximaler Beschleunigung und Geschwindigkeit eine Treppe erstiegen werden muss. Um eine exakte Messung zu garantieren, erfolgt die Zeitmessung mithilfe einer Lichtschranke, sodass ein Messwert mit einer maximalen Abweichung von weniger als zehn Millisekunden gewährleistet werden kann. Aus der so erhaltenen Vertikalgeschwindigkeit kann zusammen mit der Gewichtskraft die Leistung präzise errechnet werden.
  • Wingate Anaerobic Test – dieses Testverfahren ist von großer Relevanz in der Diagnostik der alaktaziden Leistungsfähigkeit. Im Gegensatz zum Treppentest nach Margaria erfolgt die Untersuchung mit einem drehzahlabhängigen Ergometer. Nach einer wenige Minuten andauernden Aufwärmphase muss der Athlet die für ihn maximale Drehzahl erreichen. Erschwert wird dies durch eine einstellbare Bremskraft. Die alaktazide Leistungsfähigkeit entspricht beim Wingate Anaerobic Test dem Leistungs-Peak, der ungefähr nach drei bis fünf Sekunden erreicht wird. Allerdings kann eine Verschiebung des Leistungs-Peaks in Abhängigkeit von der Bremskraft erfolgen. Mithilfe des Wingate Anaerobic Tests kann des Weiteren auch noch der Fatigue-Index (Ermüdung) errechnet werden. 

Diagnostik der alaktaziden Kapazität

  • Um eine direkte Konzentrationsbestimmung der ATP- und Kreatinphosphatkonzentration zu erhalten, bedarf es extrem aufwendiger und teurer Verfahren, die für die durchschnittliche Leistungsdiagnostik nicht adäquat sind. Zu diesen Verfahren zählen beispielsweise die 31P-MR-Spektroskopie (Magnetresonanz) und die Durchführung einer Muskelbiopsie.
  • Sprinttest nach Hellwig – mit weniger Aufwand verbunden ist der Sprinttest nach Hellwig, bei dem es sich um eine indirekte Messmethode, der nach Belastung abgetragenen Sauerstoffschuld des Sportlers handelt. Zur Bestimmung wird die Kinetik der Sauerstoffaufnahme in der Erholungsphase nach einer kurzen, jedoch sehr intensiven Belastung evaluiert. Betrachtet man die Sauerstoffaufnahme nach der Belastung in der Erholungsphase, so wird ein exponentieller Abfall der Aufnahme des Sauerstoffs erkennbar, wobei dieser aus einer schnell und einer langsam abfallenden Teilkomponente besteht. Die Validität dieser Methode ist jedoch nicht mit einer direkten Messmethode der alaktaziden Kapazität vergleichbar. 

Diagnostik der laktaziden Leistungsfähigkeit

  • Laktatbildungs-Verfahren nach Mader – zur Bestimmung der laktaziden Leistungsfähigkeit ist es nicht möglich, die maximale Laktatbildungsrate als Maß zu verwenden, da eine direkte Messung in der Leistungsdiagnostik nicht möglich ist. Stattdessen bedarf es eines Verfahrens, mit dem es möglich ist, eine Schätzung der maximalen Laktatbildungsrate zu erhalten. Mithilfe des Laktatbildungs-Verfahren nach Mader ist eine relativ genaue Kalkulation realisierbar. Als Beispiel für die Anwendung dieses Verfahrens kann eine Belastungszeit von zehn Sekunden angenommen werden, wobei in den ersten drei Sekunden der Belastung keine Laktatbildung erfolgt. Wird die Belastungszeit erhöht, so erhöht sich auch die laktatfreie Belastungszeit. Die Belastungsdauer und die laktatfreie Belastungszeit verlaufen jedoch nicht proportional zueinander. Die exaktesten Werte der Laktatbildung erhält man bei einer Belastungsdauer von zehn Sekunden, da in diesem Zeitraum die azidosebedingte Suppression der Phosphofructokinase-Aktivität nur einen sehr geringen Effekt auf die Laktatbildung hat.

Diagnostik der laktaziden Kapazität

  • Laufbandtest nach Schnabel und Kindermann – aufgrund der Tatsache, dass eine isolierte Bestimmung der laktaziden Kapazität nicht mit adäquaten Verfahren zu realisieren ist, muss der Einfluss der alaktaziden Kapazität kalkuliert werden, um so indirekt die isolierte laktazide Kapazität angeben zu können. Beim Laufbandtest nach Schnabel und Kindermann wird bei einer konstanten Laufgeschwindigkeit von 22 km/h und einer Steigung von 7,5 % bis zur Erschöpfungsphase gelaufen. Durch das Laufen bis zur totalen willentlichen Erschöpfung können als Maß für die laktazide Kapazität die Belastungsdauer und das maximale Nachbelastungslaktat verwendet werden.

Literatur

  1. Heck H, Schulz H, Bartmus U: Diagnostics of anaerobic power and capacity. European Journal of Sport Science Volume 3, 2003 - Issue 3. doi.org/10.1080/17461390300073302
  2. Hollmann W, Strüder HK: Sportmedizin: Grundlagen von körperlicher Aktivität, Training und Präventivmedizin. Schattauer Verlag 2009
  3. de Marées H: Sportphysiologie. Sportverlag Strauß Verlag 2003
  4. Schmidt R: Physiologie des Menschen. Springer Verlag 2004
  5. Klinke R: Lehrbuch der Physiologie. Georg Thieme Verlag 2005
  6. Knechtle B: Aktuelle Sportphysiologie. Karger Verlag 2002
     
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