Ursachen
Speicheldrüsenentzündung (Sialadenitis)

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Bakterielle Sialadenitiden

Eine akute bakterielle Sialadenitis wird in der Regel begünstigt durch Vorliegen einer Hyposialie (verminderten Speichelfluss) und ausgelöst durch hämolysierende Streptokokken (Gruppe A) und Staphylokokken (S. aureus). Bei aszendierendem Entzündungsmechanismus folgt auf eine Sialangitis (Entzündung des Gangsystems) der Übergriff aufs Drüsenparenchym und konsekutiv wiederum Hyposialie.

Chronische Sialadenitiden

  • Obstruktive Elektrolyt-Sialadenitis – Durch Störung des Elektrolythaushalts (Salzhaushalt) Viskositätsveränderung des Speichels. Zäherer Speichel führt zur Schleimobstruktion (Abflussstörung) und konsekutiver Entstehung von Sialolithen (Steinbildung). An einen anorganischen Kern lagert sich anorganisches und organisches Material an und führt zur Volumenzunahme des Steins: Sialolithiasis; Volumenzunahme, indem sich an einen anorganischen Kern organisches und anorganisches Material schichtweise anlagert. Die Gangepithelien spielen eine zentrale Rolle als Ziel des Entzündungsprozesses. Von einer obstruktiven Elektrolyt-Sialadenitis sind die Glandulae parotis und submandibularis nie gleichzeitig betroffen.
  • Obstruktive Sialadenitis – Neben Sialolithen können auch andere Obstruktionen ursächlich für die Entstehung einer Sialadenitis sein:
    • Sialodochitis (primäre Entzündung des Gangepithels)
    • Induktion einer Obstruktion durch Radiojodtherapie
    • Stenosen (Verengungen) oder Strikturen (hochgradiger Verengungen) – posttraumatische, postentzündliche oder tumorbedingte narbige Veränderungen des Gangsystems
    • Kompression eines Ausführungsganges durch einen Tumor mit entzündlichen und immunologischen Veränderungen infolge
    • Anomalien – meist angeborene polyzystische Veränderungen mit teils massiven Dilatationen (Ausdehnung) des Ausführungsganges (Synonyme: Mega-Stenon-Gang, Sialektase)
  • Chronisch-rezidivierende Sialadenitis der Glandula submandibularis (Küttner-Tumor) – Auf eine Sekretionsstörung und obstruktive Elektrolyt-Sialadenitis folgen periduktale Fibrose, Sekreteindickung und Proliferation. Auf Immunreaktionenen (IgA, IgG, Laktoferrin, Lysozym) mit weitgehender immunologischer Zerstörung von Parenchym und Gangepithel folgen aszendierende Infektionen.
  • Chronisch-rezidivierende Parotitis – Prädisponierend ("begünstigend") stehen angeborene Gangektasien (Gangausweitungen) im Verdacht, eine immunologische Genese wird ebenfalls diskutiert.
  • Chronische myoepitheliale Sialadenitis bei Sjögren- bzw. Sicca-Syndrom – entzündlich-degenerative Autoimmunerkrankung; in 60 bis 100 % finden sich antinukleäre Autoantikörper sowie Antikörper gegen Zytoplasma der Gangepithelzellen. Konsekutiver, schubweiser Verlust der Drüsenfunktionen.
  • Chronisch-epitheloidzellige Sialadenitis der Glandula parotis (Synonyme: Heerfordt-Syndrom; febris uveo-parotidea) – extrapulmonale Manifestation einer Sarkoidose (M. Boeck)
  • Strahlensialadenitis – radiogen (strahlenbedingte) induzierte Schädigung der serösen Azini (Azinus: beerenförmige, sekretorische Endstück von Drüsen) und Entzündung des Gangepithels mit folgender Apoptose (gesteuertem Zelltod) und fibrotischem Umbau des Drüsenparenchyms

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Angeborene Gangektasien
    • Als prädisponierender Faktor in Verdacht für die Entstehung einer chronisch-rezidivierenden Parotitis.

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Verminderte Flüssigkeitszufuhr
      • durch Exsikkose (Austrocknung) verursachte Speichelreduktion und damit vergesellschaftete bakterielle Infektion; bei marantischer Gesamtsituation (Eiweißmangel-Situation) typischerweise betroffen ist die Parotis (Ohrspeicheldrüse) – marantische Parotitis, marantische Sialadenitis
    • Gestörter Elektrolythaushalt (Salzhaushalt)
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol (Frau: > 20 g/Tag; Mann: > 30 g/Tag)

Krankheitsbedingte Ursachen

    • Angeborene Anomalien – meist angeborene polyzystische Veränderungen mit teils massiven Dilatationen (Erweiterungen) des Ausführungsganges (Synonyme: Mega-Stenon-Gang, Sialektase)
    • Autoimmunerkrankung
      • Primär biliäre Cholangitis (PBC, Synonyme: nichteitrige destruierende Cholangitis; früher primär biliäre Zirrhose) – relativ seltene Autoimmunerkrankung der Leber (betrifft in ca. 90 % der Fälle Frauen); beginnt primär biliär, d. h. an den intra- und extrahepatischen ("innerhalb und außerhalb der Leber") Gallenwegen, die durch eine Entzündung zerstört werden (= chronisch nichteitrige destruierende Cholangitis). Im längeren Verlauf greift die Entzündung auf das gesamte Lebergewebe über und führt schließlich zu einer Vernarbung bis hin zur Zirrhose; Nachweis antimitochondrialer Antikörper (AMA); PBC ist häufig assoziiert mit Autoimmunerkrankungen (Autoimmunthyreoiditis, Polymyositis, systemischer Lupus erythematodes (SLE), progressive systemische Sklerose, rheumatoider Arthritis); in 80 % der Fälle mit einer Colitis ulcerosa (chronisch-entzündliche Darmerkrankung) assoziiert; Langzeitrisiko für ein cholangiozelluläres Karzinom (CCC; Gallengangskarzinom, Gallengangskrebs) liegt bei 7-15 %
      • Sarkoidose (Synonyme: Morbus Boeck; Morbus Schaumann-Besnier) – systemische Erkrankung des Bindegewebes mit Granulombildung (Haut, Lunge und Lymphknoten)
      • Sjögren- bzw. Sicca-Syndrom
    • Blutverlust
    • Diabetes insipidus (Hormonmangel-bedingte Störung im Wasserstoffwechsel, die zu einer extrem hohen Harnausscheidung (Polyurie; 5-25 l/Tag) durch eine eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit der Nieren führt)
    • Diabetes mellitus
    • Diarrhoe (Durchfall)
    • Nausea (Übelkeit)
    • Immundefizienz / Immunschwäche
    • Immunologische Genese für die chronisch-rezidivierende Parotitis in Diskussion
  • Infektionen
    • Virale Sialadenitiden
      • Mumps-Virus – ss-RNA-Virus aus der Familie der Paramyxoviren, zur Gattung des Rubulavirus gehörend; nur ein humanpathogener Serotyp bekannt; Auslöser der Parotitis epidemica (Mumps)
      • Cytomegalie-Virus (Synonyme: CMV, Zytomegalie-Virus) – DNA-Virus aus der Untergruppe der humanen Herpesviren (HHV 5). Das Virus induziert die Bildung von Riesenzellen aus dem Gangepithel der Speicheldrüsen.
      • Coxsackie-Viren – RNA-Viren, zählend zur Gattung der Enteroviren, zur Familie der Picornaviren. Bekannt sind Serotyp A und B.
      • Echo-Viren
      • HI-Virus (HIV)
      • Influenza-Viren – Auslöser der Influenza (Grippe)
      • Parainfluenza-Viren
    • Bakterielle Sialadenitiden
      • Einer akuten bakteriellen Sialadenitis liegt häufig eine Hyposialie (verminderter Speichelfluss) zu Grunde, wodurch eine aszendierende Infektion begünstigt wird.
        • β-hämolysierende Streptokokken (Gruppe A)
        • Katzenkratzkrankheit – bakterielle Lymphdrüsenerkrankung durch Erreger Bartonellae henselae; Sialadenitis als atypische Verlaufsform
        • Staphylokokken (S. aureus)
    • Infektiös-granulomatöse Sialadenitiden
      • Aktinomykose (Strahlenpilzkrankheit)
      • Atypische Mykobakteriosen
      • Syphilis (Lues; Geschlechtskrankheit) – sehr selten, muss aber bei granulomatöser Sialadenitis ausgeschlossen werden
      • Tuberkulose
  • Marasmus – schwerste Form der Mangelernährung; wird auch als Protein-Energie-Malnutrition (PEM) bezeichnet
  • Stenosen (Verengungen) oder Strikturen (hochgradige Verengungen) des Gangsystems
    • postentzündlich (nach einer Entzündung)
    • posttraumatisch (nach einem Trauma/Verletzung)
    • tumorbedingt
  • Tuberkulose, atypische Mykobakteriosen
  • Tumoren – Kompression des Gangsystems und Drüsenparenchyms
  • Verbrennungen

Medikamente

  • 63 % der 200 am meisten verschriebenen Medikamente wirken salivationshemmend (speichelflusshemmend). Die Einnahme xerogener (Mundtrockenheit-bedinge) Medikamente über lange Zeiträume begünstigt die Entstehung einer Sialadenitis durch Hyposialie (Sekretion zu geringer Speichermengen) und (aufsteigende) aszendierende Infektion. Etwa 400 solcher Medikamente sind bekannt. Sie gehören folgenden Gruppen an:  
    • Antiadiposita
    • Anoretika
    • Antiarrhythmika
    • Anticholinergika
    • Antiepileptika
    • Antidepressiva
    • Antihistaminika
    • Antihypertonika
    • Antiparkinsonmittel
    • Antipsychotika (Neuroleptika)
    • Anxiolytika
    • Ataraktika
    • Diuretika
    • Hypnotika
    • Muskelrelaxantien
    • Sedativa
    • Spasmolytika
  • Induktion durch Radiojodtherapie 

Röntgenstrahlen

  • Radiogene Sialadenitis (Strahlensialadenitis) – bei Strahlentherapie im Kopf- und Halsbereich und damit einhergehende Schädigungen der Weichgewebe

Chemotherapien

  • Immunsuppression (Unterdrückung immunologischer Prozesse) → aszendierende (aufsteigende) Infektion

Operationen

  • Operationen im Kopf-/Halsbereich und damit einhergehende Schädigungen der Speicheldrüsen (Strikturen und Stenosen)
  • Postoperative Parotitis nach großen Operationen wie Laparotomie (Bauchschnitt)
     
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