Operative Therapie
Dickdarmpolypen (Kolonadenom)

1. Ordnung

  • Komplette Abtragung des Polypen/Adenom (Polypektomie) während der Koloskopie (Darmspiegelung)
    • Polypen ≤ 5 mm entweder eine Abtragung mit der Biopsiezange (Zangenresektion) oder mit kalter Schlinge (Schlingenresektion; geeignet für kleine Polypen ≤ 10 mm)
    • Für größere sessile Polypen ist die endoskopische Piecemeal-Mukosaresektion (pEMR) der Standard.
    • Komplizierte Polypen (Größe zwischen einem und 3 cm) werden zunehmend mithilfe der endoskopischen Vollwandresektion (engl. Full-Thickness Resection; EFTR) entfernt.
  • Transanale ("durch den After") endoskopische Mikrochirurgie (TEM)
  • Kolonteilresektion (Dickdarmteilentfernung) – operative Entfernung des Adenom-tragenden Kolonanteils

Beachte: Der prophylaktische Clipverschluss nach Polypektomie scheint sich bei großen, im proximalen Kolon (im Wesentlichen das Colon ascendens, das sich zwischen dem Caecum (Blinddarm) und der rechten Kolonflexur (Flexura coli dextra; rechtzeitige Biegung am Kolon) befindet) gelegenen Läsionen (≥ 20 mm) zu lohnen. In diesen Fällen senkte die Maßnahme das Risiko einer Nachblutung [10].

Endoskopie und Polypenmanagement/Nachsorgeempfehlungen

  • Adenomträger haben ein Risiko von 40-50 % für das Auftreten von Rezidivadenomen.
  • Nach Abtragung serratierter Adenome (SSA) im rechten Hemicolon treten gehäuft Intervallkarzinome auf. Intervallkarzinome sind Karzinome, die zwischen der Indexkoloskopie und dem geplanten Nachsorgeintervall auftreten.
    SSA sind typischerweise > 5 mm, liegen im rechtsseitigen Kolon und sind flach erhaben; Abgrenzung von der Umgebung durch eine aufgelagerte Schleimschicht
  • Entartungsrisiko ist abhängig von: Histologie ("feingeweblicher Befund"), Größe und Grad der intraepithelialen Neoplasie (Neubildung); höchstes Entartungsrisiko (25-40 % innerhalb in 10 Jahren) besteht bei: Größe > 10 mm und/oder villöser Neoplasie und /oder intraepithelialer Neoplasie

Nachsorgeintervalle [1-4]

 Art der Läsion
 Erste Kontrolle
 Weitere Kontrolle
 Nichtneoplastische Polypen
  • Keine
 Keine
 Low-risk-Adenom*
  • 5 Jahre; 5-10 Jahre [S-3-Leitlinie]
 5 Jahre
 High-risk-Adenom**
  • 3 Jahre (bei > 10 Adenomen evtl. kürzer)
  • Bei Nachweis von ≥ 5 Adenomen jeder Größe sollte das Kontrollintervall < 3 Jahre betragen  [S-3-Leitlinie].
 5 Jahre (bei unauffälliger erster Kontrolle)
 Histologisch keine vollständige Abtragung
  • 2-6 Monate; 6 Monate [S-3-Leitlinie]
 Nach Typ und Befund in erster Kontrolle
 In piece-meal-Technik (in mehreren Portionen abgetragen) abgetragene große, flache oder sessile Adenome
  • 2-6 Monate (Kontrolle der Abtragungsstelle)
 3 Jahre, dann 5 Jahre

*Low-risk-Adenome

  • 1-2 Adenome, < 1 cm, tubulär, niedriggradige IEN (Dysplasien/intraepitheliale Neoplasien)

**High-risk-Adenome

  • ≥ 3 tubuläre Adenome
  • ≥ 1 Adenom ≥ 1 cm und villöse Architektur
  • ≥ 1 Adenom mit hochgradiger IEN
  • ≥ 10 serratierte Adenome beliebiger Größe.

Es gibt jedoch aus Studien, die Koloskopie-Kontrolle nach drei Jahren für alle Adenom-Typen empfehlen (2).

Nachsorgeintervalle nach Polypektomie [S-3-Leitlinie]

 Ausgangssituation   Intervall 
 Kontrollkoloskopie 1 oder 2 kleine tubuläre Adenome (< 1 cm) ohne villöse Komponente oder hochgradige intraepitheliale Neoplasie  5-10 Jahre
 3 oder 4 Adenome oder ≥ 1 Adenom ≥ 1 cm oder villöse Komponente oder hochgradige intraepitheliale Neoplasie   3 Jahre
  ≥ 5 Adenome   < 3 Jahre
 Serratierte Adenome (klein, flach und erhaben)   wie bei klassischen Adenomen
 Abtragung in piece-meal Technik  Kontrolle der Abtragungsstelle nach 2-6 Monaten

Vorgehen beim malignen Polyp, sog. Polypenkarzinom (T1-Karzinom)

  •  Die Gesamtgruppe der T1-Karzinome hat eine Lymphknoten-Metastasierungsrate von 0-20 % in Abhängigkeit von dem G-Stadium:
    • low-risk-Situation (G1 oder G2, keine Lymphgefäßinfiltration – Metastasierungsrate von 0-4 % [auf eine operative Nachresektion kann verzichtet werden, wenn das histologische Ergebnis eine R0-Situation ergibt]
    • Falls Tumor-Budding, d. h. histologischer Nachweis von Tumorzell-Clustern (≤5 Zellen) entdifferenzierter oder isolierter Tumorzellen an der Invasionsfront, dann gilt dieses entsprechend unabhängig als Hochrisikofaktor!
    • high-risk-Situation (G3 oder G4 oder Lymphgefäßinvasion) – hier ist eine radikal chirurgische Behandlung erforderlich

Weiteres

  • Verhinderung einer verzögerten Polypektomieblutung (DPB) nach endoskopischen Eingriffen: Patienten profitieren am meisten von Clipping-Verfahren (Verschluss mit einer Klemme (Clip)) zur Prophylaxe einer DPB bei flachen Adenomen mit einer Größe von ≥ 2 cm im rechten Hemikolon ("Halbdarm") [12].
  • Rate koloskopisch unvollständig entfernter kolorektaler Polypen: 13,8 % der Polypen zwischen 1 und 20 mm werden laut Ergebnissen der Metaanalyse inkomplett reseziert. Im Bereich von 10 bis 20 mm steigt der Anteil sogar auf fast 21 % [11].
    • Inkomplette Entfernung von Darmpolypen und Risiko eines erneuten neoplastischen Wachstums: Bei breitbasigen und auch bei großen Polypen kommt es häufiger zur inkompletten Entfernung, was das Risiko eines erneuten neoplastischen Wachstums erhöht [13].
  • Die Polypektomie (Polypenentfernung) bei "Low-Risk"-Adenomen führt zu einer signifikanten Risikominderung für das Kolonkarzinom (Dickdarmkrebs). Dieses gilt nicht für Patienten mit "High-Risk"-Adenomen, diese hatten in den Folgejahren im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung weiterhin ein erhöhtes Risiko am Kolonkarzinom zu sterben [5].
  • Die endoskopische Resektion von Darmpolypen mit einem Durchmesser ab 20 mm ist eine wirksame und sehr sichere Intervention. Nur 7,8 % der endoskopisch behandelten Patienten (503 von 6.442 Patienten) mussten in den nachfolgenden zwei Jahren schließlich doch noch operiert werden. In der Mehrzahl der Fälle wurde die Operation wegen unzureichenden Erfolgs der endoskopischen Behandlung durchgeführt. Gründe dafür waren in 58 % der Fälle das Vorliegen eines invasiven Karzinoms und bei 28 % war eine Präkanzerose (Krebsvorstufe) nicht kurativ entfernt worden.
    Nur bei 31 Patienten wurde die Operation wegen Nebenwirkung des Eingriffs durchgeführt.
    Bei nachfolgenden Kontrollendoskopien während der Überwachungszeit (im Mittel 2 Jahre) wurden bei 13,8 % endoskopisch ein Rezidiv bzw. ein Residuum festgestellt. Bei 1,9 % der erneuten Läsionen, d. h. bei 0,3 % aller Patienten, handelte es sich dabei um eine invasives Kolonkarzinom (Dickdarmkrebs) [6].
  • Nicht gestielte kolorektale Adenome: In einer Metaanalyse wurden mehr als 11.000 Patienten mit nicht gestielten kolorektalen Adenomen mittels endoskopischer Submukosadissektion (ESD) behandelt. Die ESD ermöglicht das Abtragen großer Tumoren in einem Stück. Dabei gelten Submukosainfiltrationen von maximal 1.000 Mikrometer als Läsionen mit niedrigem malignen Risiko, bei denen eine endoskopische Resektion als kurativ angesehen wird.  In 1.363 Resektaten wurden Läsionen mit einer Eindringtiefe von maximal 1.000 Mikrometern gefunden, das entspricht einer gepoolten Rate von 8,0 % (95 %-Konfidenzintervall: 6,1 %-10,3 %);  899 Läsionen (7,7 %) hatten eine Eindringtiefe über 1.000 Mikrometer [7].
    Fazit: Die ESD sollte nur bei Patienten mit Läsionen angewendet werden, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Eindringtiefe unter 1.000 Mikrometer besteht.
  • Bei der endoskopischen Resektion von Kolonpolypen kann die Rezidivrate durch Koagulation der Absetzungsränder signifikant reduziert werden (thermische Ablation: Rezidiv-Adenom 5, 2 %; Gruppe ohne Therapie: Rezidivrate 21 %) [8].
  • Surveillance-Koloskopien/Kontrollkoloskopie nach Polypektomie (Polypenentfernung) [9] (nachfolgende Risikogruppen gemäß der britischen Leitlinie):
    • Low-risk-Gruppe: Patienten mit 1-2 Adenomen < 10 mm; Empfehlung: Kontrollkoloskopie: nach 5-10 Jahren; 10-Jahres-Inzidenz für kolorektale Karzinome: 1,7 % (vergleichbar der Allgemeinbevölkerung); eine einzige Kontrollkoloskopie reduzierte das KRK-Risiko um 44 %
      Hinweis: Ein höheres Karzinomrisiko hatten Patienten bei denen die Indexkoloskopie unvollständig oder nicht sicher vollständig war, eine villöse Komponente vorlag oder die Polypen proximal waren. Dieses Kollektiv zeigte eine Zehn-Jahres-Inzidenz ohne Kontrollkoloskopie mit 2,1 %
    • Intermediate-risk-Gruppe: Patienten mit 3-4 Adenomen < 10 mm oder 1-2 Adenomen, davon mindestens eines  10 mm; Kontrollkoloskopie: nach 3 Jahren; 10-Jahres-Inzidenz für kolorektale Karzinome: 2,6 % (vergleichbar der Allgemeinbevölkerung)
      Hinweis: Ein höheres Karzinomrisiko hatten Patienten bei denen die Indexkoloskopie unvollständig oder nicht sicher vollständig war, Adenome mit hochgradiger Dysplasie oder proximale PolypenDieses Kollektiv zeigte eine Zehn-Jahres-Inzidenz ohne Kontrollkoloskopie mit 3,7 % (versus 1,3 % bei niedrigem Risiko, d. h. ohne die genannten Risikofaktoren).
    • High-risk-Gruppe: Patienten mit  5 Adenomen 10 mm oder  3 Adenomen  10 mm; Kontrollkoloskopie: nach 3 Jahren; 10-Jahres-Inzidenz für kolorektale Karzinome ohne Kontrollkoloskopie: 5,7 % KRK; mit einer Koloskopie 5,6 %; zwei Kontrollkoloskopien halbierten die KRK-Rate auf dem Bevölkerungswert.

Literatur

  1. Guidelines for Colonoscopy Surveillance After Polypectomy: A Consensus Update by the US Multi-Society Task Force on Colorectal Cancer and the American Cancer Society, 2006
  2. Laiyemo AO et al.: Postpolypectomy colonoscopy surveillance guidelines: Predictive accuracy for advanced adenoma at 4 years. Ann Intern Med 2008 Mar 18; 148:419
  3. Ildiko Mesteri et al.: Improved molecular classification of serrated lesions of the colon by immunohistochemical detection of BRAF V600E .Modern Pathology, doi: 10.1038/modpathol.2013.126; 2013
  4. Tischoff I, Tannapfel: Präkanzerosen im Kolon. Internist 2013 54:691–698 doi 10.1007/s00108-012-3213-4
  5. Løberg M et al.: Long-Term Colorectal-Cancer Mortality after Adenoma Removal. Engl J Med 2014; 371:799-807August 28, 2014 doi: 10.1056/NEJMoa1315870
  6. Hassan C et al.: Efficacy and safety of endoscopic resection of large colorectal polyps: a systematic review and meta-analysis. Gut doi:10.1136/gutjnl-2014-308481
  7. Fuccio L et al.: Why attempt en bloc resection of non-pedunculated colorectal adenomas? A systematic review of the prevalence of superficial submucosal invasive cancer after endoscopic submucosal dissection. Gut 2017; online 5. Dezember. doi: https://doi.org/10.1136/gutjnl-2017-315103
  8. Klein A et al.: Thermal ablation of mucosal defect margins reduces adenoma recurrence after colonic endoscopic mucosal resection. Gastroenterology 2019;156:604-13 doi: https://doi.org/10.1053/j.gastro.2018.10.003
  9. Cross AJ et al.: Long-term colorectal cancer incidence after adenoma removal and the effects of surveillance on incidence: a multicentre, retrospective, cohort study. Gut 2020, online 17. Januar http://dx.doi.org/10.1136/gutjnl-2019-320036
  10. Spadaccini M et al.: Prophylactic Clipping After Colorectal Endoscopic Resection Prevents Bleeding of Large, Proximal Polyps: Meta-analysis of Randomized Trials. Gastroenterology 2020;159:148-158; https://doi.org/10.1053/j.gastro.2020.03.051
  11. Djinbachian R et al.: Rates of Incomplete Resection of 1- to 20-mm Colorectal Polyps: A Systematic Review and Meta-Analysis. Gastroenterology 2020;159:904-914; https://doi.org/10.1053/j.gastro.2020.05.018
  12. Chen B et al.: Prophylactic clips to reduce delayed polypectomy bleeding after resection of large colorectal polyps: a systematic review and meta-analysis of randomized trials. Gastrointest Endosc. 2021;93:807-15 doi: 10.1016/j.gie.2020.10.004.
  13. Pohl H et al.: Recurrence of Colorectal Neoplastic Polyps After Incomplete Resection Annals of Internal Medicine 10 August 2021 https://doi.org/10.7326/M20-6689

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Kolorektales Karzinom. (AWMF-Registernummer: 021-007OL), November 2017 Kurzfassung Langfassung
     
Wir helfen Ihnen in jeder Lebenslage
Die auf unserer Homepage für Sie bereitgestellten Gesundheits- und Medizininformationen ersetzen nicht die professionelle Beratung oder Behandlung durch einen approbierten Arzt.
DocMedicus Suche

 
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
ArztOnline.jpg
 
DocMedicus                          
Gesundheitsportal

Unsere Partner DocMedicus Verlag