Folgeerkrankungen
Colitis ulcerosa

Im Folgenden die wichtigsten Erkrankungen bzw. Komplikationen, die durch Colitis ulcerosa mit bedingt sein können:

Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90) 

  • Anämie (Blutarmut durch Eisenmangel/Eisenmangelanämie und/oder B12-Mangel; häufigste Manifestation); Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): 45 % 

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Thrombosen (tiefe Beinvenenthrombosen/TVT und Lungenembolien)

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Infektionen, besonders durch Cytomegalievirus (CMV) und Clostridien können Ursache refraktärer Schübe sein

Leber, Gallenblase und Gallenwege – Pankreas (Bauchspeicheldrüse) (K70-K77; K80-K87)

  • Primär biliäre Cholangitis (PBC, Synonyme: nichteitrige destruierende Cholangitis; früher primär biliäre Zirrhose) – relativ seltene Autoimmunerkrankung der Leber (betrifft in ca. 90 % der Fälle Frauen); beginnt primär biliär, d. h. an den intra- und extrahepatischen ("innerhalb und außerhalb der Leber") Gallenwegen, die durch eine Entzündung zerstört werden (= chronisch nichteitrige destruierende Cholangitis). Im längeren Verlauf greift die Entzündung auf das gesamte Lebergewebe über und führt schließlich zu einer Vernarbung bis hin zur Zirrhose; Nachweis antimitochondrialer Antikörper (AMA); PBC ist häufig assoziiert mit Autoimmunerkrankungen (Autoimmunthyreoiditis, Polymyositis, systemischer Lupus erythematodes (SLE), progressive systemische Sklerose, rheumatoider Arthritis); in 80 % der Fälle mit einer Colitis ulcerosa (chronisch-entzündliche Darmerkrankung) assoziiert; Langzeitrisiko für ein cholangiozelluläres Karzinom (CCC; Gallengangskarzinom, Gallengangskrebs) liegt bei 7-15 % (5 % der Patienten mit Colitis ulcerosa bekommen eine PBC)

Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)

  • Darmstenosen (Darmverengungen; Ileusgefahr/Gefahr des Darmverschluss)
  • Dysbiose (Gleichgewichtsstörung der Darmflora)
  • Toxisches Megakolon – durch Toxine bedingte Lähmung und massive Dilatation des Kolons (Weitstellung des Dickdarms; > 6 cm), welche mit akutem Abdomen (stärkste Bauchschmerzen), Erbrechen, klinischen Zeichen des Schocks und Sepsis (Blutvergiftung) einhergeht; Letalität (Sterblichkeit bezogen auf die Gesamtzahl der an der Krankheit Erkrankten) beträgt ca. 30 %
  • Perforation (Durchbrechen) des Darmes
  • Ausgeprägte anale Blutungen

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)

  • Osteoporose (Knochenschwund)

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Dünndarmtumoren – Adenokarzinome des Dünndarms (2-fach erhöhtes Risiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung; absolute Risiko ist damit sehr gering) [9]
  • Kolonkarzinom (Darm- bzw. Mastdarmkrebs) – dieses Risiko liegt bei:
    • Pankolitis (Entzündung des gesamten Dickdarms) 10 Jahre nach Erstdiagnose bei ca. 2 %
    • Distaler Kolitis (Befall des Rektums/Mastdarms und des Sigmas/S-Darm) ab dem 15. Erkrankungsjahr 0,5-1,0 % pro Jahr
    • 30 Jahre nach Erstdiagnose liegt das kumulative Karzinomrisiko knapp unter 20 % (Karzinomrisiko um das 2,4-fache erhöht)
    • Patienten mit Colitis ulcerosa, die mit einem Statin behandelt wurden, erkrankten und starben seltener an einem Kolonkarzinom [11].
  • Prostatakarzinom (Männer mit chronisch-entzündlichen Darm­er­krank­ungen (CED) haben nach 10 Jahren ein 4,84-fach höheres Risiko) [8]

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Angststörungen
  • Depression
  • Fatigue – Müdigkeit bzw. erhöhte Ruhebedürfnis und Einschränkung der Leistungsfähigkeit

Symptome und abnorme klinische und Laborparameter, die andernorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)

  • Kachexie (Auszehrung; sehr starke Abmagerung)

Urogenitalsystem (N00-N99)

  • Chronische Nierenkrankheit (CKD; chronische Niereninsuffizienz) – in den folgenden 10 Jahren Entwicklung einer CKD mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 10 % [10].

Weitere Folgen sind:

Enterales Eiweißverlustsyndrom

Die Beeinträchtigung der Darmschleimhaut führt zu einem vermehrten intestinalen Eiweißverlust, da der Austritt von Plasmaproteinen durch die Darmschleimhaut ins Darminnere die Syntheserate der Proteine (Eiweiß) überschreitet. Die Abnahme der zirkulierenden Plasmaeiweiße geht meist mit einer schwerwiegenden Mangelversorgung mit Protein einher [4.1.].

Der krankhafte Eiweißverlust kann durch eine gleichzeitig hohe Fettzufuhr über die Nahrung gefördert werden. Bei der Resorption langkettiger Fettsäuren wird der Lymphdruck gesteigert und es treten hohe Mengen an Lymphflüssigkeit ins Darminnere über. Infolge einer erhöhten Lymphkonzentrationen kommt es zu einem hohen enteralen Eiweißverlust und schließlich zu einer Abnahme der Plasmaproteine [4.1.].
Der erhöhte intestinale Eiweißverlust führt letztlich zur einer Verringerung des onkotischen Drucks und somit – je nach Ausmaß der verminderten Konzentration der Plasmaproteine (Hypoproteinämie) – zur Ausbildung von Ödemen [4.1.].

Unzureichende Deckung des Energie- und Vitalstoffbedarf (Mikronährstoffe)

Bei der ulzerierenden Colitis kommt es vor allem durch eine einseitige und falsch ausgerichtete Ernährung, Störungen der Resorptionsfunktion sowie hohe Nähr- und Vitalstoffverluste (Makro- und Mikronährstoffe) über den Stuhl zu einer allgemeinen Mangelernährung [1].
Insbesondere weisen Patienten erhöhte Defizite an Protein – aufgrund des enteralen Eiweißverlustsyndroms und der Hypalbulinämie – und dem Spurenelement Eisen auf. Eisenmangelzustände – Eisenmangelanämien – sind wegen der stärkeren Blutungsneigung bei Colitis-Patienten wesentlich häufiger anzutreffen als bei Morbus Crohnkranken. Je nach Ausmaß gehen die blutigen Durchfälle mit hohen Eisen-Verlusten einher [1].

Die Mangelversorgung an Energie und wichtigen Nähr- und Vitalstoffen (Makro- und Mikronährstoffe) bei Colitis ulcerosa-Patienten ist häufig Folge von:

  • Ungenügender Zufuhr mit der Nahrung – Appetitmangel
  • Einseitiger Ernährung – erhöhter Gebrauch von raffinierten Kohlenhydraten, wie weißer Zucker (Saccharose), Weißmehlprodukte; geringer Ballaststoffverzehr; hoher Konsum chemisch aufbereiteter Speisefette
  • Wenig abwechslungsreicher Ernährung mit Defiziten an Energie, Nähr- und Vitalstoffen (Makro- und Mikronährstoffe) – aus Angst vor Unverträglichkeiten mit darauffolgender Symptomatik – unter anderem Schmerzen, Erbrechen, Diarrhöen
  • Eingeschränkter Diätempfehlungen
  • Nahrungsmittelintoleranzen, die mit Störungen der Nähr- und Vitalstoffresorption (Makro- und Mikronährstoffe) einhergehen
  • Einer gestörten Resorption beziehungsweise einer verminderten Resorptionsfläche – neben ausgedehntem Bakterienbefall im Darminneren auch nach Resektion von Teilen des Dickdarms
  • Eines Gallensäureverlustes
  • Einer erhöhten Ausscheidung mit dem Stuhl – chologene Diarrhoe (chologener Fettstuhl) –, die zu hohen Verlusten von Nähr- und Vitalstoffen (Makro- und Mikronährstoffe) führt
  • Eines vermehrten intestinalen Eiweißverlustes – enterales Eiweißverlustsyndrom
  • Gravierender Störungen im Eiweißstoffwechsel mit Verminderung des Gesamteiweißes im Blut – Hypalbuminämie – wird der Normalwert von Albumin im Blut von 3,6-5,0 g/dl unterschritten, vermindert sich der onkotische Druck und es kommt zur Ödembildung; zudem wird die Transportkapazität des Blutes aufgrund des Mangels an Transportplasmaproteinen, wie Transferrin, reduziert, wodurch der Organismus nur unzureichend mit lebenswichtigen Vitalstoffen versorgt werden kann
  • Einer negativen Stickstoffbilanz infolge des Proteinmangels im Körper – körpereigenes proteinreiches Gewebe, wie das Muskelgewebe, wird verstärkt abgebaut und der dabei anfallende Stickstoff ausgeschieden, sodass mehr Stickstoff ausgeschieden als aufgenommen wird
  • Enteraler Fisteln, Abszesse, Strikturen
  • Nebenwirkungen von Medikamenten
  • Eines erhöhten Energiebedarfs bei Operationen, infektiösen Komplikationen sowie Blutvergiftung [1]

Konsequenzen der Mangelversorgung an Energie und wichtigen Nähr- und Vitalstoffe (Makro- und Mikronährstoffe)

Wird der über der Norm liegende Bedarf an Energie sowie essentiellen Nähr- und Vitalstoffen (Makro- und Mikronährstoffe) nicht ausreichend gedeckt, so kann das Körpergewicht rasch bis zum Untergewicht sinken. Der mangelhafte Ernährungszustand ist neben dem Untergewicht durch eine negative Stickstoffbilanz und einen verminderten Serumalbuminwert gekennzeichnet. Weisen Colitiskranke zudem sehr niedrige Serumkonzentrationen von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen auf, leiden Betroffene unter spezifischen Mangelsymptomen – häufig Blutbildstörungen, Anämie, Verlust von Mineralstoffen aus den Knochen mit hohem Osteoporose-Risiko, verminderte Leistungsfähigkeit sowie Ermüdungserscheinungen [3]. Besonders werden die Organe aufgrund der ungenügenden Versorgung in ihrer Funktion erheblich beeinträchtigt. Die Immunreaktion wird herabgesetzt – durch verminderten antioxidativen Schutz – und der bereits durch die Krankheit geschwächte Körper ist anfälliger für Infektionen [1].
Die Mangelernährung wirkt sich sowohl auf das Befinden der Patienten als auch auf den Krankheitsverlauf negativ aus.

Patienten mit Colitis ulcerosa haben einen erhöhten Bedarf an:

  • Vitamin A, D, E, K
  • Beta-Carotin
  • Vitamin C
  • Vitamin B2, B3, B6, B9, B12
  • Calcium
  • Magnesium
  • Phosphor
  • Kalium
  • Natriumchlorid
  • Eisen
  • Kupfer
  • Mangan
  • Molybdän
  • Selen
  • Zink
  • Essentiellen Fettsäuren, wie Omega-3- und -6-Fettsäure
  • Protein und wichtigen Aminosäuren
  • Sekundären Pflanzenstoffe, wie Carotinoide, Sulfide, Saponine, Phenolsäuren, Sulfide und Flavonoide
  • Ballaststoffen
  • Wasser [5.4.]

Prognosefaktoren

  • Adipositas – Marker für einen weniger schweren Krankheitsverlauf [7]

Literatur

  1. Biesalski HK, Fürst P, Kasper H, Kluthe R, Pölert W, Puchstein C, Stähelin HB: Ernährungsmedizin. Kapitel 27, 347-352. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1999 
  2. Heepe F: Diätetische Indikationen. Kapitel 4, 529-543, Springer- Verlag Berlin Heidelberg; 1998
  3. Huth K, Kluthe R: Lehrbuch der Ernährungstherapie. Kapitel 11, 13, 275-277
    Georg Thieme Verlag Stuttgart New York, 1995
  4. Kasper, H: Ernährungsmedizin und Diätetik. Kapitel 1, 76-85 (4.1.), 3, 162-211 (4.2.), Urban & Fischer Verlag; München/Jena 2000
  5. Schmidt E, Schmidt N: Leitfaden Mikronährstoffe. Kapitel 1, 48-86 (5.1.), 2, 96-228 (5.2.), 230-312 (5.3.), 318-339 (5.4.) f, 7, 640-649 (5.5.), Urban & Fischer Verlag; München, Februar 2004
  6. Verband für Ernährung und Diätetik (VFED) e.V., Praxis der Diätetik und Ernährungsberatung. Kapitel 3, 374-389, Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG
  7. Flores A, Burstein E, Cipher DJ, Feagins LA: Obesity in Inflammatory Bowel Disease: A Marker of Less Severe Disease. Dig Dis Sci. 2015 Mar 24.
  8. Burns JA et al.: Inflammatory Bowel Disease and the Risk of Prostate Cancer. European Urology XXX (2018) doi: https://doi.org/10.1016/j.eururo.2018.11.039
  9. Yu J et al.: Inflammatory bowel disease and risk of adenocarcinoma and neuroendocrine tumors in the small bowel. Ann Oncol 2022; https://doi.org/10.1016/j.annonc.2022.02.226
  10. Yang Y et al.: OP07 Absolute and relative risks of kidney and urological complications in patients with Inflammatory Bowel Disease Journal of Crohn's and Colitis 2023;17(1):i12-i13 https://doi.org/10.1093/ecco-jcc/jjac190.0007
  11. Sun J et al.: Statin use and risk of colorectal cancer in patients with inflammatory bowel disease eCliniclaMedicine August 24, 2023 doi:https://doi.org/10.1016/j.eclinm.2023.102182
     
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