Sport in der Schwangerschaft

Jede Frau stellt sich vor oder während einer Schwangerschaft die Frage, welche Tätigkeiten und Möglichkeiten der Freizeitgestaltungen eine Gefahrenquelle für das ungeborene Kind (Fetus)  darstellen. Häufig besteht eine Unsicherheit, ob die Ausübung von Sport während der Schwangerschaft zu vertreten sei. Überdies ist es für viele Frauen ungewiss, wie viel und vor allem welche Sportart eine Schwangere ausüben sollte. Ein nicht zu intensives beziehungsweise ein für das Kind ungefährliches Training ist sowohl für die Gesundheit der Schwangeren als auch für den Geburtsvorgang förderlich. Auf Grund dieser Tatsache sollte eine Trainings- bzw. Fitnessempfehlung vom behandelnden Arzt ausgesprochen werden. Als wichtiges Argument für die Ausübung einer oder mehrerer Sportarten während der Schwangerschaft ist zu sehen, dass Frauen, die sich schon vor der Schwangerschaft sportlich betätigt haben, in der Regel seltener unter den schwangerschaftstypischen Begleiterscheinungen wie Müdigkeit, Rückenschmerzen, Krampfadern und Wassereinlagerungen (Ödeme) leiden. Des Weiteren ist zu erwähnen, dass sportlich aktive Frauen den Belastungen während der Schwangerschaft sowie bei der Geburt, insbesondere den Wehen, besser gewachsen sind.

Die positiven Effekte der Ausübung einer Sportart während der Schwangerschaft beruhen auf den folgenden Effekten:

  • Regelmäßige Bewegung erhöht den Sauerstoffgehalt im Blut und kann so durch den verbesserten Sauerstofftransport zu einer verbesserten Durchblutung der Plazenta (Mutterkuchen) beitragen. Als Resultat wird einerseits die Entwicklung der Organe verbessert, andererseits kann auch die Funktion bereits vollständig entwickelter Organe optimiert werden. Insgesamt lässt sich feststellen, dass das ungeborene Kind von einer besseren Versorgung mit Sauerstoff sowie Nähr- und Vitalstoffen (Makro- und Mikronährstoffen) profitiert.
  • Außerdem werden vermehrt Glückshormone (Endorphine) ausgeschüttet, die das Schmerzempfinden auf physiologische Weise reduzieren und somit Schmerzen lindern können, ohne das eine organschädigende Wirkung auftreten kann. Die Konzentration dieser körpereigenen Opiate steigt sowohl im Blut der Mutter als auch im Blut des ungeborenen Kindes an, sodass sowohl die werdende Mutter als auch das ungeborene Kind von der vermehrten Ausschüttung profitieren können. Die vermehrte Endorphin-Ausschüttung wirkt jedoch nicht nur schmerzlindernd, es kann auch ein beruhigender Effekt auf die Schwangere und das ungeborene Kind festgestellt werden. Überdies wirken die körpereigenen Opiate angstlösend und führen zu einer Verbesserung der Stimmungslage. Außerdem regen sie den Schlaf an und erhöhen die Wahrnehmung.

Um das ungeborene Kind nicht mit einer zu hohen Temperatur zu gefährden, sollte die Körpertemperatur der Schwangeren während des Trainings an Land  39,2 ˚C und im Wasser 38 ˚C nicht überschreiten. Bei der Auswahl der Sportart ist allerdings nicht nur an den Fetus zu denken, auch für die werdende Mutter sind erhebliche physiologische Veränderungen im Blutfluss und in der Atmung in der Schwangerschaft erkennbar. Auch die Muskulatur und das Skelettsystem sind Veränderungen unterworfen. Des Weiteren verändert sich neben der Zuckerverwertung auch die Psyche, sodass nicht nur körperliche Veränderung die Ausübung des Sports beeinträchtigen, auch der Antrieb, sich sportlich zu betätigen, kann durch eine Schwangerschaft und den damit einhergehenden Hormonspiegelveränderungen reduziert werden. Trotz all dieser auftretenden körperlichen Veränderung ist ausdrücklich zu betonen, dass ein körperliches Training unter Berücksichtigung diverser Trainingshinweise, Vorsichtsmaßnahmen und Gegenanzeigen zum Erhalt physischer und psychischer Fitness zu empfehlen ist. Doch nicht nur die Gesundheit der werdenden Mutter kann durch ein moderates körperliches Training gefördert werden, auch für den Fetus stellt die körperliche Beanspruchung beispielsweise beim Joggen, Nordic Walking, Schwimmen und Radfahren einen positiven Aspekt in der Entwicklung dar.

Wichtig zu beachten ist außerdem, dass sich Schwangere nicht zu großen körperlichen Belastungen aussetzen, da Sportarten wie Reiten, Skilaufen, Bergsteigen, Jogging oder Step-Aerobic, die Gelenke stauchen und so schnell zu Erschöpfungserscheinungen führen können. Insbesondere die Gefahr eines Sturzes oder einer spontanen Plazenta-Ablösung (plötzliche Ablösung des Mutterkuchens) ist sehr hoch. Auf Grund dessen muss trotz dieser Vorteile des Trainings für die Schwangere und für den Fetus unter anderem auf das steigende Körpergewicht und der damit einhergehenden Verlagerung des Körperschwerpunktes geachtet werden, um das Risiko zum Beispiel für einen Sturz zu minimieren. Zusätzlich erfolgt im Verlauf der Schwangerschaft eine zunehmende Reduktion der Stabilität des Bandapparates, sodass auch hier eine weitere Verletzungsgefahr beachtet werden muss. Auf Grund des erhöhten Verletzungsrisikos sollten Kontaktsportarten und Sportarten mit einem allgemein erhöhten Verletzungsrisiko nicht mehr ausgeübt werden. Für die Schwangere, die vorher eine Sportart mit einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgeübt hat, ist es jedoch häufig sehr wichtig, dass sie eine Ausgleichssportart findet, umso das Risiko für eine Schwangerschaftsdepression zu senken. Viele Erkrankungen treten während der Schwangerschaft häufiger auf, da die Schwangerschaft den mütterlichen Körper belastet, wodurch vorbestehende, aber bisher nicht zu Beschwerden führende Krankheiten zum Ausbruch kommen können. Als Beispiele hierfür sind der Bluthochdruck und die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) zu nennen.

Folglich sollen in der Schwangerschaft vorrangig sportliche Aktivitäten mit sanften und langsamen Bewegungsabläufen vom behandelnden Arzt empfohlen werden. Körper- und kindschonende Sportarten, wie zum Beispiel Yoga, Spazieren gehen, Schwimmen und Wassergymnastik sind als besonders empfehlenswert zu betrachten. Als Effekte dieser Sportarten sind Verbesserungen der Geschmeidigkeit und Beweglichkeit der Gelenke zu nennen. Zusätzlich kann auch ein verspannungslösender Effekt und eine Verbesserung der Muskelelastizität festgestellt werden. Besonders vorteilhaft ist allerdings das Training im Wasser, da durch das Training im Wasser die erhöhte Körpermasse kompensiert werden kann und der Schwangeren ein Gefühl der Schwerelosigkeit vermittelt. Rückenschmerzen wird entgegengewirkt, indem die gesamte Muskulatur des Rückens im Wasser gelockert und zudem gekräftigt wird. Yoga ist ebenfalls in der Schwangerschaft durchaus sinnvoll, da sanfte Dehnungsübungen mit einer kontrollierten Atmung verbunden werden. Damit eignet sich autogenes Training gut zur Geburtsvorbereitung. Das kontrollierte Atmen hilft der Mutter während der Wehen zu entspannen. Dieser Entspannungszustand ist nicht nur für das subjektive Wohlbefinden von Bedeutung, es kann auch während der Narkose eine positive Beeinflussungsmöglichkeit darstellen. Auch die Entbindung kann durch richtiges Atmen weitaus weniger schmerzhaft sein. Regelmäßiges Training mit gemäßigter Intensität während und insbesondere auch nach der Schwangerschaft kann sich demzufolge sehr vorteilhaft auf den Schwangerschafts- sowie den Geburtsverlauf auswirken. Nach der Schwangerschaft sollten Frauen insbesondere Beckenbodenübungen bevorzugen, da diese den Rückbildungsprozess unterstützen und den Beckenboden kräftigen.

In besonderem Maße sind die folgenden Punkte während des Trainings in der Schwangerschaft zu beachten:

  • Das körperliche Training sollte keinesfalls bis zur Erschöpfung betrieben werden. Die Wahrnehmung der Körperwarnsignale ist entscheidend für die Erhaltung der Gesundheit des ungeborenen Kindes (Fetus).
  • Temperaturschwankungen beim Training können eine Belastung für den Fetus und die Schwangere darstellen, deshalb sollte nicht in zu kalten beziehungsweise zu warmen Umgebungen trainiert werden.
  • Das Training sollte den Außentemperaturen angepasst werden, sodass es nicht zur Überhitzung während des Trainings bzw. der Fitnessübungen kommen kann.
  • Weiterhin ist zu beachten, dass nicht länger als eine Stunde am Stück Sport getrieben werden sollte.
  • Außerdem stellen zu hohe Intensitäten und gewichtsbelastende Übungen, wie Reiten, Skilaufen, Bergsteigen, Jogging oder Step-Aerobic, eine Belastung des mütterlichen Organismus dar, die unter allen Umständen verhindert werden sollte.
  • Des Weiteren sollten keine schweren Gegenstände oder Gewichte gehoben werden, da hierdurch ein erhöhter intraabdomineller Druck (Druckanstieg im Bauch) entstehen kann, der schädlich für die Entwicklung des Fetus sein kann.
  • Saunagänge, Baden sowie zu heißes Duschen sollte von der Schwangeren nicht durchgeführt werden, da auch hiervon eine Belastung des Kreislaufes und somit ein Schädigungsrisiko für den Fetus vorliegt. 
  • Während und nach der sportlichen Aktivität sollten Schwangere viel trinken, um einer Überhitzung und einen Wassermangel vorzubeugen.

Allgemeine Empfehlungen für das Training in der Schwangerschaft

  • Körperliche Betätigungen, die schon vor der Schwangerschaft ausgeübt wurden, können in der Regel bis zum Ende des zweiten Trimenon (26. Schwangerschaftswoche) beibehalten werden. Eine leistungsorientierte Sportausübung ist jedoch zu keinem Zeitpunkt der Schwangerschaft zu empfehlen.
  • Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass als Voraussetzung für sportliche Aktivität eine unkomplizierte Schwangerschaft gegeben sein muss. Bei auftretenden Komplikationen muss die Belastung abgebrochen werden und der behandelnde Frauenarzt aufgesucht werden.
  • Bei sportlich bisher inaktiven Frauen sollte das Training drei bis vier Mal pro Woche durchgeführt und eine niedrige Belastungsintensität nicht überschritten werden. Die Trainingsdauer sollte in diesem Fall nicht mehr als 30 Minuten pro Trainingseinheit betragen.
    Aus gesundheitlicher Sicht wird eine Bewegungszeit von mindestens 150 (besser 210) min pro Woche empfohlen [1].
  • Bei Leistungssportlerinnen kann in der Schwangerschaft ein individualisiertes Ausdauertraining zum Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit durchgeführt werden. Von einem Maximalkrafttraining muss jedoch Abstand genommen werden, da der massiv erhöhte intraabdominelle Druck eine Fehl- oder Frühgeburt fördern kann.
  • Bei Frauen, die unter einem Schwangerschaftsdiabetes leiden, ist ein vom Arzt überwachtes Training sinnvoll.

Allgemeine Kontraindikationen (Gegenanzeigen) für ein Training in der Schwangerschaft

  • Besonders hämodynamisch wirksame Herzerkrankungen wie beispielsweise eine Herzinsuffizienz oder aber auch Herzrhythmusstörungen, restriktive Lungenerkrankungen mit Dyspnoe (Atemnot) oder Thoraxschmerz (Bustschmerz) stellen in der Regel absolute Kontraindikationen für ein körperliches Training in der Schwangerschaft dar.
  • Auch frisch durchgemachte virale oder bakterielle Infektionen sollten als Anlass für einen späteren Beginn oder ein Aussetzen des Trainings genommen werden. Aborte /Fehlgeburten) in einer vorherigen Gravidität stellen häufig eine relative Kontraindikation für die Ausübung von Sport in der Schwangerschaft dar.

Schwangere sollten folgendes beim Sport beachten:

  • Nicht bis zur Erschöpfung Sport treiben
  • Nicht in zu kalten beziehungsweise zu warmen Umgebungen trainieren
  • Nicht bis zur Überhitzung trainieren
  • Nicht länger als eine Stunde am Stück Sport treiben
  • Zu hohe Intensitäten und gewichtsbelastende Übungen, wie Reiten, Ski laufen, Bergsteigen, Jogging oder Step-Aerobic, meiden
  • Keine schweren Gegenstände oder Gewichte heben
  • Saunagänge, Baden sowie zu heißes Duschen meiden
  • Während und nach der sportlichen Aktivität sollten Schwangere viel trinken, um einer Überhitzung vorzubeugen und den Körper nicht austrocknen zu lassen
  • Dehnungsübungen vor und nach dem Training.

Empfohlene Sportarten während der Schwangerschaft

Geeignet:

  • Aquajogging
  • Crosstrainer
  • Ergometertraining
  • Golf
  • Gymnastik
  • Kanufahren
  • Nordic-Walking
  • Radfahren (Straße, 21 km/h)
  • Schwimmen
  • Skifahren (Langlauf, 8 km/h)
  • Stocklauf- Stick-Walking (Nordic-Walking)
  • Step-Aerobic
  • Step-Walking
  • Tanzen
  • Walking

Bedingt geeignet:

  • Aerobic
  • Ballett
  • Eislaufen
  • Inlineskating
  • Krafttraining
  • Joggen Skifahren (Langlauf, 12 km/h)
  • Radfahren (Straße, 30 km/h)
  • Rudern
  • Segeln
  • Spinning
  • Tischtennis
  • Tennis (Doppel und Einzel)
  • Wandern (Hiking)

 Nicht empfohlene Sportarten während der Schwangerschaft

  • Abfahrtski
  • American Football
  • Badminton
  • Baseball
  • Basketball
  • Beachvolleyball
  • Biathlon
  • Body Building
  • Boxen
  • Bungee-Jumping
  • Catchen (Wrestling)
  • Diskuswurf
  • Eishockey
  • Eiskunstlauf
  • Fallschirmspringen
  • Faustball
  • Fechten
  • Flaschentauchen
  • Fußball
  • Gewichtheben
  • Handball
  • Hammerwurf
  • Hindernisläufe
  • Hochsprung
  • Hockey
  • Hürdenlauf
  • Inline-Hockey
  • Joggen ab 18. Schwangerschaftswoche
  • Judo
  • Karate
  • Klettern
  • Kugelstoßen
  • Kunstturnen
  • Laufen (100-400 m)
  • Laufen (> 800 m)
  • Laufen (Marathon)
  • Mountainbiking
  • Prellball
  • Ringen
  • Radfahren (Bahn)
  • Radfahren (BMX, Trial)
  • Radfahren (Straße, 43 km/h)
  • Reiten
  • Rollhockey
  • Rugby
  • Siebenkampf
  • Schwimmen (< 200 m)
  • Ski-Alpin
  • Skifahren (Langlauf, 15 km/h)
  • Skispringen
  • Snowboardfahren
  • Softball
  • Skateboardfahren
  • Speerwurf
  • Stabhochsprung
  • Squash
  • Surfen
  • Synchronschwimmen
  • Taekwondo
  • Tauchen
  • Tennis (Einzel) ab 18. Schwangerschaftswoche
  • Tennis (Doppel) ab 18. Schwangerschaftswoche
  • Trampolin
  • Triathlon
  • Turmspringen
  • Volleyball
  • Wasserball
  • Wasserski
  • Weitsprung
  • Wildwasserkanu
  • Zehnkampf

Literatur

  1. Sportmedizin: Grundlagen von körperlicher Aktivität, Training und Präventivmedizin; Hollmann, W.; Schattauer Verlag 2009
  2. Korsten-Reck U, Marquardt K, Wurster KG: Schwangerschaft und Sport. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin. 2009. 60:117-121
  3. Leitfaden Mikronährstoffe; Schmidt, E.; Urban & Fischer Verlag 2004
  4. Lochmüller EM, Friese K: Schwangerschaft und Sport. Der Gynäkologe. 2004. 37:459-466
  5. Sport und Schwangerschaft; Kagan O; Urban und Vogel Verlag 2004
  6. Sportphysiologie; de Marées H; Sport & Buch Strauß Verlag 2003
  7. Bung P, Hartmann S: Lifestyle in der Schwangerschaft. Frauenarzt. 2005. 46:280-284
  8. Aktuelle Sportphysiologie; Knechtle B; Karger Verlag 2002
  9. Sportmedizin für Ärzte; Dickhuth, HH; Deutscher Ärzte Verlag 2007
  10. American College of Obstetricians and Gynecologists (2015) Committee Opinion. Physical activity and exercise during pregnancy and the postpartum period. Obstet Gynecol 26(6):e135-e142
     
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